Von Ramin Peymani auf Liberale Warte
Er hat es wieder einmal geschafft. Boris Johnson ist immer dann am stärksten, wenn er mit dem Rücken zur Wand steht. Kaum einer hatte ihm zugetraut, einen Handelsvertrag mit der Europäischen Union hinzubekommen, der den Briten tatsächlich ihre Unabhängigkeit zurückgibt. Das war bereits 2019 so, als der frischgebackene britische Premierminister den zu EU-Bedingungen ausgehandelten Brexit-Deal der unglücklichen Theresa May noch einmal aufschnüren und in wesentlichen Punkten nachverhandeln ließ. Johnson ist ein Stehaufmännchen. Nichts könnte dies besser illustrieren als sein gesundheitliches Comeback vom Corona-Sterbebett, nachdem sein Leben im Frühjahr tagelang am seidenen Faden gehangen hatte. Nun, da ihm zuweilen das Schreckgespenst seines politischen Todes erschienen sein dürfte, weil er vor allem durch sein sprunghaftes Corona-Management immer stärker in der Kritik stand, hat der gewiefte Taktiker einen Befreiungsschlag gelandet. Die Feiertage boten Gelegenheit, sich über das 1246-seitige EU-UK Trade and Cooperation Agreement zu beugen. Als juristischer Laie stößt man dabei schnell an seine Grenzen. Doch auch dem Unbedarften bleibt nicht verborgen, dass eine der Kernforderungen der Briten im Handelsvertrag festgeschrieben worden ist: Der Europäische Gerichtshof hat künftig keine Mitsprache mehr in Handelsstreitigkeiten. Die Zeiten, in denen die Luxemburger EU-Richter den Briten nationales Recht diktieren konnten, sind nun vorbei. Johnson hat seinem Land die versprochene Souveränität zurückgegeben, ohne drohende einseitige Zölle oder Handelsbeschränkungen. Die Briten sind wieder frei.
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