Eine Sekunde

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Dieser chinesische Film hätte aus mehreren Gründen eine große Bühne verdient. Aber er wird nur in kleinen Kinos, meist nachmittags, gezeigt und der Saal ist fast leer. Bei der Vorstellung gestern in den Hackeschen Höfen waren außer mir nur drei Zuschauer anwesend.

Dabei ist über dieses Werk viel geschrieben und spekuliert worden. Er sollte auf der „Berlinale“ 2019 gezeigt werden, wurde aber nur vier Tage vor der Aufführung aus „technischen Gründen“ zurückgezogen. Die französische Jurypräsidentin Juliettte Binoche bedauerte bei der abschließenden Preisverleihung im Namen der gesamten Jury, dass der Film nicht gezeigt werden konnte, vermied aber direkte Kritik an der chinesischen Regierung. Ein im Westen nur zu übliches Vorgehen.

„Zhang war eine wichtige Stimme im internationalen Kino. Wir brauchen Künstler, die uns helfen, die Geschichte zu verstehen […] Wir hoffen, dass dieser Film bald auf der ganzen Welt zu sehen sein wird.“

Inzwischen ist der Film zu sehen und er trägt sehr viel zur Aufklärung über die Geschichte der Mao-Diktatur bei, obwohl er offensichtlich entschärft werden musste. Die Film-Crew kehrte an den Drehort zurück und mehrere Szenen wurden neu gedreht. Andere wurden umgeschnitten. Was übrig blieb, ist eindrucksvoll genug.

Gezeigt wird die Geschichte eines aus der Lagerhaft geflohenen politischen Gefangenen der Kulturrevolution, der sich unter Lebensgefahr durch die Wüste Gobi schlägt, um in einem Oasendorf an einer Filmvorführung teilzunehmen. Sein Interesse gilt aber nicht dem propagandistischen Hauptfilm, sondern der Wochenschau 22, in der seine 14jährige Tochter, die er seit sechs Jahren nicht gesehen hat, zu sehen sein soll.

Schon der Filmbeginn ist grandios:

Es wütet ein furchtbarer Sandsturm. Der Himmel verdüstert sich, der Wind treibt den Flüchtling vor sich her, es herrscht ohrenbetäubender Lärm. Es sind stürmische Zeiten voller Gewalt. Dieser Sturm sagt mehr, als es Bilder aus dem Lager könnten. Er symbolisiert den einsamen Kampf gegen eine scheinbar unbezwingliche Übermacht. Diese Szene ist existenziell und zeugt von der souveränen ästhetischen Meisterschaft des Regisseurs Zhang Yimou, einem der ganz Großen des chinesischen Films. Im Film erzählen Farbe, Licht und Bildkomposition eine komplexere Geschichte als der vergleichsweise schlichte Plot um eine gestohlene Filmrolle. „Eine Sekunde“ weiterlesen

Die Rolle des politisch gewollten Totholzes bei den aktuellen Waldbränden

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In meinem Artikel “Im Irrenhaus sitzt der Letzte im Dunklen” habe ich auf die fatale grüne Idee hingewiesen in zu schaffenden “Waldwildnissen” auf zwei Prozent der Landesfläche und in Nationalparks kein Holz mehr entfernen zu dürfen. Das nicht entfernte Totholz brennt in der Trockenheit wie Zunder und ist für die verheerenden Schäden u.a. im Nationalpark Sächsische  Schweiz und im Nationalpark Harz rings um den Brocken verantwortlich. Es hat nicht an Warnungen von Fachleuten gefehlt, aber die Politik hat sich entschieden, nicht hinzuhören. Der Brief meines Lesers Hans Heydrich an die Leitung des Nationalparks Sächsische Schweiz ist ein Beispiel, das ich hier dokumentiere:

Sehr geehrte Frau Lengsfeld,

Sie schreiben dankenswerter Weise über die katastrophalen Folgen, die durch das ideologisch gesteuerte Totholberäumungsverbot entstanden sind.

Hier in der Sächsischen Schweiz tritt das besonders krass zutage.

Die Nationalparkverwaltung hat grüner Ideologie folgend die Maxime „Natur Natur sein lassen“ ausgegeben und verhindert fast alle Waldpflegearbeiten im Nationalpark. Nun ist aber eine von Menschen angepflanzte Fichten-Monokultur keine „Natur“, die man sich selbst überlassen kann.

Man hat es – wie jetzt zu erleben – doch getan. Mit katastrophalen Folgen:

Es wurde nichts gegen die sich massenhaft vermehrenden Borkenkäfer getan, so dass Fichtenbestände großflächig abstarben.

Die Fortsetzung stammt aus einer Mail, die ich im April 2021 an die Nationalparkverwaltung schickte:

In weiten Teilen besonders der Hinteren Sächsischen Schweiz stürzen die abgestorbenen Fichten großflächig um, liegen wie Mikadostäbe kreuz und quer und bilden mitsamt ihrem Astwerk ein undurchdringliches Dickicht.

Wenn in den nächsten Sommern eine langanhaltende Hitze- und Trockenperiode kommt, fehlt nur noch ein Blitz, eine halb mit Wasser gefüllte Glasflasche oder das Feuerzeug eines Idioten und der riesige Zunderhaufen brennt lichterloh.

Keine Macht der Welt wird dieses Feuer löschen können. Das Gelände ist allenfalls mit Panzern befahrbar und Löschflugzeuge gibt es in Deutschland keine.

Was wird nach diesem Brand übrigbleiben? Eine kahle, schwarze Felslandschaft mit etlichen durch die Hitze ausgelösten Felsstürzen, keinen Pflanzen und Tieren mehr und eine total zerstörte Infrastruktur (Hütten, Stiegen, Wegweiser, vielleicht sogar ausgeglühte Ringe und Abseilösen).

Die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten dieses Horrorszenarios liegt nach meiner Einschätzung weit über 50 %.

Ich sehe im Moment keine Möglichkeit, gegenzusteuern. Oder kann man da doch etwas tun?

Auf diese Mail habe ich keine Antwort bekommen. Nun ist es so weit, dass sich leider meine Vorhersagen erfüllen.

Man sollte die Verantwortlichen der Nationalparkverwaltung vor Gericht stellen und wegen „Herbeiführen einer Brandgefahr“ lt. Strafgesetzbuch § 306f anklagen.

Mit freundlichen Grüßen

Hans Heydrich

Dresden

Gray man oder graue Maus?

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Gestern Abend war ich zu träge, „The Trial of Socrates“ von I.F.Stone, ein philosophischer Politthriller, weiterzulesen, also schaltete ich nach längerer Zeit mal wieder den Fernseher an. Die öffentlich-rechtlichen Sender ignoriere ich schon lange, also bleibt Netflix. Beim Durchzappen blieb ich an „Gray Man“ hängen. Angeblich die teuerste Netflix-Produktion aller Zeiten, Nummer eins in dutzenden Ländern, prominnet in Deutschland. Warum nicht einmal ansehen, was die Zeitgenossen bevorzugen?

Szene eins spielt in Floridas Hochsicherheitsgefängnis. Ein junger Brudermörder sitzt einem CIA-Agenten gegenüber, der ihm anbietet, ihn sofort aus dem Gefängnis herauszuholen, wenn er sich von der CIA als Spezial-Killer ausbilden lässt und der Agency lebenslang dient. Der Gefangene, dessen Ähnlichkeit mit Ryan Gosling mich verblüffte, konterte mit der Frage, woher der CIA-Mann wisse, dass er je wieder töten wolle. Das sähe er ihm an, war die Antwort.

Achtzehn Jahre später sehen wir den Killer, der inzwischen 6 heißt, in Bangkok, wo er mitten in einer Party einen angeblichen Hochverräter beseitigen soll. Das klappt nicht gleich, weil ein Kind in der Schusslinie steht, das der Killer zur großen Verärgerung des Chefs in der Zentrale, Charmichael (Regé-Jean Page), nicht umbringen will. Da weiß man schon, wer der eigentliche Böse ist.

Es beginnt eine Massenschlägerei, an der sich auch die überaus attraktive CIA-Überwacherin (Ana de Armas) vor Ort beteiligt. Am Ende stehen sich 6 und der Hochverräter allein gegenüber. Letzterer outet sich als Mitglied 5 der „Sierra Group“, der auch 6 angehört. „Das wird Dich nicht davon abhalten, mich zu töten“. „Ich glaube nicht“. Diesem an Banalität kaum zu übertreffenden Dialog folgt der finale Kampf, der mit dem Sterben von 5 endet. Vor dem Tod übergibt 5 seinem Mörder ein Amulett und drängt ihn, sich anzusehen, was es enthält. Was ihn bewegt anzunehmen, dass 6 das tun wird, bleibt offen. Die schöne Agentin erscheint auf der Bildfläche, 6 tritt ab. Bei der Durchsuchung von 5 stellt sich heraus, dass das Gesuchte nicht mehr da ist.

Ab sofort wird die Jagd auf 6 eröffnet. Zum Jäger wurde der freischaffende Killer und Folterer Loyd Hansen erkoren, der von der CIA wegen seiner unkontrollierbaren Brutalität gefeuert wurde. Moment mal, der sieht ja aus wie der Klasse-Schauspieler Chris Evans? Was hat der in dieser Klamotte zu suchen?

Fitzroy, der Ausbilder der Sierra-Gruppe (Billy Bob Thornton) ist pensioniert und sitzt merkwürdigerweise in Baku (Aserbaidschan) mit seiner herzkranken Nichte Claire (Julia Butters), die von Loyd Hansen aber bereits entführt worden ist, während Fitzroy einen alten Kumpel beerdigte. Es folgen ein spektakulärer Flugzeugabsurz mit 6 als einzigem Überklebenden, Explosionen und Schießereien in Wien und Prag, die 6 und die mit ihm mittlerweile verbündete attraktive Agentin fast ohne Kratzer überstehen. Allerdings ist 6 das Amulett beim Kampf gegen einen tamilischen Freelancer aus der Hansen-Truppe abhandengekommen. Bleibt nur noch, die entführte Nichte zu befreien. „Gray man oder graue Maus?“ weiterlesen

Im Irrenhaus sitzt der Letzte im Dunkeln

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Dass Deutschland, wenn es ein Dach hätte, eine geschlossene Anstalt wäre, hat Henryk Broder schon vor Jahren gesagt, zu einer Zeit, in der es aus heutiger Sicht noch halbwegs normal zuging. Inzwischen prägt Irrationalität in einem Maße unseren Alltag, das wir vor am Anfang der 20er Jahre noch für unmöglich gehalten haben.

Das erläutere ich gern an drei Beispielen.

1. Impfpflicht

Man muss immer wieder daran erinnern, dass bisher alle Impfungen mit Vakzinen erfolgt sind, die nur eine Notfallzulassung haben. Meines Wissens gibt es bis heute keinen regulär zugelassenen Impfstoff gegen Covid19. Die Pandemie ist längst endemisch geworden, inzwischen kommt der Verdacht auf, die Nebenwirkungen richteten mehr Schaden an, als die Impfung noch Nutzen bringt. Während über Ersteres nach wie vor geschwiegen wird, obwohl es bei 1 von 5000 Impfdosen eintrifft, wird Zweiteres nun sogar von der Deutsche Krankenhausgesellschaft diskutiert. Sie sprach sich am Mittwoch, dem 27. Juli überraschend deutlich für das Ende dieser Teil-Impfpflicht aus. “Sie weiterzuführen, ist nach jetzigen Erkenntnissen weder sinnvoll noch vermittelbar”, so die stellvertretende Vorstandsvorsitzende Henriette Neumeyer gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Die Krankenhausgesellschaft hatte sich bisher stets für eine Impfpflicht stark gemacht.

Zwei Fakten spielten bei der Kehrtwende wohl eine Rolle: Erstens schützen Impfungen nicht vor Erkrankung und auch nicht davor, Mitmenschen anzustecken. Zweitens hätte die rigorose Durchsetzung einer einrichtungsbezogenen Impfpflicht einen dramatischen Pflegenotstand zur Folge. So versucht man das Verbot, mit alten und kranken Menschen Kontakt zu haben und nicht gegen das Coronavirus geimpft zu sein, das in Deutschland seit viereinhalb Monaten herrscht, irgendwie zu umgehen. Damit werden aber genau genommen alle kriminell, die sich nicht an das Verbot halten, Beschäftigte, wie Einrichtungen. Das ist ein absurder Zustand, den die Krankenhausgesellschaft zu Recht beenden möchte.

Auch Politiker sprechen sich für ein Ende aus, so der NRW- Gesundheitsminister Karl Josef Laumann „[…] der Bundesgesetzgeber sollte die einrichtungsbezogene Impfpflicht dringend auf den Prüfstand stellen.” Laumann fordert also, über ein vorzeitiges Ende nachzudenken. Bislang ist die Impfpflicht bis zum Jahresende vorgesehen und fällt ab Januar 2023 automatisch weg. Eine Verlängerung hält Laumann “nicht für sinnvoll“.

Fast zeitgleich von diesem Abrücken hatten die thüringische Gesundheitsministerin Werner und das Freie Wort Suhl noch eine Kampagne gegen hunderte Ärzte und Pflegekräfte gestartet, die sich in einem Offenen Brief mit ähnlichen Argumenten wie Laumann für eine Beendigung eingesetzt hatten. Ist Minister Laumann aus Sicht von Werner und Ermert vom Freien Wort auch ein Verschwörungstheoretiker?

Natürlich hält Gesundheitsminister Lauterbach dagegen. Seine Meinung habe sich nicht geändert, teilt eine seiner Sprecherinnen mit. Die Impfpflicht wird trotzdem fallen, es wird wegen Lauterbachs Uneinsichtigkeit nur länger dauern. Es gibt in Deutschland kaum eine Möglichkeit, politische Fehlentscheidungen schnell zu korrigieren. „Im Irrenhaus sitzt der Letzte im Dunkeln“ weiterlesen

Professoren gegen Abschaltung der Atomkraftwerke

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Es ist nicht so, dass sich keine Professoren in öffentliche Debatten einmischen. Sobald es aber um einen Beitrag geht, der vom immer schmaleren Meinungskorridor abweicht, sind es in der Regel Emeritierte, die ihre Stimme erheben,

Anders bei der „Stuttgarter Erklärung“ von Professor André Thess zum Weiterbetrieb der deutschen AKWs, der sich zwanzig aktive Professoren anschlossen. Interessant ist die Argumentation der Erklärung. Es geht nicht nur darum, dass steigende Energiepreise und sinkende Versorgungssicherheit die Wettbewerbsfähigkeit und den Wohlstand Deutschlands akut gefährden. Das Festhalten am Atomausstieg schade vor allem den Klimaschutz, weil Kohleenergie erforderlich ist, um die Stromversorgung sicherzustellen.

Thess ist Professor für Energiespeicherung an der Universität Stuttgart. Er sagte der „Welt“, die dankenswerter Weise einen Artikel über die „Stuttgarter Erklärung“ veröffentlichte:

„Es gibt in der Wissenschaft einen breiter werdenden Konsens, dass Deutschland die Aussagen des Weltklimarates über die Kernenergie als Klimaschutztechnologie nicht länger ignorieren darf“.

So ist es, aber die Botschaft, dass nicht nur der Weltklimarat, sondern auch die EU gegen den Widerstand Deutschlands die Atomkraft zur nachhaltigen Technologie erklärt haben ist bei unseren Grünen noch nicht angekommen. Sie halten eisern an ihrer Ideologie fest, dass es keinen Ausstieg aus dem Atomausstieg geben darf. Wenn sie von der Realität gezwungen werden sollten, die letzten drei AKWs noch weiter laufen zu lassen, wollen sie das nur als Ausnahme, nicht als Revision ihrer Politik ansehen. Dabei benötigen Atomkraftwerke wenig Platz. Deshalb kommen sie im Gegensatz zu Wind und Sonne kaum in Konflikt mit Naturschutz, Artenschutz und Landschaftsschutz. Das interessiert die angebliche Umweltpartei aber nicht.

Kürzlich ist durch Wirtschaftsminister Habeck und Umweltministerin Lemke ein Großangriff zur Aushebelung von Natur-und Artenschutz gestartet worden, um „Hindernisse“ beim Ausbau von Windkraft zu beseitigen. Dabei wird unterschlagen, dass mehr Gaskraftwerke gebraucht, wenn mehr Windräder aufgestellt werden, um die wetterbedingten Schwankungen der Energieversorgung auszugleichen.

In der Debatte glänzen die Grünen mit Unwissenheit. Sowohl Ministerpräsident Kretschmann, als auch Außenministerin Baerbock betonten in der Öffentlichkeit, wir hätten kein Strom-, sondern ein Gasproblem. Das wir dieses Gasproblem haben, ist eine Folge grüner Politik. Die Gaskraftwerke produzieren den Strom, den vorher die AKWs eingespeist haben – CO2-arm, umweltschonend, sicher.

Die Stuttgarter Erklärung im Wortlaut.

Die Liste der Unterzeichner finden Sie hier.

https://www.welt.de/politik/deutschland/article240141115/Stuttgarter-Erklaerung-Wissenschaftler-fordern-Ausstieg-vom-Atomausstieg.html

Zur polit-medialen Kampagne gegen hunderte Ärzte und Pflegekräfte in Thüringen

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In Thüringen haben sich über 400 Ärzte und andere Mitarbeiter im Gesundheitswesen in einem Offenen Brief in Sachen Einrichtungsbezogene Impfpflicht an Ministerpräsident Bodo Ramelow und Gesundheitsministerin Heike Werner gewandt. Zusätzlich wurde am 25. Juli eine Petition mit mehr als 4000 Unterschriften von Birger Gröning, (Bürger für Thüringen), dem Landtag übergeben.

Statt wie versprochen, den Offenen Brief abzudrucken, starteten das Freie Wort und Gesundheitsministerin Werner eine Kampagne gegen die Unterzeichner.

Interview mit Frau Dr. Ute Bergner, Landtagsabgeordnete (Bürger für Thüringen), Mitautorin des Offenen Briefes

VL: Wie bewerten Sie die Kampagne des Freien Wortes und von Gesundheitsministerin Werner?

UB: Ich war entsetzt über diese Kampagne. Vor allem deshalb, weil ich  bis dahin Frau Werner für eine seriöse Politikerin gehalten habe, mit der man sachlich um gute Lösungen ringen kann. Das ist für mich eine menschliche Enttäuschung.

VL: Sind die von Ministerin Werner versprochenen Studien inzwischen angekommen? Wenn nein, werden Sie eine parlamentarische Anfrage stellen? „Zur polit-medialen Kampagne gegen hunderte Ärzte und Pflegekräfte in Thüringen“ weiterlesen

Freies Wort Suhl – Wie in der DDR, so heute

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Anfang Juli gab es in Suhl eine launige Party zum 70-jährigen Bestehen des Freien Wortes, ehemals Bezirksorgan der SED. Die Zeitung hat, anders als das „Volk“, heute Thüringer Allgemeine, ihren Namen behalten. Aber wie viele andere DDR-Journalisten hatte sie sich verpflichtet, sich in Zukunft an die Regeln eines freien, demokratischen Journalismus zu halten. Regel Nummer eins ist, dass die freie Presse ein Teil der Checks and Balances einer funktionierenden Demokratie ist. Sie hat der Regierung kritisch auf die Finger zu schauen und nicht die Rolle eines inoffiziellen Regierungssprechers zu spielen. Das ist inzwischen gründlich vergessen worden.

Jüngst startete das „Freie Wort“ eine Schmutzkampagne gegen fast vierhundert Südthüringer Ärzte, Pflegekräfte und anderes medizinisches Personal, die es gewagt hatten, in einem Offenen Brief die Corona-Politik der Thüringer Regierung zu kritisieren, besonders die Einrichtungsbezogene Impfpflicht.

Der Offene Brief war am vergangenen Montag an Ministerpräsident Ramelow und Gesundheitsministerin Werner übergeben worden, am Mittwoch darauf bekam ihn die Südthüringer Presse. Statt den Brief wenigstens auszugsweise zu veröffentlichen und ihren Lesern die Gelegenheit zu geben, sich eine eigene Meinung zu bilden, erschienen in verschiedenen Ausgaben mehrere Artikel, die, teilweise mit Namensnennung, die Unterzeichner aufs Übelste denunzierten.

Redaktionsleiter Markus Ermert griff höchstselbst in die Tastatur. Sein Meinungsartikel steht symbolisch für alle anderen Veröffentlichungen.

Ermert beginnt mit der Behauptung, in Südthüringen könne kein Patient mehr sicher sein, an medizinisches Personal zu geraten, das die Pandemie so ernst nimmt „wie es zum Schutz der Patienten und der Allgemeinheit nötig ist“. Ein ungeheuerlicher Vorwurf, der nur damit belegt wird, dass sich hunderte Ärzte und Pflegekräfte einem Offenen Brief angeschlossen hätten, in dem „so genannte Impfungen verspottet, fragwürdige Verschwörungstheorien aufgestellt und den Machern der ungeliebten Corona-Politik strafrechtliche Konsequenzen an den Hals gewünscht werden“.

Nach Ermerts Ansicht zählt nicht die Expertise von Ärzten, die mit der Behandlung von Corona praktische Erfahrungen haben, sondern nur die Ansicht von Politikern, die mit erratischen, sich zum Teil widersprechenden Maßnahmen, die ausweislich der Feststellung der Evaluierungskommission des Deutschen Bundestages kaum auf ihre Wirksamkeit überprüft wurden, im Nebel stocherten.

Das weltweite Experiment, eine Pandemie mit politischen, nicht mit medizinischen Mitteln zu bekämpfen ist vor aller Augen gescheitert. Andere Länder haben längst die Konsequenzen daraus gezogen, nur in Deutschland, speziell in Südthüringen, soll es offenbar für Politik und Medien weiter gehen wie bisher. Deshalb sollen Kritiker, die im Gegensatz zu Ministerpräsident Ramelow und Gesundheitsministerin Werner vom Fach sind, mit verbalen Keulen mundtot gemacht werden.

Sie seien Verschwörungstheoretiker. „Freies Wort Suhl – Wie in der DDR, so heute“ weiterlesen

Die Ausstrahlung Mexikos oder der Mythos des Besitzens

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Berlin ist immer noch eine Kiezstadt, das heißt, man kommt selten über seinen Kiez hinaus. Pankow, Prenzlauer Berg, Weißensee und Mitte, was braucht man mehr? Es gibt wenig Grund, nach Neukölln zu fahren und deshalb habe ich von der Neuköllner Oper bisher nichts mitbekommen. Ein großes Manko, wie ich bei der Premiere von „Mexiko Aura: The Myth of Possession“, die ich im Humboldt-Forum gesehen habe, feststellen musste. Die Truppe verfügt über starke Stimmen und grandiose Tänzer, die eine neuartige und ungewohnte Inszenierung zum Erlebnis machen.

Die Idee entstand, wie das Programmheft verrät, bei der Begegnung mit der mexikanischen Komponistin und Sängerin Diana Syrse, die auch eine der beiden Hauptrollen übernommen hat und dem Tänzer und Choreographen Christopher Roma. Es sollte versucht werden, über Musik, Tanz, mehrsprachigem Text, Körper und Stimmen die Kulturen Mexikos einzufangen. Das ist gelungen.

Ich gesteh, dass ich keine Freundin moderner Kompositionen bin, aber Syrses Musik hat mich nach kurzer Eingewöhnung in ihren Bann gezogen. Sie hat etwas Magisches. Das liegt nicht nur an den präspanischen Instrumenten aus Mexiko, die sie einsetzt, sondern an der Kunst, auch NichtIinstrumenten, wie Plastetüten, Töne abzuringen, was völlig neue Klangeffekte erzeugt.  Und dann die Symbiose, die Musik und Tänzer eingehen – das ist meisterhaft!

Mich hat die Dirigentin Melissa Panlasigui so fasziniert, dass ich ab und zu Gefahr lief, das Geschehen auf der Bühne zu verpassen. Bewundernswert, wie Panlasigui dafür sorgte, dass alle Einsätze auf den Punkt gebracht wurden.

Überraschend war, wie Teile von Reportagen des Claas Relotius von Texter John von Düffel aufgegriffen und für das Stück verarbeitet wurden. Schließlich scheint Relotius Mexiko ebenso wenig besucht zu haben, wie einst Karl May Amerika. Das war der weniger überzeugende Teil des Ganzen.

Einer der „Augenzeugenberichte“ von Relotius ist „Das Zuhause auf der größten Müllkippe Lateinamerikas“. Da ist das erschütternde Thema, dass Menschen von den Abfällen unserer Lebensweise existieren, eher unzureichend behandelt. Das hat Sebastian Fitzek in seinem Buch „Noah“ mit der Beschreibung der philippinischen Müllkippe viel überzeugender behandelt. Dazu kommt, dass das reinweiße Plastiktuch, in dem die Tänzer sich bewegten, auch eher an eine Wolke, als an einen Abfallhaufen erinnert. „Die Ausstrahlung Mexikos oder der Mythos des Besitzens“ weiterlesen

Der Preis und der Wert

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Der Verbotswahn geht in die nächste Runde

Von Gastautorin Annette Heinisch

Die Achtung der Menschenrechte ist ebenso wie der Rechtsstaat die Grundlage unseres Staates. Das sind „wir“, es ist das, was uns ausmacht, was „den Westen“ von anderen Staaten abhebt. Menschenrechte sind nicht disponibel, dürfen gerade nicht in einem Kuhhandel geopfert werden. Den politischen Kuhhändlern ist jedoch das Gespür für Werte abhandengekommen, besonders für Freiheit. Das ist das Ergebnis, wenn man seit Jahren von allem nur den Preis, aber nicht mehr den Wert kennt.

Als Anwalt erlebt man Einiges, manches ist wirklich lustig. Tatsächlich schreibt das wirkliche Leben oft absurdere Geschichten als es sich Roman – oder Drehbuchautoren jemals trauen würden. Wenn man mich also fragt, was man als Jurist „im wahren Leben“ am dringendsten braucht, wäre meine Antwort: Humor. Manchmal vergeht er einem allerdings.

In einem Prozess klagen Kläger und Beklagte bestreiten. Der Kläger K möchte also etwas vom Beklagten B, was der ihm freiwillig nicht geben will. Um das zu bekommen, muss K (oder sein Anwalt) substantiiert vortragen, seine Tatsachenbehauptungen unter Beweis stellen, wobei dieser Vortrag dann einen Rechtsanspruch begründen muss. Was heißt „substantiiert vortragen“? Parteien müssen den Sachverhalt vollständig und umfassend darstellen, haltlose Vorwürfe oder in sich unschlüssige, nicht plausible Behauptungen reichen nicht.

Anders ist es bei der Politik. Hier kann jeder allen möglichen Schwachsinn von sich geben – oft beklatscht und nachgeplappert – der nicht einmal in sich konsistent oder plausibel ist.

Nun kommt B und bestreitet alles. Es habe sich entweder gar nicht oder ganz anders zugetragen. Wenn er den Vortrag des K erheblich bestreitet, dann folgt eine Beweisaufnahme. Erheblich ist das Bestreiten nur, wenn er nicht irgendetwas blubbert, sondern konkret, nachvollziehbar und begründet dem Vorbringen von K widerspricht. Beispiel: K sagt, B habe ihn mit seinem blauen Auto am Karfreitag gerammt, nun will er den Schaden ersetzt haben. K hat Zeugen und eine Reparaturrechnung. B sagt, er habe kein blaues Auto und sei am Karfreitag auf Teneriffa gewesen. Er legt sein Flugticket vor. Außerdem sei der Schaden viel geringer und könne von seinem Auto gar nicht verursacht worden sein, was ein Sachverständiger bestätigen könne. Dann müsste es zur Beweisaufnahme kommen. An diesem Punkt wird es schwierig.

Zum einen könnte man das gesamte, in seinen Prinzipien Jahrtausende alte Rechtssystem in die Tonne kloppen, wenn man der derzeit herrschen Lehre folgte und die Wirklichkeit als rein soziales Konstrukt ansähe. Jede Wissenschaft (und so auch die Rechtswissenschaft) beruht auf der Erkenntnis, dass es eine Wahrheit gibt, die man herausfinden kann. Dass ein Gegenstand immer zu Boden fällt und nie in die Luft, ist die Wahrheit. Es ist kein soziales Konstrukt. Diese Erkenntnis war die Grundlage für die Frage, warum dies so ist, welche Gesetzmäßigkeit dahintersteckt. Dieser Wissensdurst, der auf dem Willen zur Erkenntnis der Wahrheit beruht, ist Wissenschaft. Er ist ein wesentlicher Aspekt westlichen Denkens und die Grundlage allen Fortschritts. Dass Wechselwirkungen mit dem Umfeld bestehen, ist Teil dieser Erkenntnis. Dass aber alles nur ein gedankliches Konstrukt ist, es eine objektive Wahrheit nicht gibt, sondern diese nur subjektiv ist, entzieht jeder Wissenschaft die Grundlage. Dann ist auch nichts mehr einem Beweis zugänglich.

Zum anderen wird ein Prozess an diesem Punkt aufwendig und teuer. Ersteres stört das Gericht, letzteres die Prozesspartei, die verliert und zahlen muss.

Früher, als Landgerichte noch in Kammerbesetzung (drei Richter) verhandelten und entschieden, hat es die Parteien auf die Unwägbarkeiten von Beweisaufnahmen hingewiesen und gefragt, ob ein Vergleich möglich wäre. Das änderte sich mit der Zeit. Kammern gibt es immer noch, aber meist wird die Sache auf den Einzelrichter übertragen, der wie ein Amtsrichter allein entscheidet. Das „Sechs – Augen – Prinzip“ ist de facto aufgehoben. Dann wurde zwingend vorgeschrieben, dass Vergleichsverhandlungen geführt werden, die Parteien müssen daher verpflichtend selbst bei Gericht erscheinen, was übrigens einen Vergleichsabschluss keineswegs erleichtert. Das kann man aber noch steigern, indem man eine Mediation einführt (nicht zu verwechseln mit Meditation). Da sitzen dann alle nett an einem Tisch, vor Corona gab es Kaffee und Kekse, und man plaudert einmal nett. Alle sollen sich liebhaben. „Der Preis und der Wert“ weiterlesen

Bürger für Thüringen beleben die Demokratie

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Es tut sich etwas in der grünen Mitte Deutschlands. Nach der auf Anweisung von Kanzlerin Merkel rückgängig gemachten Wahl von FDP-Politiker Kemmerich zum Ministerpräsidenten und die folgende Reinthronisierung von Bodo Ramelow (Linke), dessen Minderheitsregierung von der CDU unterstützt wird, sagten sich viele Bürger, dass sie sich Demokratie anders wünschten. Tatsächlich wurde Ex-Kanzlerin Merkel für ihre Forderung, eine demokratische Wahl rückgängig zu machen, vom Verfassungsgericht gerügt. Das kam aber zwei Jahre zu spät.

Deshalb beschlossen viele Thüringer, es nicht bei der Kritik zu belassen, sondern selbst aktiv zu werden.

Das Ergebnis ist die Gründung einer neuen Partei: Bürger für Thüringen. Mit Dr. Ute Bergner hat der Neuling auch gleich eine Vertreterin im Landtag, da Dr. Bergner aus Protest gegen das Einknicken der Bundespartei in Sachen Kemmerich die FDP-Fraktion verließ und fraktionslose Abgeordnete wurde. Dabei blieb es nicht. Seit letztem Freitag gibt es etwas Neues im Landtag, die Gruppe der Abgeordneten „Bürger für Thüringen“. Ihr gehören vier bisher fraktionslose Abgeordnete an, die nun mehr parlamentarische Rechte haben, die sie auch zu nutzen gedenken. Am 27. Juni 2022 hat sich diese Gruppe konstituiert und erhielt die parlamentarische Bestätigung im Juli-Plenum des Thüringer Landtags.

Gleichzeitig konnten Bürger für Thüringen einen zweiten Erfolg einfahren. „Bürger für Thüringen beleben die Demokratie“ weiterlesen