Freie Energie – zu hohem Preis

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Von Hans Hofmann-Reinecke

In Oberbayern entsteht derzeit eine gigantische Anlage, welche die Hitze aus kilometertiefen Erdschichten an die Oberfläche bringen soll, um dort Haushalte und Fabriken mit Energie zu versorgen. Es ist ein weltweit einzigartiges Vorhaben. Könnte das vielleicht seine Gründe haben?

Die Hitze in den Goldminen

Wo auch immer wir stehen, 6200 km unter uns, im Zentrum unserer Erdkugel, herrscht eine Temperatur von mehr als 5000 Grad Celsius. Zur Oberfläche hin wird es zwar kühler, aber nicht weit unter unseren Füßen ist es immer noch so heiß, dass das Gestein schmilzt; da herrschen um die 1200 Grad. Davor schützt uns nur eine dünne Erdkruste, die gerade mal 40 km dick ist. Allerdings ist die an manchen Orten auch dünner, denn sie setzt sich aus einer Reihe von tektonischen Platten zusammen. In der Nähe der Nahtstellen quillt manchmal sogar das heiße Magma heraus, aus dem sich im Laufe der Zeit riesige Vulkane aufgetürmt haben.

Normalerweise aber haben wir festen und kühlen Boden unter den Füßen, denn innerhalb der 40 km dicken Erdkruste sinkt die Temperatur von Magma-Glut auf Umgebungsluft ab. Das ergibt also eine Abkühlung von durchschnittlich 1200°/40km = 30 Grad pro Kilometer Erdkruste. Umgekehrt bedeutet das, dass es wärmer wird, wenn wir von oben in Erde hineinbohren, und zwar mit den besagten 30 Grad pro Kilometer. Davon können die Arbeiter in den Goldminen ein Lied singen, deren Schächte oft in einigen Kilometern Tiefe liegen. Aber könnte man diese Wärmequelle nicht auch zum Nutzen der Menschheit einsetzen? In Regionen, in denen die Erdkruste dünner ist, und daher die Hitze dichter unter der Oberfläche lauert, wird das schon längst getan, etwa in Island. Da holt man sich die Wärme aus einer Tiefe von hundert Metern oder weniger. „Freie Energie – zu hohem Preis“ weiterlesen

Erste Nachbetrachtung zur Konstituierung des Thüringer Landtag:

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Erschreckende Einblicke in politische Seelen der „Wille-der-Mehrheit“-Fraktionen

von Philipp Lengsfeld

Um die Interpretation der Vorgänge bei der Konstituierung des Thüringer Landtags tobt eine mediale Schlacht. Dabei finde ich es relativ leicht. Man muss eigentlich nur die O-Töne der Akteure des selbsternannten „demokratischen Lagers“ für sich sprechen lassen.

Denn vier zentrale Akteure, Mario Voigt, Georg Maier, Bodo Ramelow und ein Stück weit auch Katja Wolf haben wirklich tief in ihre politische Seele blicken lassen.

Und was man da sieht, macht einen nicht froh:

Nicht nur, dass sie gegen alle Traditionen der stärksten Fraktion den Landtagspräsidenten entreißen, nicht nur, dass sie dies in der laufenden Sitzung, der Konstituierung des Landtags machen, nicht nur, dass sie gegen die parlamentarischen Gepflogenheiten ihren Kollegen und frischgewählten MdL und Alterspräsidenten in der Sitzung mobartig traktieren, nein, in der medialen Begleitmusik wird auch noch eine offensive Täter-Opfer-Umkehr versucht:

Fangen wir an mit Bodo Ramelow, Spitzenkandidat der Linkspartei, langjähriger Ministerpräsident, aber jetzt Ministerpräsident auf Abruf.

Ramelow verbreitet im MDR den hochgefährlichen Vorwurf und das Schreckensszenario „Staatszersetzung“. „Erste Nachbetrachtung zur Konstituierung des Thüringer Landtag:“ weiterlesen

Lieber Spiegel, Du bist ein Westmedium geblieben

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Von Peter Schewe

Lieber Spiegel,

seit gut 30 Jahren (vorher war es wegen der deutschen Teilung nicht möglich) habe ich Dir die Treue gehalten und mich Woche für Woche durch die ausführlichen Berichte, Reportagen, Interviews und Essays gelesen. Zeit für andere Literatur blieb da wenig. Schon zu DDR-Zeiten habe ich mir, wenn es irgendwie möglich war, illegal Deine Hefte besorgt und jedes Wort ausgewrungen wie ein nasses Handtuch. Mehrere Umgestaltungen Deines Outfits habe ich überstanden und manchen Leserbrief, der nicht und wenn, dann nur gekürzt (oft sinnentstellend) abgedruckt wurde, geschrieben. Aber wie oft in einer langen Beziehung, befielen mich immer mehr Zweifel, ob wir noch auf derselben Wellenlänge liegen.

Schon seit längerem stelle ich fest, dass der Osten Deutschlands bei Dir immer weniger bis gar nicht vorkommt. Du bist ein Westmedium geblieben, den Blick immer nur vom Westen aus auf Deutschland gerichtet. Hamburg liegt nun mal nicht im Osten. Eine Reportage „Quer durch Deutschland“ verläuft entlang der B 3 von Hamburg nach Basel, westlicher geht nicht. Die Nachkriegsgeschichte betrachtest Du immer aus der Perspektive der alten Bundesrepublik, was in der DDR geschah bleibt weitgehend ausgeblendet oder wird nur am Rande erwähnt. Die eigenen Archive geben da wohl nicht viel mehr her. „Lieber Spiegel, Du bist ein Westmedium geblieben“ weiterlesen

Das Ende der Linkspartei ist eine weitere Chance für das Land

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von Philipp Lengsfeld

 

Es ist eigentlich zu schön um wahr zu sein: Mit dem Rausfallen aus dem Brandenburger Landtag, dem Ende der Ära Ramelow in Thüringen und dem Fallen unter fünf Prozent in Sachsen schließt sich der Kreis, der mit dem schon fast vergessenen angekündigten Rücktritt der momentanen Vorsitzenden Janine Wissler (West) und Martin Schirdewan (Ost) begann: Das Ende der vollkommen überflüssigen Linkspartei.

Und damit ein erster echter Bruch in der Mauer des real-existierenden deutschen Parteienstaats.

Mit der Ausscheiden der Linkspartei aus dem Bundestag bei der kommenden wird Wahl tritt eine der Bonner Republik-Ära-Parteien von der Bühne.

Es ist das Ende der PDS-Die Linke-Linkspartei, der politischen Nachfolgeorganisation der 1989/90 dramatisch von Gregor Gysi geretteten SED, der kommunistischen Staatspartei der DDR, deren parteirechtliche Hülle aber natürlich komplett übernommen wurde. Weshalb ein zwar politisch etwas harter, aber juristisch-historischer auch nicht ganz falscher Blick ist:

Es ist auch das Ende der x-mal gehäuteten SED.

Und damit ein doppelter Grund zur Freude: Die SED verschwindet endlich, aber es verschwindet auch eine Partei bundesrepublikanischer Fasson.

Dieser Artikel nimmt sich den Platz diesen wichtigen politischen Schnitt zu würdigen.

Blick zurück – die SED

Angesichts des baldigen Endes ist dies vielleicht eine gute Gelegenheit noch mal auf die SED zurückzuschauen:

Die SED war -wie das geteilte Deutschland- eine Besonderheit im gespaltenen Europa.

Die SED war die einzige kommunistische Staatspartei im ganzen Ostblock, die geschuldet der deutschen Teilung als Folge der Verbrechen der NS-Diktatur, als „Sozialistische Einheitspartei“ firmierte – entstanden aus dem Zwangszusammenschluss der wiedererlaubten SPD und KPD auf dem Boden der sowjetischen Besatzungszone. Und auch die im Gegensatz zu den sozialistischen Bruderstaaten und vor allem im Gegensatz zum Großen Bruder Sowjetrusslandreich einzige Partei, die in ihrem Ein-Parteien-Staat noch eine Zahl von Satellitenparteien, vereint im sogenannten „Demokratischen Block“, mit sich ziehen musste.

Dies waren fürs Protokoll, so etwas wird bei uns ja oft schnell vergessen und oder verdrängt, die Christlich-Demokratische Union (CDU), die Liberal-Demokratische Partei Deutschlands (LDPD), die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NDPD) und die Demokratische Bauernpartei Deutschlands (DBD). 

Trotzdem war die SED letztlich eine Sowjet-KP wie in jedem anderen osteuropäischen Satellitenstaat, in denen Sowjetrussland seinen Staatskommunismus durch den zurückgeschlagenen Angriffs- und Vernichtungskrieg NS-Deutschlands exportieren konnte.

Die SED war das eigentliche Machtzentrum des DDR-Staates, das Politbüro die Regierung, das ZK (Zentralkomitee) eine Art Parlament – der jeweilige Kreis- und Bezirkssekretär der eigentliche Herrscher in der jeweiligen Zone – Karrieren in Staats- und Sicherheitsapparat, Wissenschaft, Bildung und Ausbildung war ohne Parteimitgliedschaft praktisch von äußerst schwierig bis völlig unmöglich – Kunst und Sport, aber vor allem die technische Führungsebene der Industrie waren etwas freier – alle herausgehobenen Positionen und Rollen, insbesondere praktisch die gesamte Justiz, aber nicht.

Die SED kontrollierte alles und alle und hatte neben Polizei und Armee noch einen kompletten Geheimdienst (Schild und Schwert der Partei, die notorische Stasi) und mit der FDJ eine Jugendorganisation an der Hand, wo praktisch die gesamte Jugend der DDR eine Art Vorwehrdienst und Vorpartei-Auswahlverfahren durchlaufen hat.

Zum Ende der DDR zählte die SED über 1.5 Millionen Mitglieder, d.h. mehr als jeder 10te Erwachsene der DDR war Parteigenosse. Die SED verfügte über Geld, Apparat, Gebäude, Schulen und alle echten Privilegien einer geschlossenen Gesellschaft.

Ein großer Fehler der Friedlichen Revolution: Die Nichtauflösung der SED

Dass die SED (und ihre von Stalin erfundenen Vasallenparteien vom demokratischen Block) nicht aufgelöst wurde (man hätte sie ja nicht gleich, wie die Mutterpartei in der Sowjetunion nach dem Putschversuch 1991, verbieten müssen) war einer der ganz großen Fehler der DDR-Umbruchszeit. Der auch nicht dadurch gemildert wurde, dass man die Blockparteien durch Aufnahme in die CDU (Ost-CDU und Bauernpartei) und die FDP (LDPD und NDPD) absorbiert und geadelt hat.

Natürlich hatte die SED mit Gregor Gysi auch eine wirklich brillante Verkörperung der aus dem Westen in den Osten projizierten Illusionen, trotzdem hätten die Genossen keine Chance gehabt, Apparat, Geld und Gebäude zu retten, wenn die Opposition etwas macht- und damit verantwortungsbewusster agiert hätte. Tatsächlich war der Ansehensverlust der SED im Herbst 1989 so groß, dass die Meinung vorherrschte, die SED würde sich nie mehr davon erholen. Ein fataler Irrtum. Aber spätestens nach dem letzten Parteitag der SED im Dezember 1989, bei dem Gysi die Auflösung der Partei mit dem Argument verhinderte, dann wäre auch das Vermögen futsch, hätte man diese Illusion verabschieden müssen. Es gab ein kurzes Zeitfenster, wo es die SED nicht gewagt hätte, sich zu widersetzen. Spätestens am 30. Januar 1990, als der Runde Tisch, der die sich auflösende DDR verwaltete den Termin für die Wahl der ersten freien Volkskammer beschloss, war die Gelegenheit vorbei.

SED-PDS entdeckt Opferkarte und „Gerechtigkeit“ und richtet neuen Schaden an

Der Fehler hat sich dann auch gleich gerächt:

Auf der Suche nach legitimen Themen und einem Platz im bundesdeutschen Parteienspektrum entdeckte die PDS die Opferkarte und das Thema „Gerechtigkeit“.

Und hat damit der nicht völlig unberechtigten Diskussion, wie man mit der Elite des untergegangenen Staates umgehen sollte, einen Bärendienst erwiesen: Auf dem Rücken eines im Kern diskussionswürdigen Anliegens hat sich ein ehemaliger Staatsparteiverein auf Kosten der Gesellschaft profiliert. Und war damit jahrzehntelang sehr erfolgreich. Und hat damit auch den Eliten auf mancher persönlichen Ebene geholfen, aber letztlich gesellschaftlich die Spaltung verlängert und vertieft.

Und an mehreren Stellen nachhaltigen neuen Schaden angerichtet: Natürlich sind auch die anderen deutschen Parteivereine keine Waisenknaben, es war aber an erster Stelle die PDS in Berlin (immer ihre absolute Hochburg) und Brandenburg (das preußische Königsbürokratiezentrum war die zweite DDR-Hauptstadt der SED), die mit der Verhinderung der Fusion von Berlin und Brandenburg 1996 nicht nur der Region, sondern dem ganzen Land eine schwere Bürde auferlegt haben:

Seit 1996 ist noch zuverlässig jede echte Reform in diesem Lande zerredet und zermahlen worden – Deutschland ist momentan am Rande der bürokratisch-föderalen Änderungsunfähigkeit (es gibt ja sogar noch die Regierungsteilung zwischen Berlin und Bonn, über die niemand mehr redet, weil es so hochnotpeinlich ist) – und die erfolgreichen PDS Skandalisierungskampagnen der 90er und 00er Jahre haben dazu kräftig beigetragen.

SED-PDS-Linke-Linkspartei – eine lange Agonie

Seit die Mauer gefallen ist und das ist schon über eine Generation her, warte ich auf und kämpfe für den Tag, dass die SED endlich zu Grabe getragen wird.

Die zähe Agonie der Linkspartei beweist ja auch noch etwas: Im real-existierenden Deutschland scheint es nur eine Sache zu geben, die noch schwieriger als eine echte Reform ist: Die Auflösung eines Parteivereins – ich wage mal die These, dass beide Mechanismen stark miteinander verbunden sind.

PDS eine Zwei-Generationen-Partei

Die PDS-Linke-Linkspartei ist eine Zwei-Generationenpartei. Aus einer Kaderpartei kommend ist die erste Generation der PDS, die SED-Genossen Bartsch, Gysi und co, so sie noch leben, letztlich de facto immer noch am Ruder. Zusammen mit der zweiten Generation, im Osten die radikal-pragmatische SED-Enkelgeneration, für die Benjamin Hoff, Klaus Lederer und Martin Schirdewan stehen und im Westen die radikalen jungen Linken (Janine Wissler und co).

Die gesellschaftlichen Beiträge der PDS-Linkspartei I: Keine weitere linke Partei nötig

Die gesellschaftliche Bilanz der Zwei-Generationenpartei ist übrigens gar nicht so komplett negativ.

Was hat die deutsche Gesellschaft aus dem Projekt gelernt?

Ad eins: Es gibt keinen legitimen Platz für eine weitere linke Partei.

Im Gegenteil, die radikale, linke Attitüde einer Janine Wissler (in dogmatischer Westform) oder auch einer Susanne Hennig-Wellsow (in der etwas pragmatischeren Ostform) hat (zum Glück) keinen Platz im bundesdeutschen Parteienspektrum.

Nicht nur ist die Hufeisentheorie richtig, sondern wir sind als Gesellschaft stabil genug, dass es für echte Links- oder Rechtsextremisten keinen Platz im Deutschen Bundestag gibt – jedenfalls nicht in Fraktions- oder auch nur Gruppenstärke.

Inhaltlich war die Gründungsgeneration der PDS im Osten größtenteils sozialdemokratisch, mit einigen wenigen christdemokratischen Einsprengseln – wenn die SED aufgelöst worden wäre und sich als echte Neugründung im Osten gefunden hätte, dann wäre diese USPD (Ost) schon längst wieder in der Mutterpartei aufgegangen – neben dem Fehler, die DDR-Staatsparteien nicht aufzulösen, war die ursprüngliche Nichteintrittsregel für Ex-SED-Mitglieder in die SPD der zweite schwere Fehler in der politischen Kultur der Nach-Mauer-DDR auf dem Weg in die Einheit.

Die gesellschaftlichen Beiträge der PDS-Linkspartei II: Blockademauern fallen

Und das ist ad zwei der Kernverdienst der PDS-Geschichte: Das Konzept „Brandmauer“ ist mit demokratischem Geist und demokratischer Realität auf Dauer absolut nicht vereinbar. Das Schleifen der „Brandmauer“ zur PDS (damals hieß das noch nicht so) ist das Meisterstück, was die PDS in die deutsche Gesellschaft eingebracht hat – man fragt sich, warum die AfD offenbar so wenig strategisch denkt, dass man dieses Erfolgsmuster der 90er Jahre nicht schlicht kopiert – Schlüssel ist die politische Entschlossenheit, aber auch die Klarheit in der Analyse und der damit einhergehende personelle Pragmatismus:

Die PDS hat 1994 sehr erfolgreich den Damm zum Einsturz gebracht, indem sie konsequent auf offene Listen gesetzt hat und auch sonst ihre Mittel (Geld, bekannte Persönlichkeiten) immer zielgenau, „parteilich“ in Bewegung gesetzt hat. Und dass sie keinen Zweifel an ihrer Grundgesetztreue geduldet hat – was bei der Organisationsvorgeschichte in teilweise ja offener personeller SED-Kontinuität schon ein Husarenstück war. Aber letztlich haben Petra Pau, Gregor Gysi und Bodo Ramelow Wort gehalten: Sie haben die SED-PDS Organisation in die Demokratie überführt.

Dass es nie zu einer Beteiligung an der Bundesregierung kam lag nur daran, dass die PDS als deutscher Parteiverein es nicht geschafft hat sich von dem ideologischen Ballast zu befreien, der ja nur da war, weil man eine deutsche Parteipositionierung legitimieren musste (also sich z.B. an vielen Stellen künstlich von der SPD abgrenzen musste) – Gysi und Bartsch sind längst in der Bundesrepublik, in Europa und auch in der Nato angekommen – sie haben es nur nicht geschafft, aus dem eigenen Parteilogik-Korsett auszubrechen (so wie die FDP lieber untergeht, als das längst überfällige Tempolimit auf deutschen Autobahnen mitzutragen).

Es wäre die Krönung der positiven Annäherung an die Demokratie, wenn Ramelow, Gysi und Bartsch es schaffen würden die PDS-Linkspartei in Ehren aufzulösen, bzw. Inhalte und einzelne Personen in die SPD oder andere Wunschzielparteien (vielleicht will die Antifa ja als Partei antreten, Janine Wissler?) zu überführen.

Ein Gregor Gysi, der ja offenbar nicht außerhalb der Öffentlichkeit existieren kann, würde seine Karriere liebend gern als Mitkämpfer einer offenen Zuordnung zur SPD (er würde ja gar keinen Listenplatz brauchen, denn er gewinnt in Treptow-Köpenick garantiert noch mal direkt, wenn er antritt) beenden. Das ist vielleicht auch eine Option für einen Klaus Lederer oder einen Benjamin Hoff oder sogar einen Martin Schirdewan.

Die gesellschaftlichen Beiträge der PDS-Linkspartei III: Effiziente Parteistrukturen sind möglich

Und die PDS hat bewiesen, dass die Übertragung der Grundidee einer Kaderpartei in die Demokratie eine agile Organisation mit den Prinzipien eines Mittelständlers ist – Sahra Wagenknecht ist genau den Weg der Parteigründung gegangen, der gerade noch mit den völlig verzopften westdeutschen Politikverhinderungsgesetzen möglich ist – Gesetze, die so modern und so einfach und so nachvollziehbar sind, wie unser Steuerrecht – Gesetze, die eine gigantische Arbeitsbeschaffung für Mittelbauparteifunktionärsapparate sind, die unser Land fast vollständig gelähmt haben.

Sahra Wagenknecht hat dem Projekt SED-PDS endgültig den Stecker gezogen, aber sie wird, wenn sie nicht konsequent demokratisch agiert, genauso scheitern, wie eine AfD, die sich selber in ihre Ideologie einsperrt.

Eine politische Lehre: Ausgrenzung ist kein gutes Konzept

An dieser Stelle möchte ich auch selbstkritisch sein: Geprägt durch den Umstand, dass ich -ähnlich wie andere durch die Bürgerbewegung geprägte Akteure- es für unverzeihlich gehalten habe, dass man die SED nicht aufgelöst hat, gehörte ich jahrelang auch zu den politisch unerbittlichen Gegnern der PDS-Linkspartei.

Dabei wurden ein Teil der bedenklichen Mechanismen etabliert, die heute so destruktiv wirken.

Dabei habe ich es eigentlich selbst erfahren: In der Kommunalpolitik waren es meist nicht die PDSler, die linksdogmatisch agiert haben (vielleicht mit wenigen Ausnahmen bei der Erinnerungspolitik), sondern die linken Grünen und große Teile der SPD.

Und auf Landesebene war das nicht anders: Die Wowereit-Regierungen in Berlin, insbesondere das Wirken der PDS-Kader wie z.B. von Kultursenator Lederer oder auch das kurze, aber fachlich hochkompetente Wirken von Sozialsenatorin Katja Kipping waren nicht zum Nachteil der Stadt – fast im Gegenteil, wenn man einen 1:1 Performance-Vergleich mit Senatoren des vermeintlichen „demokratischen Blocks“ macht. Ähnliches könnte man vielleicht über die Ära Ramelow in Thüringen sagen. Wäre das unsägliche Mobbing gegen den Kurzzeit-Ministerpräsidenten Kemmerich nicht gewesen. Problematisch waren hier vor allem die Jungkader, die zusammen mit dem Mainstream geradezu mobartig gegen die AfD oder andere als „rechts“ gebrandmarkte Kräfte agiert haben.

Auch die unduldsame persönliche Ausgrenzung gilt es historisch zu hinterfragen:

Es war ein guter Dämpfer, dass mit Lothar Bisky die Nummer zwei hinter Gregor Gysi als Vizepräsident im Deutschen Bundestag verhindert wurde – wegen der IM-Historie und seinem gerichtlichen Vorgehen gegen Bundestagsabgeordnete, die über ihre Arbeit im Untersuchungsausschuss über das Verschwundene SED-Vermögen (22 Millarden DM) gab es auch eine inhaltliche Begründung.  Mit Petra Pau ist aber   Ersatzkandidatin proplemlos gewählt worden. Das sollte man sich heute zum Vorbild nehmen. Denn als pauschales Verhinderungsmuster ist es gefährliche “Tradition”.

Fazit und Ausblick

Die Geschichte der SED-PDS-Linke-Linkspartei geht zu Ende.

AfD und BSW übernehmen nicht nur ein Teil ihrer Themen, sondern haben beide ein ähnliches gesellschaftliches Anerkennungsproblem, wo sie aus der Geschichte der PDS lernen können:

Gesellschaftliche Akzeptanz geht über Akzeptanz von inhaltlich vertretbarer Programmatik und Akzeptanz des nominierten Personals und der ins Amt gebrachten Verantwortungsträger. Hier ist jeder auch seine öffentlichen Bildes Schmied – eine Opferstolz-Pose hilft da niemandem.

Die richtigen Schlussfolgerungen aus den Fehlern, aber auch den Dingen, die richtig gelaufen sind am Beispiel der Geschichte der SED-PDS-Linkspartei zu ziehen, das ist die Aufgabe und die Chance für alle Demokraten.

Quo vadis, westlicher Kulturkreis? (Eine Hommage an S. P. Huntington)

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Von Uwe Fischer

  1. P. Huntington (1927-2008) war Professor für Politikwissenschaft an der Harvard-Universität.

Die Frage nach dem „Wohin westlicher Kulturkreis“, wohin entwickelt sich der sogenannte Wertewesten ist aktueller denn je, die gesellschaftliche Spaltung in Europa und den USA schreitet unaufhörlich voran. Vor unseren Toren wütet ein Krieg. Die Dekadenz der Gesellschaft ist nicht mehr zu kaschieren. Wohin steuern wir? Vieles scheint verfahren, die Politik ist nicht gewillt, dem Volk aufs Maul zu schauen, es wird manipuliert, dass sich die Balken biegen. Der öffentlich rechtliche Rundfunk ist zu einem willigen Sprachrohr einer verkommenen Politikerkaste geworden.

Stimmen, die zur Vernunft aufrufen, werden nicht gehört oder denunziert. Eine Gesellschaft im Verfall?

Von einem guten Freund erhielt ich das Buch von Samuel P. Huntington (1996): Kampf der Kulturen – die Neugestaltung der Weltpolitik im 21. Jahrhundert, erschienen im Siedlerverlag.

Das Buch ist vor fast 30 Jahren erschienen und hat nichts, aber auch gar nichts an Aktualität eingebüßt, im Gegenteil, es ist aktueller denn je. Aus diesem Grunde wird es auch vom Deutschlandfunk als „umstritten“ angesehen. Genau dieser Umstand induziert den Willen, sich damit zu befassen. „Quo vadis, westlicher Kulturkreis? (Eine Hommage an S. P. Huntington)“ weiterlesen

Die Ossis sind anders als die Besserwisser zu wissen vorgeben

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Von Lothar Pawliczak

Jetzt werden ja wieder besserwisserische Erklärungen Hochkonjunktur haben, warum die bösen Ossis so gewählt haben, wie sie gewählt haben.

Ich habe am Samstag, den 21.9., im rbb Inforadio ein Interview gehört mit Frau Prof. Christina Morina zu Ihrem Buch „Tausend Aufbrüche: Die Deutschen und ihre Demokratie seit den 1980er Jahren“ .

Sehr interessant! Sie widerlegt die Deutungen der Ossis, diktatursozialisiert, autoritätsgläubig, rechtsradikal, durch Wendeverluste traumatisiert, fortschrittsfeindlich zu sein – Deutungen, die darauf beruhen, zu interpretieren und zu unterstellen, anstatt den Ossis wirklich zuzuhören. Und die Erklärungen, daß die jungen Leute auch in hohem Maße AfD wählen, weil deren Altvordere ihre bösen Gedanken an sie weitergeben, erinnert doch wohl irgendwie an die stalinistische These von der Vererbung erworbener Eigenschaften. Könnte es nicht einfach sein, daß die jungen keine Politik wollen, die sie der Gewalt der Migranten aussetzt, die Preise hochtreibt und ihnen das Auto verbieten will?

Man kann Frau Morina auch nicht vorwerfen, 1989 nur hinter der Gardine gestanden und zugeschaut zu haben, wie das DDR-Regime gestürzt wurde, was Ilko-Sascha Kowaltczuk den Ossis vorhält: Sie war da erst 13 Jahre alt.

Frau Morina hat ausgewertet, was die Bürger in Briefen an die DDR Partei- und Staatsführung, an den Petitionsausschuß des Bundestages und in anderen in Archiven Vorfindlichem geschrieben haben: Viele Bewohner der DDR identifizierten sich mit ihrem Land und dessen „volksdemokratischen“ Idealen, blieben dem Staat und seinen Institutionen gegenüber jedoch skeptisch. Die demokratische Mitarbeit des Volkes – „Plane mit, arbeite mit, regiere mit!“ – wurde ja offiziell propagiert, die Realität in der DDR war aber eine andere. Mit der friedlichen Revolution war zunächst intendiert, diesen „volksdemokratischen“ Anspruch zu verwirklichen – vergeblich, wie wir wissen. Die DDR-Opposition, das Neue Forum und andere waren Basisbewegungen, basisdemokratisch. Eine Demokratie, die sich nicht nur auf Wahlen beschränkt und dann jene, die die Macht errungen haben, einfach machen läßt, entsprach nicht den Vorstellungen der DDR-Bürger von Demokratie. Volksbegehren und Volksabstimmung auf Bundesebene nach Schweizer Vorbild waren eine konsequente Forderung – eine Forderung, die auch mal Linke und Grüne in ihrem Programm hatten, aber fallen ließen, als sie merkten, daß solche Volksabstimmungen nicht immer in ihrem Sinne ausgehen. Die Ossis sind von der bundesdeutschen repräsentativen Demokratie enttäuscht – und alternative Parteien greifen dies auf, versprechen eine basisdemokratische Mitwirkung der Bürger (Inwieweit die im Gegensatz dazu selbst – insbesondere das BSW – autoritär-hierarchisch aufgebaut sind, spielt dabei in der Wahrnehmung offensichtlich keine Rolle.). Anders anscheinend die große Mehrheit der Bürger im Westen Deutschlands, die Demokratie weitgehend wohl nur mit regelmäßigen Wahlen identifizieren. Es könnte sein, daß sich das infolge der grandiosen Fehlleistungen der Ampelkoalition ändert, die nicht bereit ist, Konsequenzen daraus zu ziehen, daß sie von einer großen Mehrheit der Bürger abgelehnt wird.

Afrikanische Energiewende

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Von Hans Hofmann-Reinecke

Deutschland will sich als gr0ßzügiger Geber an einem 22 Mrd. Hilfsprogramm für den Umbau des Stromnetzes in Südafrika beteiligen. Diese Restrukturierung soll einerseits die intensive Nutzung von Wind- und Solarenergie ermöglichen, und anderseits die Versorgung insgesamt stabilisieren. Wäre das eine sinnvolle Investition?

Afrikanische Verhältnisse

Das Land Südafrika hat Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von 48 Gigawatt installiert. 85% der Anlagen verbrennen Kohle, der Rest verteilt sich auf Wasserkraft, Kernkraft und alternative Quellen. Der durchschnittliche Gesamtverbrauch des Landes liegt bei 30 GW, wobei mehr als die Hälfte des Stroms in die Industrie fließt.

Die installierte Kapazität liegt offensichtlich deutlich über dem Verbrauch. Wieso kann es da zu Engpässen kommen, zu den notorischen Stromabschaltungen – genannt „Load Shedding“? Bis Anfang des Jahres gab es ein oder zweimal pro Tag für zwei Stunden keinen Strom. Das wurde zwar genau kommuniziert, und als Schreibtischmensch konnte man sich mit Inverter und Lithium Batterie behelfen, für jegliches Gewerbe aber war es eine Katastrophe.

Ursache für die Versorgungsprobleme war eine sogar für afrikanische Verhältnisse übertriebene Form der Korruption im staatlichen Energieunternehmen Eskom. Man vernachlässigte die Infrastruktur, Rückstellungen für die Wartung der Kraftwerke verschwanden in dunklen Kanälen und man ließ die Anlagen laufen, bis sie zusammenbrachen. Führungspositionen wurden nicht nach Kompetenz, sondern nach Hautfarbe und Zugehörigkeit zur Partei vergeben, und das war der ANC, der African National Congress. „Afrikanische Energiewende“ weiterlesen

Warum die Carolabrücke einstürzte – eine technische Erklärung

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Von Peter Schewe

Während derzeit viel über politisch verursachte Versäumnisse bei der Sanierung oder Instandhaltung der Brücke gemutmaßt wird, möchte ich hier auf die technischen Aspekte des Brückeneinsturzes eingehen.

Die Brücke wurde errichtet während ich an der TU Dresden von 1968 – 1972 Bauingenieurwesen studierte. Im nahe der Baustelle befindlichen Studentenklub Bärenzwinger tat ich Dienst hinter der Theke. Oft kamen die Bauarbeiter von der Brückenbaustelle, um sich aufzuwärmen oder ein Bier zu trinken und erzählten über die Probleme der Brücke. So hatten sich die Hüllrohre für die Spannglieder beim Einbringen des Betons zusammengedrückt. In Nachtschichten musste der Beton aufgestemmt werden, um die Hüllrohre wieder frei zu bekommen. Dass dabei das Betongefüge empfindlich gestört wurde, mag auch für einen Laien vorstellbar sein.

Während die im Krieg gesprengte Vorgängerbrücke noch 2 Strompfeiler besaß, bestand jetzt die Herausforderung, die Brücke ohne Zwischenpfeiler über 120 m frei zu spannen und trotzdem ein schlankes Bauwerk ohne Bogen herzustellen. Warum diese Forderung bestand, bleibt unklar, da die beiden Nachbarbrücken immer noch über Strompfeiler und somit über nur begrenzte Durchfahrtsbreiten für die Schifffahrt verfügen. „Warum die Carolabrücke einstürzte – eine technische Erklärung“ weiterlesen

Das Wunder am Zambesi

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Von Hans  Hofmann-Reinecke

Bild: GrahamBould

Der Kollaps der Brücke in Dresden ist ein weiteres Fanal dafür, dass Führungskompetenz und technologischer Professionalismus aus Deutschland verschwinden. Vor 120 Jahren wurde in der „Dritten Welt“ in kürzester Zeit eine Brückenkonstruktion vollendet, wie sie in dieser Geschwindigkeit auch mit den modernen Hilfsmitteln von heute kaum vorstellbar wäre. Irgend etwas konnten die damals, was wir verlernt haben. Und es muss etwas Wichtiges gewesen sein.

Ein unerwartetes Hindernis

Wir waren im südlichen Afrika im Auto unterwegs, als wir auf ein unerwartetes Hindernis stießen, welches das Navi uns verschwiegen hatte: ein riesiger Fluss, mindestens zwei Kilometer breit. Auf dem Bildschirm war die Straße ungestört geradeaus weiter gegangen, die Wirklichkeit war aber anders – das ist ja auch bei größeren Bildschirmen manchmal so. Nach kurzem Dialog mit Ansässigen konnten wir das Rätsel lösen: Es handelte sich um den Zambesi, den zweitgrößten Strom Afrikas. Der fließt 2600 km von Angola über Sambia, Namibia, Zimbabwe und Mosambik in den Indischen Ozean, und der war uns jetzt in die Quere gekommen.

Es gab eine Fähre, aber auch auf der anderen Seite des Stroms trafen wir auf Überraschungen. Man erwartet Zebras oder Antilopen auf Afrikas Straßen, vielleicht einen Elefanten, aber was sich da jetzt abspielte, das war unglaublich. Eine nicht enden wollende Schlange von Tiefladern kam uns über den Horizont entgegen, beladen mit tonnenschweren Kupferplatten. Wir waren jetzt in Sambia unterwegs, und der wichtigste Rohstoff des Landes wird von dort per LKW zum nächstgelegenen Hafen gebracht: da hat man die Wahl zwischen Walvis Bay in Namibia, 2700 km, oder etwas näher, Durban in Südafrika, 2100 km.

Ein Elon Musk des 19. Jahrhunderts

Ja, der afrikanische Kontinent birst vor wertvoller Rohstoffe, aber der Transport zu den Industrieländer ist ein Problem. Vor uns hat das schon jemand anders erkannt: Cecil Rhodes, 1853-1902. Der hat in seinem relativ kurzen Leben sehr viel geschaffen, vielleicht war er ja der Elon Musk des 19. Jahrhunderts. Er plante keine Reise auf den Mars, aber plante die gut 10.000 km lange Eisenbahnlinie „From Cape to Cairo“, von Kapstadt nach Port Said, von Süd nach Nord durch ganz Afrika.

Und auch ihm kam dabei der verdammte  Zambesi in die Quere, der das ganze südliche Afrika vom Rest des Kontinents abschneidet. Das sollte seine Bahnlinie nicht aufhalten, es gibt ja Brücken. Als Brückenbauer hat man nun die Wahl: man sucht im Flusslauf eine Stelle, wo er breit aber flach ist, oder aber das Gegenteil: Schmal, tief und steile Ufer. Letzteres sollte es sein, und da bot sich die Schlucht an, durch die der Fluss unmittelbar nach den Victoria Wasserfällen strömt. Und so lautete Rhodes‘ Anweisung dann: “Baut mir diese Brücke über den Zambesi; dort, wo die Züge die Gischt der Wasserfälle abkriegen wenn sie vorbeifahren.“

Ein anspruchsvolles Viadukt

Es würde ein Viadukt aus Stahlträgern werden, das von einer Firma im Nordosten Englands entworfen, berechnet und gefertigt wurde. Die Teile würden dann per Schiff zum Hafen von Beira in Mozambique transportiert, um dann auf der frisch eröffneten Bahnstrecke von Beira die 1300 km zur Baustelle an den Victoria Fällen gebracht zu werden.

Die Teile mussten in allen Details genau stimmen, was bei der parabelförmigen Geometrie der Brücke einiges an Rechnen erforderte. Was man unbedingt vermeiden wollte war, dass beim Zusammenschrauben im Dschungel jemand feststellte: hoppla, der Träger ist ja eine halben Meter zu lang, und hier fehlt ein ganzes Stück. Immerhin sind in der Brücke 2.500 einzelne Bauteile wie Träger, Fachwerke und andere Strukturelemente verbaut, die zusammen 1000 Tonnen Stahl auf die Waage bringen. Da kann vieles schief gehen.

Um dem vorzubeugen baute man die 200 Meter lange und 100 Meter hohe Struktur gerade man in England zusammen, und stellte sicher, dass alles passte, bevor man die – hoffentlich gut nummerierten – Einzelteile aufs Schiff verlud. Und noch etwas: Damit die Brücke dann auch genau zwischen die steilen Wände der Schlucht des  Zambesi passte, musste man auch die Felswände in England nachbauen. Das waren ja keine glatten Betonplatten sondern chaotische Steinformationen.

Jeder Fehler würde hier viel Zeit und Geld kosten. Der Seeweg – und das war der einzige – von England nach Beira in Mozambique war 15.000 km, egal ob ums Kap der Guten Hoffnung oder den damals schon offenen Suez Kanal. Und von Beira zur Baustelle waren es ja auch noch ein paar Tage.

Was konnten die damals?

Wie lange würde so ein Projekt heute dauern? Die tonnenschweren Stahlteile würden auch heute auf See transportiert, Formalitäten an den Grenzen brauchen ihre Zeit und Kooperation mit den Auftragnehmern vor Ort wäre nicht einfach. Sicherheitsfreigaben durch den TÜV wären erforderlich, sowie Abschätzungen der Einflüsse auf den Klimawandel. Wenn man die ersten Meinungen zur Reparatur der Carolabrücke zum Maßstab nimmt, dann würde man für den Brückenbau im Dschungel vielleicht auf 14 Jahre einplanen.

Tatsächlich dauerte der Bau 14 Monate und die feierliche Eröffnung war am 12.September 1905. Irgend etwas konnten die damals also, was wir heute nicht mehr können, und das muss etwas sehr Wichtiges gewesen sein.

Cecil Rhodes hat diesen Triumph nicht miterlebt, er war 1902 an Lungenentzündung verstorben. Aber er hat der Nachwelt dieses unumstritten ästhetische technische Monument hinterlassen. Eher umstritten ist sein historisches Erbe in Sachen Rhodesien und sein unternehmerischer Nachlass in Form der De Beers Diamond Company.

Auch sein Traum der Eisenbahn von „Cape to Cairo“ wurde nur zu Teilen realisiert. Teile der Strecke sind aber heute noch in Betrieb. Wenn Sie ein Abenteuer suchen, dann gönnen Sie sich doch vielleicht eine Zugfahrt von Kapstadt nach Bulawayo – auf den Schienen von Cecil Rhodes.

Dieser Artikel erscheint auch im Blog des Autors Think-Again. Der Bestseller Grün und Dumm, und andere seiner Bücher, sind bei Amazon erhältlich.

ISS: Rückflug verschiebt sich

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Von Hans Hofmann-Reinecke

Am 6. Juni diesen Jahres waren Butch Wilmore und Suni Williams an Bord des Boeing Starliners zur ISS geflogen, um eine Woche dort zu verbringen. Jetzt verschiebt sich der Rückflug aus technischen Gründen etwas, und man wird wohl auch ein anderes Verkehrsmittel benutzen müssen: den Crew Dragon von Boeings Erzfeind Space X. Neuer Termin für die Heimreise ist jetzt Februar 2025.

Nichts für schwache Nerven

Das Projekt der Internationale Raumstation ISS wurde 1998 gestartet und von da an fortlaufend aus unterschiedlichen Modulen zusammengesetzt und erweitert. Das Konstrukt hat heute eine Ausdehnung von etwa 100 Metern, wobei die riesigen Solarpanels wesentlich zu diesen Dimensionen beitragen. Dafür liefern die immerhin 100 Kilowatt, unabhängig vom Wetter, aber nicht unabhängig von Tag und Nacht. Die dauern hier oben jeweils 45 Minuten, nach anderthalb Stunden ist man also einmal um die Erde rum. Die Flughöhe beträgt 400 km, da herrscht  schon fast völliges Vakuum. Zum Mond wäre es übrigens 1000 mal so weit.

Seit anno 2000 ist die ISS permanent bewohnt. Es gibt Platz für maximal 10 Personen, allerdings nur in Ausnahmefällen, etwa beim Wechsel der Besatzung. Sauerstoff wird durch Elektrolyse von Wasser in seine Bestandteile H2 und O2 gewonnen, Strom dafür hat man ja genug. Und woher kommt das Wasser? Dafür gibt es auf der ISS einen  total geschlossenen Kreislauf, kein Tropfen geht verloren. So ist das Leben im Weltraum. Hin und wieder, so alle zwei oder drei Monate kommt auch Nachschub per Weltraumfrachter, und da ist dann auch frisches Wasser dabei; ja, und auf dem Rückflug werden dann auch die verschiedenfarbigen Müllsäcke mit zurück zur Erde gebracht..

Per „Uber“ zur ISS

Die  Versorgungsflüge sind meist  unbemannt und werden nicht nur von USA und Russland durchgeführt, sondern auch von anderen ISS-Partnerstaaten. Bemannte Flüge sind hinsichtlich Sicherheit und wegen der notwendigen Life Support Systeme wesentlich anspruchsvoller. Die Russen haben dafür ihre Soyuz Vehikel im Einsatz, die Amerikaner benutzten bis 2011 das Space Shuttle. Insgesamt wurden bis heute einige hundert Flüge zur ISS durchgeführt.

2011, nach dem Ende des Shuttle Programms, hatten die USA kein eigenes Transportsystem mehr und mussten quasi „Uber“-Dienste der Russen in Anspruch nehmen. Diese Anhängigkeit war auf die Dauer nicht akzeptabel und so beauftragte NASA 2014 die Firmen Boeing und SpaceX parallel mit der Entwicklung neuer Raumfahrzeuge. SpaceX erhielt 2,6 Milliarden US-Dollar für die Entwicklung des „Crew Dragon“ und Boeing sollte für 4,2 Milliarden den Starliner bauen. Im Mai 2020 war dann der „Crew Dragon“ vom SpaceX einsatzbereit und hat seither ein Dutzend Flüge absolviert.

Die Entwicklung des Starliners, der ursprünglich 2017 zur Verfügung stehen sollte, verzögerte sich dramatisch, und auch das Budget wurde erheblich überschritten. Der erste erfolgreiche, unbemannte Flug im Orbit fand dann endlich im Mai 2022 statt.

Unbemannt zurück zur Erde

2024 war es dann so weit, dass man der Starliner-Kapsel auch menschliche Wesen anvertrauen konnte. Am 6. Juni traten die Astronauten Butch Wilmore und Suni Williams die Reise zur ISS an. Andocken und Umzug in die Station waren zwar problemlos, aber sie beobachteten währen der Annäherung gewisse Anomalitäten mit den Düsen für Antrieb und Lagekontrolle. Und so kam die NASA zu dem Schluss, dass es zu riskant wäre, diesen Starliner auch für den Rückflug zu benutzen. Man würde die Kapsel unbemannt und ferngesteuert zur Erde zurückholen, und die Besatzung müsste auf den nächsten Transfer warten – der ist jetzt für Februar 2025 vorgesehen, per „Dragon“ von SpaceX.

Für Boeings Renommée ist das natürlich eine Katastrophe. Nach den diversen Unfällen mit der 737 und auch Problemen mit anderen Modellen ist das Prestige der ehemaligen Nummer Eins der Luftfahrtindustrie ohnehin schon am Boden. Und so versuchte Boeing die NASA zu überzeugen, dass der Rückflug des Starliners samt Besatzung durchaus zu verantworten wäre. NASA wiederum leidet immer noch unter den verheerenden Abstürzen der Shuttles Challenger und Columbia und betreibt jetzt ein möglicherweise übertriebenes Risikomanagement. Als Auftraggeber hat sich NASA natürlich durchgesetzt.

Wenn man bedenkt, dass es NASA einst gelungen war, innerhalb von 10 Jahren das Apollo Programm mit sechs unfallfreien Mondlandungen zu verwirklichen, und dass Boeing vor zwei Generationen Flugzeuge entwickelte, deren Silhouetten noch heute fast unverändert den Himmel bevölkern, dann kann man der Frage nicht ausweichen: „Was konnten die damals, was wir heute nicht mehr können?“ Und man muss bedenken, dass die damals weder Computer zur Verfügung hatten noch Ingenieurinnen.

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