Nein, ich war nicht überrascht, dass es nach der Wahl weiter geht, wie vor der Wahl. Das hatte ich vorausgesagt. Aber mit welcher offensichtlichen Wählerverachtung das geschieht, ist doch frappierend. Friedrich Merz, der noch vor wenigen Wochen verkündet hatte, dass er am Tag 1 seiner Kanzlerschaft die unkontrollierte Einwanderung stoppen würde, ließ nach der Wahl wissen, dass niemand die Absicht hätte, die Grenzen zu schließen. Folglich hörte man nichts von ihm, als die Noch-Regierung ihren Import von Afghanen wieder aufnahm. Er tut auch nichts gegen die Noch-Außenministerin Baerbock, trotz Warnungen, dass sie noch schnell möglichst alle Afghanen, die in Pakistan und Tadschikistan Anträge auf Einreise nach Deutschland gestellt haben, per Regierungs-Taxi nach Deutschland holen will. Man könnte glauben, er hielte seine Wähler für so unbedarft, dass sie sein Versprechen in wenigen Wochen vergessen hätten. Nein, es ist seine grenzenlose Arroganz der Macht, die ihn zu noch offensichtlicheren Brüchen seiner Wahlversprechen veranlasst hat.
Auf der Wahlkampf-Abschlusskundgebung am 22. März in München betonte Merz noch eindringlich die Notwendigkeit fiskalischer Disziplin. Er behauptete, dass er an der Schuldenbremse als Grundprinzip festhalten will, da sie ein Garant für wirtschaftlicher Stabilität sei. Deutschland müsse „wieder auf die Beine kommen“ und das sei nur mit einer soliden Haushaltspolitik möglich.
Eine Unions-geführte Regierung müsse sparsam wirtschaften und Investitionen gezielt aus bestehenden Mitteln finanzieren, anstatt neue Schulden aufzunehmen. Auch Markus Söder betonte die finanzpolitische Zurückhaltung als Teil der unionspolitischen DNA. Man dürfe „nicht über seine Verhältnisse leben“.
Merz wetterte gegen die Ausgabenpolitik der Ampel-Koalition, die er als verschwenderisch bezeichnete: „Wir werden das Geld der Bürger nicht zum Fenster hinauswerfen.“ Nun schickt er sich an, genau das zu tun. Nur zwei Tage später will Merz Gespräche führen, damit die Schuldenbremse zu Gunsten unbegrenzter Verschuldung wegfällt. Mehr noch. Er will diesen Coup mit dem abgewählten Bundestag durchziehen, weil er im neu gewählten dafür nicht die notwendige verfassungsändernde Mehrheit bekäme.
Nicht nur die abgewählte Ampel, auch Merz signalisiert: Was ihr Wähler und Steuerzahler wollt, interessiert mich nicht. Damit ist er auf DDR-Niveau angekommen. Schon Walter Ulbricht hatte nach dem Prinzip gehandelt: Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben. Die Ampel scheiterte am Versuch, die Schuldenbremse aufzuheben, bei Merz feiert dieser Versuch fröhliche Urständ.
Mehr offene Wählerverachtung geht nicht.