Ist Karl Marx wieder en vogue?

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Von Peter Schewe

 Anlässlich der Erhebung von Chemnitz zur europäischen Kulturhauptstadt 2025 posierte unser Bundespräsident vor dem ‚Nischel‘, dem riesigen, von einem russischen Bildhauer geschaffenen und in rotes Licht getauchten Konterfei des kommunistischen Heiligen Karl Marx aus karelischem Granit.

Dieses Bild hat in mir ungute Erinnerungen an längst vergangen geglaubte Zeiten wach gerufen. An die jährlichen Aufmärsche zum 1. Mai oder 7. Oktober, die im damaligen Karl-Marx-Stadt immer an diesem Nischl vorbeizogen und bei denen sich die SED-Führung der Stadt und des Bezirkes als die Zukunft Deutschland feiern ließen.

Ich hatte immer geglaubt, die Chemnitzer hätten mit der Zwangsumbenennung ihrer Stadt und diesem Koloss von Marxkopf gehadert und wären froh gewesen, 1990 dieses rückgängig machen zu können.

Aber ich habe mich wohl getäuscht. Karl Marx scheint präsenter denn je in dieser Stadt zu sein und nun auch noch im Rahmen der europäischen Kultur.

Es scheint vergessen zu sein, welche Verbrechen in seinem Namen und unter Berufung auf sein geistiges Erbe begangen wurden, angefangen von der Revolution Lenins, über das Terrorregime Stalins, der Kulturrevolution Mao’s, den mörderischen Roten Khmers in Kambodscha bis hin zu dem verbrecherischen Regime der SED und ihrer Stasi.

Marx nur als Philosoph und Beglücker der Menschheit mit seinen Ideen von einer Diktatur des Proletariats, einer nur aus Klassenkämpfen bestehenden Menschheitsgeschichte und dem Traum einer klassenlosen Gesellschaft, in der sich keiner mehr anstrengen muss und nur noch seinen Bedürfnissen frönen darf. Und das alles nach objektiv und ewig wirkenden ökonomischen Gesetzen, an denen niemand etwas ändern kann. Die verheerenden Folgen dieser in Millionen von Hirnen gefrästen Utopie bzw. Ideologie sind bis heute spürbar und haben viele von uns zu unmündigen und frustrierten Zeitgenossen geformt.

Nun, sie werden sagen, was kann Marx dafür? Er persönlich natürlich nichts. Aber muss man deshalb dieses Götzenbild immer noch anbeten und in den Mittelpunkt einer europäischen Kulturhauptstadt stellen?

Nicht nur Marx, sondern die, die sich seiner widersinnigen Ideen bedient haben, um Terrorregime zu installieren und die eigene Macht zu sichern, könnten sich durch diese Geste rehabilitiert fühlen.

Sollen die Chemnitzer sich an ihrem liebevoll Nischel genannten Marx weiterhin erfreuen, so wie in Trier ein von China geschenkter, goldener Marx steht. Aber ihn  als Symbolfigur für europäische Kultur zu adeln, geht mir dann doch zu weit.

Ich werde auch dieses Jahr auf dem Weg nach Norden Chemnitz rechts liegen lassen.     

 24.01.2025

Regenstauf



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