„Der klare Sommerhimmel begann zu brummen, zu beben, der surrende Ton wurde immer lauter. Fliegende schwarze Schatten bedeckten uns. Ich ließ mich vom Eisenbahndamm hinabrollen, warf mich unter den nächsten Strauch, krümmte mich zusammen und steckte den Kopf ins Gestrüpp. Die erste Bombe fiel, die Erde erzitterte, dann hagelte es Bomben. Explosionen mündeten in donnerndem Lärm, alles bebte. Flugzeuge griffen im Sturzflug an, eins nach dem anderen gingen sie auf ihr Ziel los. Und dieses Ziel war ich. Alle versuchten, mich zu treffen, rasten direkt auf mich zu, sodass die heiße Luft der Propeller meine Haare zauste. Die Flugzeuge heulten, die fallenden Bomben heulten noch durchdringender. Dieser Ton bohrte sich ins Gehirn, drang in Brust und Bauch, wühlte das Innerste auf. Der wütende Schrei fliegender Bomben füllte alles ringsumher, ließ keinen Platz für etwas anderes. Das Heulen brach nicht ab, es saugte alle Gefühle aus mir heraus, unmöglich, an etwas anderes zu denken. Das Entsetzen packte mich. Das Donnern der Explosionen klang fast erleichternd. Ich presste mich an die Erde, damit die Splitter über mich hinwegpfiffen. Die Angst war mein Lehrer. Pfeifen bedeutete eine Sekunde Pause, um den klebrigen Schweiß abzuwischen, einen ekelhaften, stinkenden Angstschweiß, um den Kopf in den Himmel zu heben. Doch dort, im friedlichen Blau entstand ein neues, noch tieferes Vibrieren. Diesmal fiel das schwarze Kreuz des Flugzeugs genau auf meinen Strauch. Ich fühlte geradezu, wie sichtbar meine Gestalt auf dem Gras war… Erdklumpen prasselten auf meinen Kopf. Ein neuer Anflug. Der Ton des im Sturzflug angreifenden Flugzeugs presste mich nieder. Mit diesem Heulen nahte der letzte Augenblick meines Lebens. Ich betete. Ich kannte kein einziges Gebet. Ich hatte nie an Gott geglaubt und wusste dank meiner nagelneuen Hochschulbildung, der Astronomie, der erstaunlichen Gesetze der Physik, dass es keinen Gott gibt, und dennoch betete ich. Der Himmel hatte mich verraten, weder Diplome noch Wissen konnten mir helfen. Ich blieb allein, Auge in Auge mit diesem von allen Seiten auf mich zufliegenden Tod.“
Daniil Granin, Verteidiger von Leningrad, über seine erste Begegnung mit dem Krieg
Und hier mein Freund Uli Masuth, der meint, man solle den Krieg einfach weglassen:
https://www.youtube.com/watch?v=Wo2sRtKeLKg