Ein Nationaler Sozialist schreibt die SPD-Parteihymne.

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Von Hans-Jürgen Wünschel

Weil die AfD-Thüringen ein Gedicht des Schriftstellers Franz Langheinrich veröffentlichte, wird sie nun von einem Grünen wegen Volksverhetzung angezeigt. Dies ist recht kurios, denn das Gedicht ist lange vor der Aufnahme des Dichters als Mitglied in der Partei des nationalen Sozialismus entstanden.

Es soll nun an einen ähnlichen Fall erinnert wer­den, der bisher kaum Beachtung gefunden hat.

Ein besonders delikater Fall eines sozialistischen Intellektuellen  ist der Dichter eines Liedes, das die Sozialdemokraten bei jedem Parteitag seit 1920 singen:

Wann wir schreiten Seit’ an Seit’

und die alten Lieder singen

und die Wälder wieder klingen,

fühlen wir, es muss gelingen:

Mit uns zieht die neue Zeit.

Der Texter des Liedes, der Sozialist Hermann Claudius, dichtete auch eine Lobhudelei zum 50.Geburtstag auf den Führer der Nationalen Sozialisten:

Herr Gott, steh dem Führer bei, dass sein Werk das Deine sei, dass Dein Werk das seine sei. Herrgott steh dem Führer bei.

Herrgott steh uns allen bei, dass sein Werk das Unsre sei. Un­ser Werk das seine sei.

Herrgott steh uns allen bei.[1]

Warum stört es die Grünen und die Sozialdemo­kraten  nicht, dass ihr Genosse  Claudius, nationaler Sozialist,  ein enger Freund des Autors Hans Grimm war, der in seinem Roman Volk ohne Raum, die Expansionsbestre­bungen seiner Nationalen Sozialisten gefeiert hat­te? So schickte denn auch eingedenk der sozialistischen Programmatik der Vorsitzende der SPD, Willy Brandt, zum 95. Geburtstag des Dich­ters ein Glückwunschtelegramm: Ihr umfangrei­ches Werk gehört zum besten literarischen Besitz unseres Volkes. Der nicht sozialistische Werner Bergengruen konnte Brandts Wertung nicht teilen und schrieb über seinen Kollegen: Ein schwächliches, aufgeplustertes, selbstzufrie­denes Halbtalentchen, ein Reimklempner von plat­ter Moral. Lawrence D. Stokes meinte: Hermann Claudius trägt mit seinen Werken zur Verbreitung der natio­nalsozialistischen Weltanschauung bei und preist darin das NS-Regime.[2] Ist es nicht toll, dass der Sozialist und ehemalige Bundeskanzler die Ergüsse des Dich­ters des Nationalen Sozialismus als zum “besten li­terarischen Besitz unseres Volkes” erklärt hat! Ist es nicht erschütternd, dass die Sozialisten immer noch einen nationalsozialistischen Text eines gefeierten Nationalen Sozialisten als Par­teihymne singen?

[1] www. hermann-claudius.de.

[2]  Lawrence D. Stokes, Der Eutiner Dichterkreis und der Nationalsozialismus. 1936-1945, Neumünster 2001.

 



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