Der Bürger als Marionette

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Von Gastautorin Annette Heinisch

Der freie Bürger ist der natürliche Feind der Mächtigen. Das ist ganz logisch, denn ein freier und freiheitsliebender Bürger möchte möglichst weitgehend die Macht über sein eigenes Leben besitzen, seine eigenen Entscheidungen treffen, selbst wenn er dafür geradestehen muss. Er möchte in Ruhe gelassen werden und gesteht dieses auch seinen Mitmenschen zu. In die Politik geht er eher selten, denn er mischt sich ungern in das Leben der Anderen ein, nicht zuletzt im Bewusstsein der eigenen Grenzen. Ein freier Bürger weiß nämlich, dass er auch Fehlentscheidungen treffen wird, denn das ist normal, gehört zum Leben dazu. Daraus lernt man (oder auch nicht), macht weiter und versucht mit jedem neuen Tag, besser und klüger zu werden. Manches, was nicht gelingt und worüber man sich erst ärgert, stellt sich im Nachhinein sogar als Glücksfall heraus. So ist das Leben, es ist ein immer wieder überraschendes Abenteuer.

Die Mächtigen hassen den freien Bürger. Je freier und selbstständiger der Bürger, desto geringer ihre eigene Macht, ihr Einfluss und auch ihre Möglichkeit, finanziell davon zu profitieren. Der Staat mit seinen Machtmitteln ist für Menschen, die gerne Macht über andere haben, natürlich das Eldorado. Herrschsüchtige Menschen sind in der Regel dogmatisch eingestellt, nur ihre eigene Meinung zählt, es gibt keine Chance sie umzustimmen. Herrschsüchtige Menschen haben ein zwanghaftes Bedürfnis danach, andere zu kontrollieren oder zu unterdrücken, sind also das Gegenteil einer dem Volk dienenden Führung.

Da gerade in Demokratien, in denen die Macht nicht einfach vererbt wird, sich häufig die Herrschsüchtigsten um Posten bewerben, liegt u. a. daran, dass sich diese entsprechend ihrer Veranlagung vermehrt um Machtpositionen bewerben. Wohlgemerkt, nicht alle, die sich um ein öffentliches Amt bewerben, sind herrschsüchtig; aber der Anteil dürfte höher sein als in anderen Bereichen. Und wie Lord Acton zutreffend feststellte: „Macht korrumpiert, absolute Macht korrumpiert absolut.“ Daher ist es durchaus fair zu unterstellen, dass selbst manche von denen, die ursprünglich anständig waren, im Laufe der Zeit korrumpiert werden.

Auf die Frage, warum Macht Menschen so blind für die Realität werden lässt, antwortete Wolfgang Scholl, Professor für Organisations- und Sozialpsychologie an der Humboldt-Universität in Berlin.

“Das liegt in der Regel daran, dass Machtmenschen anderen nicht mehr zuhören, sondern ihnen eher ihren Willen aufzwingen wollen, und wenn sie ihnen ihren Willen aufzwingen wollen, dann werden sie nicht mehr, die anderen, als Gesprächspartner ernst genommen. Und in der Folge lernen die Machtmenschen durch diesen Umgang mit anderen Menschen wenig oder gar nichts mehr hinzu. Sie umgeben sich stattdessen eher mit Menschen, die ihnen nach dem Munde reden, dadurch lernen sie nicht, sondern können nur mal ihre Herrschaft erst mal stabilisieren, aber sie werden zunehmend blind für das, was in der Realität vor sich geht.” Er fügte einen weiteren Gesichtspunkt hinzu: “Statt zu lernen, können sie versuchen, die Realität einfach umzugestalten.”

Dieser Versuch ist von vornherein zum Scheitern verurteilt, was aber nicht heißt, dass er nicht unternommen würde und im verzweifelten Bemühen, die Realität zu bekämpfen, sehr viel unwiderbringlich zerstört wird.

So kommt es nach und nach zu einer Entwicklung, bei der die Demokratie wirkt wie ein schöner Schein. Eine entscheidende Frage wird nie gestellt: Welche Voraussetzungen muss ein Mensch eigentlich erfüllen, der andere Menschen führen und eine gute Staatsorganisation gewährleisten will. Jedermann kann und darf gewählt werden, ebenso wie jedermann auch jeden anderen Beruf ausüben kann – wenn er sich dafür qualifiziert. Zur Staatsführung gehört fachlich nicht nur Organisationsfähigkeit, sondern auch Risiko- und die jeweils erforderliche Sachkompetenz. Das ist ja kein Hexenwerk, es ist durchaus feststellbar, welche Kriterien wesentlich und welche Fähigkeiten erforderlich sind.

Ein weiterer Aspekt wird beim Corona – Management deutlich, nämlich die charakterliche Eignung: Menschen, die die Gelegenheit zum Machtexzess ausnutzen und die Bürger ohne Rücksicht auf Verluste belügen, sind charakterlich völlig ungeeignet für eine Führungsposition.

Dass z. B. die Impfung keinen Fremdschutz bot, war dem RKI klar. Kommuniziert wurde aber auf Weisung des Ministers das Gegenteil. Sowohl die Impfpflicht wie auch die 2G/3G – Regeln basierten damit auf einer bekannt falschen Tatsachengrundlage; auch dass Kinder keine Infektionsträger waren, war bekannt. Sämtliche gesundheitlichen und wirtschaftlichen Schäden, die aufgrund dieser objektiv unangebrachten Maßnahmen eintraten, gehen mithin auf das Konto der insoweit Verantwortlichen. Mehr noch: Die Maßnahmen wurden von Gerichten abgesegnet, die dem Irrtum unterlagen, dass das RKI objektiv belastbare, wissenschaftliche Erkenntnisse verbreitet. Dass es nicht wissenschaftliche, sondern politische Botschaften verkündete, hatten die Gerichte nicht unterstellt. Sie gingen von einem wissenschaftlich und ethisch verantwortlichen Verhalten aus. Dabei mag man Gerichten vorwerfen, dass sie selbst eine Beweiserhebung oft nicht für nötig erachteten. Man muss allerdings einräumen, dass viele Verfahren als Eilverfahren geführt wurden und dass bei der in einem solchen Verfahren erfolgenden summarischen Prüfung keine Beweiserhebung erfolgt.

Der Rechtsstaat wurde so zur Farce.

Tatsächlich waren die Maßnahmen in weiten Teilen nicht Ausfluss der Sorge um das Wohlergehen der Bürger, sondern erscheinen als reiner Machtrausch. Sie machten, was sie wollten, weil sie es konnten. Im Englischen gibt es den Begriff des „weaponizing“, oft in dem Zusammenhang, dass die Wissenschaft als Waffe zur Durchsetzung von politischen Zielen eingesetzt wird. Genau das ist hier passiert. Wurde in früheren Jahrhunderten die Religion von den Machthabern instrumentalisiert, was von diversen Religionsvertretern unterstützt wurde, ist es in szientistischen Zeiten die Wissenschaft. Ebenso wie zunächst die Religion verliert dadurch nun „die Wissenschaft“ ihre Glaubwürdigkeit.

Das Vertrauen der Bürger in die Regierenden, die nicht das Wohl der Bürger im Blick haben, sondern denen es offenbar nur um die Ausnutzung und Ausweitung ihrer eigenen Macht geht, ist stark erschüttert oder sogar verloren. Es ist doch auch wirklich kein Wunder, dass die Mitbürger in den Bundesländern, die überreichlich Erfahrung mit diktatorisch Regierenden haben, besonders allergisch auf den Entzug der Freiheit reagierten. Dies zeigt doch nichts anderes, als dass sie aus der Diktaturerfahrung gelernt haben!

Eigentlich war unsere freiheitlich – demokratische Grundordnung so aufgestellt, dass sie den freien mündigen Bürger stärken sollte. Übrigens auch finanziell, denn er – nicht der Staat – sollte möglichst wohlhabend sein, Vermögen aufbauen. Das war z. B. der Grund für die Einführung der vermögenswirksamen Leistungen; Immobilieneigentum vor allem war als Säule der finanziellen Absicherung gedacht. Es ist die Säule, welche die Ampel mit ihrem Heizungsgesetz, energetischen Sanierungspflichten u. ä. gnadenlos zerstört. So wie sie die Wirtschaft zerstört und damit die Möglichkeit des Bürgers, durch seine eigene Leistung Wohlstand aufzubauen. Alle diese zerstörerischen Maßnahmen zielen auf einen abhängigen Bürger ab und damit auf die Ausweitung der Macht des Staates.

Frei bewegen soll er sich auch nicht, daher die „Mobilitätswende“ hin zum Stillstand. Egal, wohin man schaut, es scheint gemeinsames Ziel der Parteien zu sein, den Bürger zur Marionette zu machen. Vielleicht wäre es eine gute Idee, sich endlich vertieft darüber Gedanken zu machen, welche charakterlichen Merkmale und objektiven Fähigkeiten das Führungspersonal in einem freiheitlich – demokratischen Rechtsstaat haben muss. Das Personal der letzten 20 Jahre hat sich jedenfalls als ungeeignet erwiesen.



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