von Philipp Lengsfeld
Heute um 18:00 läuft bei der Bundeswahlleitung die Einreichungsfrist für die beglaubigten Unterstützerunterschriften für Europa-Wahllisten für die Wahl am 9. Juni ab. Neue Kräfte können durch 4.000 beglaubigte Unterstützer-Unterschriften ob als Partei oder in Aushebelung des sonst üblichen deutschen Parteienprivileg als „sonstige politische Organisation“ in den Europawahlkampf eingreifen.
Das Aktionsbündnis Demokratie hat dies als Nicht-Partei versucht und der Vera-Lengsfeld-Blog hat uns stark und konsistent unterstützt! Dafür ein großer Dank! Vor allem an die knapp 2.000 Unterstützer, deren beglaubigte Unterschrift wir erhalten haben! Ihr Engagement wurde wahrgenommen und geschätzt! Nicht nur, weil wir an drei Standorten die Briefe eigenhändig geöffnet und die Stimmen gesammelt haben.
Trotzdem müssen wir bilanzieren: Wir haben es nicht geschafft.
Obwohl ich einer tieferen Analyse nicht vorweggreifen möchte bin ich mir sicher, dass einige Punkte schon jetzt deutlich sind und Sie, liebe Leserinnen und Leser des Vera-Lengsfeld-Blogs auch interessieren.
Zunächst vielleicht die Punkte, an denen wir nicht gescheitert sind:
Es lag definitiv nicht daran, dass uns von Seiten der Maschinerie Schwierigkeiten gemacht wurden! Nein, wir wurden vollkommen in Ruhe gelassen. Die Bundeswahlleitung und auch die meisten Wahlämter vor Ort waren im Gegenteil überraschend kooperativ und oft sogar hilfsbereit.
Es lag auch nicht an schlechter Presse: Das Aktionsbündnis Demokratie (und auch die anderen neuen Kräfte) konnten sich nicht über negative Presse beklagen. Eher schon darüber, dass mancher uns nicht beachtet hat (Julian Reichelt und NIUS würde ich da an allererster Stelle nennen!). Aber es ist nicht so, dass wir gänzlich ignoriert wurden: Neben dem VL-Blog gab es große ABD-Auftritte in den alternativen Medien z.B. bei SpunktNews, bei Michael Mross, bei Helmut Reinhard (Politik Spezial), bei Wolfinfo Aktuell und -leider sehr auf den letzten Drücker, aber dafür megacool- bei Philip Hopf.
Und es lag auch nicht daran, dass es ein Gerangel mit größeren Kräften gegeben hätte: War eine gemeinsame Liste mit BSW sicherlich inhaltlich praktisch undenkbar (ich hätte darüber trotzdem verhandelt), so hat die Gründung der WerteUnion zwar mediale und persönliche Aufmerksamkeit geschluckt, aber es gab zumindest kein formales Problem, denn die WerteUnion hatte von Anfang an gesagt, dass sie für diesen Europawahlkampf nicht antritt.
Alle drei Punkte bilden das Selbstverständliche ab: Der inhaltliche Ansatz für Europa mit einer liberal-konservativen Kraft jenseits der Ampelunion und der AfD anzutreten war richtig. Es sollte der normale Gang der Dinge sein, dass sich Leute mit ähnlicher politischer Zielsetzung zumindest nicht bekämpfen.
Andererseits war es aber auch so, dass das Aktionsbündnis Demokratie mit zu wenig Zeit, praktisch keinem Geld und einer Liste angetreten war, die breiter und länger geplant war. Alle diese Dinge hängen miteinander zusammen.
In allen Punkten nehme ich die Verantwortung an: Ich habe es leider nicht geschafft, die liberal-konservativen Kräfte davon zu überzeugen, dass eine starke, gemeinsame Europa-Liste gut für alle ist.
Die ABD-Liste hatte keinen Kandidaten aus dem Umfeld der WerteUnion, obwohl das Megathema Migration und Sicherheit primär in Brüssel verhandelt wird. Die nach klassischen deutschen Parteivereinsvorgaben gegründete Kleinstpartei Bündnis Deutschland hat bis heute an einer zumindest mich nicht überzeugenden klassischen Alt-Parteiliste festgehalten. Und was ich die „kleine Lösung“ genannt habe, nämlich eine verabredete gemeinsame Kandidatenliste zwischen ABD, dem sehr ähnlichen Projekt B.R.D. von Marcel Luthe und der Partei „die Basis“, eine Kraft, die aus den Coronaprotesten entstanden ist und bei der sich nach meinem Eindruck immer mehr die Erkenntnis durchsetzt, dass die Parteien alt-bundesrepublikanischer Prägung nicht mehr funktionieren und deshalb eine Reformation des Parteiensystems überfällig – dazu ist es leider trotz intensiver Gespräche gekommen.
Immerhin hat ABD mit David Claudio Siber, Melissa Krall und Maike Schulz-Broers auf den ersten drei Listenplätzen Persönlichkeiten, die klare Signale an bestimmte gesellschaftliche Gruppierungen gesendet haben. Sind die auch angekommen? Hier war vermutlich der Faktor Zeit das entscheidende Problem, was sowohl das Umfeld der Maßnahmenkritiker und der aus der Auseinandersetzung gereiften neuen Demokraten (DC Siber), der Libertären (Melissa Krall) und den Großbereich ländlicher Raum und Landwirtschaft betrifft – wir hatten nicht genug Zeit Dinge zu erklären und die Adressaten und auch die Bürger insgesamt hatten nicht genug Zeit darüber nachzudenken, warum ein verschärfter politischer Wettstreit letztlich für alle besser ist. Und das unabhängig davon ob man jede Position von ABD teilt oder jede Person auf der Liste voll unterstützt.
Trotz dieser objektiven und objektivierbaren Umstände bleibt aber die traurige Erkenntnis: Wir hätten es schaffen können.
Aber schauen wir nach vorne: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel – die wichtige Europa-Auseinandersetzung müssen wir jetzt unter diesen Umständen führen: WerteUnion und ABD sollten genau schauen, welche Kraft, welche Liste wir den Wählerinnen und Wählern empfehlen. Und die dann auch unterstützen.
Und bezüglich der drei anstehenden Landtagswahlen in Ostdeutschland?
Da gibt es für mich zwei glasklare Punkte: Es wäre unverzeihlich, wenn im liberal-konservativen Lager zwei Kräfte gegeneinander antreten würden – für Thüringen liest man da ja Merkwürdiges. Die Zeiten sind so, dass es keinerlei Rechtfertigung dafür gibt, dass sich eine Partei, wie z.B. Bündnis Deutschland herausnimmt, irgendwelche Ansprüche gegenüber z.B. der WerteUnion zu erheben – wenn Bündnis Deutschland sich hier nicht einreiht, dann würde ich sie endgültig als das einschätzen, wonach es eh ein wenig aussieht: Ein weiteres Projekt, wo der Partei-Verein über den Inhalten, über dem Land, über der Demokratie steht – das brauchen wir nicht.
In Sachsen ist die Situation für mich unübersichtlich. Aber ähnlich wie in Brandenburg, wo als einziges der drei jetzt wählenden Lände das deutsche Parteienprivileg, analog zur Europawahl, nicht gilt, ist hier ein hohes Maß an Pragmatismus von allen Akteuren gefragt: Da in allen drei Bundesländern die 5%-Hürde gilt, muss jede Aufstellung zunächst und vor allem von den Wählerinnen und Wählern im jeweiligen Bundesland her gedacht werden – in keinem der drei Bundesländer können wir ein „weiter so“ zulassen. Ein Ansatz, der die Interessen irgendeiner Partei über alles andere stellt, ist dagegen eine unsägliche und grundundemokratische KPD-Tradition, die in unserem Land leider viel zu wenig aufgearbeitet wurde. Keine Partei und erst recht keine Einzelperson hat ihre Interessen über die der Wählerschaft und des Landes zu stellen! Erst recht nicht im liberal-konservativen Lager, welches für Stärkung von Verantwortung, Eigenverantwortung, fairem Wettbewerb, Innovation und Fortschritt steht!
Und der zweite Punkt? Es geht nicht ohne finanzielle Unterstützung!
Die vornehme Zurückhaltung der Industrie und der Vermögensbesitzer, die sich über die Jahre etabliert und eingeschliffen hat, muss ein Ende haben! Von nichts, kommt nichts! Der Mittelstand und die Industrie sind so unter Druck, aber trotzdem redet man sich zu häufig weiterhin ein, dass eine vorgebliche politische Neutralität der richtige Weg sei. Das ist absolut falsch! Ein Umsteuern in der Energiepolitik, der Umweltregulatorik, ein Abbau von Bürokratie und Wettbewerb- und Wachstumshemmnissen usw. fällt nicht vom Himmel, sondern muss politisch durchgefochten werden. Es gibt genug Leute, die fähig und bereit sind, für die Gesellschaft und die Industrie die Kastanien aus dem Feuer zu holen, aber wir wollen von denen, die Geldmittel privat oder geschäftlich haben, wenigstens einen Satz feuerfeste Handschuhe kriegen!
Es darf nie wieder so sein, dass die politischen Gegner über mehr finanzielle Mittel verfügen, als die Kräfte, die am meisten für die Stärkung der Marktwirtschaft und des Mittelstands eintreten!
So möchte ich die nicht so schöne Nachricht vom 18. März 2024 in eine positive Botschaft nach vorne wenden: Stellen wir sicher, dass wir bis spätestens am 18. März 2025 für die dann kommende Bundestagswahl richtig und stark und breit und mit guter Unterstützung aufgestellt sind!
Das Land erwartet nicht weniger von uns.