Die Perle Perugias!

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Die Nationalgalerie Umbriens ist eine der führenden Galerien Italiens, hat aber kein eigenes Haus. Sie befindet sich im Palazzo del Priori, auf zwei Etagen, die ihr von der Stadtverwaltung überlassen wurden. Seit im Jahre 1918, als die Königliche Galerie Vanucci dem Staat vermacht wurde, ist sie staatlich. Eine kürzliche Generalüberholung im Jahr 2022 hat den Wert des Gebäudes erhöht und eine Präsentation ermöglicht, die wirklich sensationell ist. Für alle, die etwas über mittelalterliche Malerei wissen wollen, besonders die in Umbrien, ist Perugia ein Muss. Es geht aber nicht nur ums Mittelalter. Die Schau zeigt die Entwicklung der Malerei seit dem Mittelalter bis heute.

Wir sind vor allem hier, um die Sonderausstellung des Renaissance-Malers Pietro Perugino zu besichtigen. Goethe war zwar nicht in Perugia, er ließ auf seiner italienischen Reise Umbrien links liegen, aber er würdigte Perugino in seiner Reisebeschreibung als einen außerordentlichen Maler, der, wäre er nicht Italiener, ein „blaublütiger Deutscher“ sein müsste. Das war offenbar das höchste Lob, das der Dichterfürst zu vergeben hatte.

Die Sammlung Perugias besitzt natürlich eine große Anzahl der Werke Peruginos, in der permanenten Ausstellung füllen sie zwei Säle. Aber jetzt sind Peruginos aus aller Welt zu sehen. Auch die Berliner Nationalgalerie ist mit zwei Gemälden vertreten. Zu unserer großen Freude hängt eins davon ganz vorn. Maria mit dem Kinde.

Wer staunend durch die Ausstellung geht, könnte auf die Idee kommen, die italienische Renaissance-Malerei wäre die Spitze der erreichbaren Meisterschaft. Falsch. Mein Reisegefährte HP erklärt mir im Saal mit den Porträts anhand von Fotos, die er von den Holländern gemacht hat, warum die einen Schock auslösten, als ihre Gemälde in Italien ankamen: Wo zum Beispiel die Italiener noch flächige Frisuren präsentierten, malten die Holländer jedes einzelne Härchen. Auch die Augen der Niederländer waren viel Sprechender. Ihre Gewänder lebendiger.

Aber Perugino begriff offenbar schnell. Ein Selbstporträt von ihm zeigt unterschiedliche Augen: Eins hat den analytischen Blick, das andere den sympathetischen.

Dürer ist ein Meister der unterschiedlichen Blicke, man findet sie auch bei Picasso. Perugino war übrigens der Lehrer von Raffael. Deshalb hängt hier auch ein frühes Gemälde, das Raffael in einem Stadium zeigt, in dem er sich noch nicht von seinem Meister gelöst hat, das aber schon Spuren seines eigenen Stils zeigt.

Für die Ausstellung muss man sich Zeit nehmen, besonders, wenn man auch die permanente Schau besuchen will. Das wird dem Besucher leicht gemacht. Es gibt Fensterbänke, von denen aus man fantastische Blicke in die umbrische Landschaft genießen kann. Unter besonders schönen Deckengemälden findet man Sofas, auf denen man sich ausstrecken und in Ruhe liegend die Malereien studieren kann. Die italienischen Texte sind durch englische Fassungen ergänzt, was in Italien noch lange nicht üblich ist, wie wir am nächsten Tag im Archäologischen Museum feststellen mussten. Leider kamen wir auch nicht umhin zu bemerken, dass sich die Malerei zurückentwickelt hat. Nach der Schönheit, die von den Renaissance-Meistern gefeiert wurde, sind die zeitgenössischen Gemälde nur noch hässlich. Noch eins zeigt die Ausstellung: nebenbei: Ein Europa, das sich von seinen christlichen Traditionen verabschiedet, zerstört sich selbst.

Fotos: Sven Lingreen



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