Bürgerrechtler oder ehemalige Bürgerrechtler?

Veröffentlicht am

Von Gastautor Michael Beleites

Was wir zur Überwindung der Vertrauenskrise beitragen können

Noch vor zehn Jahren hatten die Bürgerrechtler der DDR einen durchweg guten Ruf: Sie waren diejenigen, die die 1989er Revolution auf den Weg gebracht und entscheidend für ihren gewaltfreien Verlauf gesorgt hatten. Durch ihren Mut und ihre Risikobereitschaft hatten im Herbst 1989 Hunderttausende ihre Angst verloren und waren für eine demokratische Zukunft auf die Straßen gegangen. Eine Erfolgsgeschichte. Oft eine Heldengeschichte. Liest man in den letzten Jahren von DDR-Bürgerrechtlern, so geht es meist um diejenigen unter ihnen, die sich auch heute kritisch zu Wort melden. Um Menschen, die „nach rechts abgedriftet“ oder „zur AfD übergelaufen“ seien. Um Bürger, die den „Klimaleugnern“ oder den „Coronaleugnern“ zugeordnet werden, zuweilen sogar den „Holocaustleugnern“. Wie ist diese Wendung zu verstehen?

Extreme Fallhöhe

Zunächst einmal hatten wir es tatsächlich mit einer Überhöhung zu tun. Was in den 1990er und 2000er Jahren über DDR-Bürgerrechtler geschrieben wurde, kam zumeist als Heldenepos daher: Wer gegen den SED-Staat gekämpft hatte, war immer auf der richtigen Seite. Er galt stets als Vorbild für die anderen, die weniger oder später mutig waren. Die Bürgerrechtler waren der Geschichte voraus – auf dem Weg zu einer rundum guten Geschichte. Was im Herbst 1989 auf den Straßen der untergehenden DDR gerufen wurde, hatte fortan einen quasi gesetzgeberischen Rang. Wir Bürgerrechtler gefielen uns so sehr in der Heldenrolle, dass es unter uns kaum jemanden störte, dass – ebenso wie die DDR und die Stasi – auch wir das Attribut „ehemalig“ vorangestellt bekamen.

Solange man selbst zu einer überhöhten Gruppe gehört, bemerkt man freilich nicht so leicht, ob diese Bewertung wirklich angemessen ist. Und man fragt nicht danach, in wessen Interesse eine solche Überbewertung sonst liegen könnte. Dass nämlich der „Aufarbeitung der SED-Diktatur“ und der „Erinnerung an die Friedliche Revolution“ immer öfter eine vordergründig legitimatorische Rolle für das neue System zukam, haben diejenigen deutlicher gespürt, die in der DDR zur äußerlich angepassten Mehrheit gehört hatten. Je mehr das „normale“ Leben in der DDR delegitimiert wurde, umso legitimer musste die pauschale Übernahme der bundesrepublikanischen Verhältnisse in Ostdeutschland erscheinen. So konnte dann auch die Forderung nach einer gesamtdeutschen Verfassungsdebatte beiseitegeschoben werden. Die ersten, die den Heldengeschichten über Bürgerrechtler skeptisch gegenüberstanden, waren diejenigen 95 Prozent der früheren DDR-Bürger, die weder auf der Täter-, noch auf der Opferseite gestanden hatten.

Als sich ab 2015 die „Flüchtlingskrise“ zu einer akuten Vertrauenskrise in die Glaubwürdigkeit von Politik und Medien ausgeweitet hatte, ging alles ganz schnell: Gerade jetzt, als man moralisch integre und politisch unabhängige Personen dringend gebraucht hätte, um aus einem die Demokratie gefährdenden Vertrauensschwund zwischen Regierten und Regierenden herauszufinden, wurden frühere Bürgerrechtler reihenweise diffamiert. Oft genau wegen jenem Tun, das ihnen 1989 und 1990 eine hohe Anerkennung gebracht hatte: Weil sie das Gespräch mit „den anderen“ gesucht hatten. Nach der einfältigen Kontaktschuld-Logik wurden sie nun reflexartig jenen zugeordnet, mit denen sie gesprochen hatten. Das war schockierend für all jene Bürgerrechtler, die 1989 das getan hatten, was eine friedliche Revolution ausmacht: Mit den anderen reden. Keinem von uns, der mit SED-Funktionären und Stasi-Offizieren verhandelt hatte, war bislang eine Nähe zum DDR-System vorgehalten worden. Anders jetzt: Wer das Gespräch mit Pegida-Demonstranten oder „Neuen Rechten“ (die sich übrigens gerade deswegen so nennen, weil sie mit den alten Rechten, den Nazis, nichts zu tun haben wollen) gesucht hatte; wer dafür geworben hatte, ihnen zuzuhören, wurde als „rechtsradikal“ oder gleich als „Nazi“ gebrandmarkt. Wenn er ein früherer Bürgerrechtler war, dann fiel die Diffamierung besonders grobschlächtig aus, so als hätten die Medien und manche Politiker ihre jahrelange Überhöhung der Bürgerrechtler „wiedergutmachen“ müssen, indem sie diese nun schlechtmachten. Eine soziale Gruppe im freien Fall – und die Fallhöhe war hoch!

Die Struktur der Diffamierung        

Da ich selbst zu jenen gehöre, die, weil sie mit und vor Rechten gesprochen hatten, fortan als „rechts-außen“ eingruppiert und ausgegrenzt wurden, bekam ich es deutlich zu spüren: Wenn man solches als früherer Bürgerrechtler tut, fallen Diffamierung und Dämonisierung bei weitem drastischer aus, als wenn man diese Vorgeschichte nicht hat. In einem Gespräch mit linken Freunden erfuhr ich jüngst von der in den Schulen der political correctness kommunizierten Schmuckfedertheorie: Wenn ich bei „Neuen Rechten“ spreche oder in deren Zeitschriften schreibe, spiele es in der Außenwahrnehmung keine Rolle, was ich dort sage oder schreibe – sondern nur wo ich dies tue. Dass ich die Gelegenheit nutze, gerade dort meine Argumente gegen sozialdarwinistische Ideen vorzubringen, welche ein zentraler Bestandteil der Nazi-Ideologie waren, wird nicht gesehen. Was gesehen wird, ist, dass die Rechten mich „als Schmuckfeder benutzen“, um ihre Seminare oder Zeitschriften mit meiner Bürgerrechtler-Biographie aufzuwerten.

Oft sind diese Tugendwächter gerade diejenigen, die selber in den Kategorien von „benutzen“ denken. Denn in solchen Momenten müssen sie feststellen, dass der Betreffende fortan für ihre (linken) Zwecke wohl nicht mehr „benutzbar“ ist. Schließlich gilt: Wer auch bei Rechten schreibt, darf künftig nur noch bei Rechten schreiben. Entscheidend ist hier aber etwas anderes: Die Logik der Schmuckfedertheorie will den als „Schmuckfeder“ geltenden für die anderen „unbenutzbar“ machen. Der Eifer bei der Diffamierung der auch „nach rechts offenen“ Bürgerrechtler folgt dem Bestreben, aus Schmuckfedern Schmutzfedern zu machen.

Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass die Diffamierungskampagnen zwar darauf aus sind, die Bürgerrechtler-Szene zu spalten – und dennoch beide Lager zugleich diskreditieren. Sowohl in Konstantin von Hammersteins Spiegel-Artikel „Was für Helden“ vom 7. Januar 2018 als auch in Gabor Halaszs Panorama-Beitrag „Vom SED-Gegner zum Corona-Leugner“ vom 26. November 2020 ist dasselbe Prinzip erkennbar: Die einen werden diskreditiert, indem ihnen pauschal „rechtes Gedankengut“ untergeschoben wird; die anderen werden nicht minder diskreditiert, indem ihre öffentliche Entsolidarisierung von früheren Weggefährten präsentiert wird – und sie damit als Menschen mit charakterlichen Defiziten vorgeführt werden. Einigen wurde es freigestellt, ob sie auf diese oder auf jene Weise gedemütigt werden wollen. Vera Lengsfeld hat das während des Panorama-Interviews klar erkannt und im letzten Moment die Reißleine gezogen.

Braucht unsere Gesellschaft Bürgerrechtler?

Auch wenn es viele vergessen haben: Keiner von uns hat sich zur DDR-Zeit als „Bürgerrechtler“ bezeichnet. Wir gehörten zu systemkritischen Bewegungen; zu Friedens- oder Umweltgruppen, manche auch zu Menschenrechtsinitiativen. Meist nannten wir uns „Oppositionelle“, aber auch das war in der Szene umstritten. Manche wollten den Sozialismus verbessern, manche nach einem „Dritten Weg“ suchen, manche wollten Teil der Bundesrepublik werden. Der Begriff „Bürgerrechtler“ ist eine wohl aus dem Amerikanischen kommende Fremdzuschreibung, die erst im Laufe der 89er Revolution über die westlichen Medien in die DDR transportiert wurde.

Worauf bezieht sich dieser Begriff? Was sind eigentlich Bürgerrechte? Das sind nämlich gerade nicht Abwehrrechte der Bürger gegen den Staat, als die sie von Bürgerrechtsbewegungen oft missverstanden werden. Hier sind eher die Menschenrechte gemeint, die jeder Mensch unabhängig von seiner Staatsbürgerschaft besitzt. Bürgerrechte hingegen sind solche Rechte, die sich auf das Verhältnis zwischen Bürger und Staat beziehen. Und hier hatte tatsächlich das Neue Forum angesetzt, als es seinen ersten Aufruf vom September 1989 mit den Worten begann: „In unserem Land ist die Kommunikation zwischen Staat und Gesellschaft offensichtlich gestört.“ Doch im weiteren Verlauf der Friedlichen Revolution ging es bald um einen neuen Staat und nicht um eine Heilung der Beziehungen der Gesellschaft zum bestehenden Staat.

Anders hier und heute: Jetzt geht es nicht um einen anderen Staat, sondern um die Heilung einer tiefen Beziehungsstörung zwischen dem Staat und einem Großteil seiner Staatsbürger. Nachdem die Kritiker und Skeptiker der 2015er Willkommenskultur von Politik und Medien unisono als „Rechtsradikale“, „Rassisten“ und als „Nazis“ dämonisiert worden waren, war – zumindest in weiten Teilen Ostdeutschlands – die Vertrauensbasis zwischen Staat und Bürgern zerrüttet. Genau jene Vertrauensbasis, ohne die eine Demokratie nicht auf Dauer lebensfähig ist. Wir stehen seither vor einem Scherbenhaufen. Und der kann nur gekittet werden, wenn auch die Fragmente der anderen Seite als zugehörig angesehen werden – zugehörig zu einem gemeinsamen Ganzen. Wer sich dieser Aufgabe annähme, müsste verbinden, statt trennen. Genau dafür hätten wir ab 2015 wieder Bürgerrechtler gebraucht, und zwar Bürgerrechtler, die sich um den Gegenstand der Bürgerrechte bemühen: Das Verhältnis zwischen Bürger und Staat.

Dass die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie im Jahr 2020 auf so breite Ablehnung stießen, hatte nicht nur damit zu tun, dass uns wichtige Basisinformationen vorenthalten wurden. Es hatte auch nicht nur damit zu tun, dass vorsätzlich Panik geschürt wurde und viele der Maßnahmen in sich nicht logisch und zielführend waren. Der entscheidende Grund war die noch immer bestehende Vertrauenskrise in den „politisch-medialen Komplex“ (Jörg Bernig). Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht. Und das ist der größte anzunehmende Unfall in einer Demokratie: Wenn es plötzlich ernst wird, während keine tragfähige Vertrauensbasis zwischen Bürgern und Staat existiert. Wenn es ernst wird, während das politische Personal der Spaßgesellschaft an coolen Auftritten feilt. Eigentlich ist es logisch, dass man in der Not nach alternativen Erklärungen sucht, wenn man den offiziellen Erklärungen nicht vertraut. Auch hier wäre ein auf soziale Heilung abzielender öffentlicher Dialog an der Tagesordnung gewesen. Doch man zog es vor, die Skeptiker pauschal als „Verschwörungstheoretiker“ und „Nazis“ zu stigmatisieren. Und wieder standen wir vor dem Scherbenhaufen einer neuen, tiefen Vertrauenskrise.

In ähnlicher Weise erleben wir heute eine Einschüchterung und Dämonisierung der Skeptiker, wenn es um die Fragen von Kriegsbeteiligung und unser Verhältnis zu Russland geht. Jetzt schon in der Weise, dass die Verfechter von „Schwerter zu Pflugscharen“ schweigsamer sind, als sie es in der DDR waren. Es mag ja sein, dass heute andere Antworten angezeigt sind. Aber waren die Erkenntnisse des „Nie wieder Krieg“ oder die Absage an eine „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“, zumal in nationalistischer Ausprägung, alle nichts wert? Sollten sich Bürgerrechtler heute nicht auch bei jenen einfinden, die „Diplomaten statt Granaten“ fordern? Wie kommt es, dass dort keiner von uns zu sehen ist?

Vertrauenskrise und soziale Heilung

Was ist damit erreicht, wenn nun abermals die Autorität der Bürgerrechtler untergraben wird? Wir brauchen glaubwürdige Vermittler und vertrauenswürdige Moderatoren. Der Schlüssel für eine soziale Heilung liegt nicht bei denen, die Vertrauen zerstört haben. Jetzt werden Menschen gebraucht, die einmal um der Allgemeinheit willen ein Wagnis eingegangen sind, das ihre eigene Karriere gefährdet hat. Wir brauchen Menschen, die Mut zum Brücken bauen haben, anstatt sich in der angstvollen Ab- und Ausgrenzung zu profilieren. Wir brauchen Menschen, die am Verstehen interessiert sind, statt an absoluten Urteilen. Wir brauchen Bürgerrechtler – und nicht „ehemalige Bürgerrechtler“! Vielleicht ist genau dies der Grund für die infamen Diffamierungskampagnen der letzten Jahre? Hat man Angst davor, dass aus ehemaligen Bürgerrechtlern jetzt Bürgerrechtler werden? Solche, die sich mit Jüngeren verbünden und eine neue Bürgerrechtsbewegung begründen? Eine Bürgerrechtsbewegung, die die Kommunikation zwischen Staat und Gesellschaft wieder in Gang bringt; eine, die soziale Heilung bewirkt? Was wäre denn so gefährlich daran, wenn die Basis der Demokratie wieder erstarkt – nämlich ein belastbares Vertrauensverhältnis zwischen Staat und Staatsbürgern?

Unter normalen Verhältnissen fungieren die Medien als Mittler zwischen Staat und Gesellschaft. Doch nach der in den letzten Jahren praktizierten, inhaltlich gleichgerichteten und im Ton erzieherischen Berichterstattung der nachfrageunabhängig finanzierten Medien durch überwiegend selbstgefällige, auf Skandalisierung konditionierte Journalisten, sind die öffentlichen Medien zum Teil des Problems geworden. Auch hier werden dringend glaubwürdige Akteure gebraucht, die die Publizistik nicht aus Agitationsinteresse, sondern aus Erkenntnisinteresse betreiben. Solche, die nicht permanent eine mangelnde Ab- und Ausgrenzung tadeln, sondern die wohlwollend darüber berichten, wenn sich Vertreter entgegenstehender politischer Richtungen als Menschen begegnen. Für die Zeit, bis sich die nicht ganz zu Unrecht als „Systemmedien“ bezeichneten Institutionen glaubhaft erneuert haben, könnten Bürgerrechtler im Zusammenwirken mit „alternativen Medien“ eine hilfreiche Rolle spielen.

Erinnerungskultur mit Gegenwartsbezug

Die Bürgerrechtler der DDR sind zumeist Menschen, die von der Stasi mit den sogenannten „Zersetzungsmaßnahmen“ verfolgt wurden. Das war eine Art Bestrafung ohne Urteil, die jenseits des Strafprozessrechts verdeckt umgesetzt wurde. In der Mielke-Richtlinie 1/76 war genau festgelegt, wie die „systematische Diskreditierung des öffentliches Rufes“ und die „systematische Organisierung beruflicher Mißerfolge“ auszuführen war. Wer solches erlebt hat, weiß, wie es sich anfühlt, wenn man aus politischen Gründen mit Rufmord und beruflicher Existenzvernichtung konfrontiert wird. Wer nun ähnliches wieder erlebt, wird natürlich Vergleiche anstellen.

Auch die Glaubwürdigkeit der Erinnerungskultur hängt davon ab, ob wir offen aussprechen, was war – und was ist. Der Herbst 1989 ist die Geschichte der Bürgerrechtler. Es ist unsere gemeinsame Geschichte. Wir müssen diese Geschichte in Ehren halten. Wenn heute die Erinnerung an den Herbst 89 von Linksextremen mit dem Aufruf „Keine Kerze für Deutschland“ torpediert wird, dann dürfen wir uns nicht in das Lager des autoaggressiven Nationalismus der Antideutschen treiben lassen. Wir wollten ein nach innen demokratisches und nach außen friedfertiges, kooperatives Deutschland. Dass dieses Land auch souverän sein müsse, glaubten wir damals nicht extra betonen zu müssen. Wir wollten das Beste machen aus diesem, unserem Land. Wir wollten uns einbringen.

Als wir riefen „Wir sind das Volk!“ konnte sich keiner von uns vorstellen, dass wir deswegen einmal als „völkisch“ diffamiert werden könnten. So etwas wäre nicht einmal der Stasi eingefallen. Und als wir – zumindest etliche von uns – mitriefen „Wir sind ein Volk!“, hatten wir die Deutsche Einheit zwischen West und Ost im Sinn. Niemand von uns hätte damals geglaubt, dass der parteipolitische Verdrängungswettbewerb und die mediale Verengung des „Gesinnungskorridors“ einmal derart die Bevölkerung spalten könnten, dass der Ruf „Wir sind ein Volk!“ in einer anderen Bedeutung neue Aktualität bekommt: Heute ist unsere Gesellschaft soweit gespalten, fragmentiert und gegeneinander aufgewiegelt, dass die Demokratie in Gefahr gerät. Es ist Zeit, daran zu erinnern, dass wir „ein Volk“ in dem Sinne sind, was die Soziologen „Sozialkörper“ nennen: Ein Organismus, dessen „Organe“ gerade deswegen zusammenwirken, weil sie verschieden sind. Wir hatten ein Demokratieverständnis, das davon ausging, dass zu einer demokratischen Gesellschaft immer auch die jeweils anderen mit dazugehören. Wir waren davon ausgegangen, dass in einer Demokratie das rechte Spektrum, soweit es nicht rechtsextrem ist, genauso legitim ist wie das linke Spektrum, soweit dies nicht linksextrem ist.

Was können „wir Bürgerrechtler“ aus der aktuellen Situation lernen? Die Verfechter der Schmuckfedertheorie und der Kontaktschuld-Logik wollen uns – mit den Stasi-Methoden der „Zersetzungsmaßnahmen“ – empfindlich bestrafen, wenn wir es wagen, einen Dialog über die politischen Gräben hinweg zu führen oder zu moderieren. Wer auf die Ausgegrenzten zugeht, wird selber ausgegrenzt. Um aus dieser Falle herauszukommen, müssen wir uns als souveräne Bürger zeigen, die sehr wohl dazu in der Lage sind, mit den anderen unverkrampft zu kommunizieren, ohne dabei ein Teil von ihnen zu werden. Wir müssen uns als souveräne Bürger zeigen, die sich nicht von den politisch-medialen Stimmungsmachern vorschreiben lassen, was sie zu tun und wie sie zu denken haben.

Lasst uns mündige Bürger sein, indem wir uns gegenseitig die Souveränität zur je eigenen Urteilsbildung zugestehen. Lasst uns dennoch untereinander solidarisch sein! Der mediale Angriff auf die Bürgerrechtler gilt nicht nur einigen von uns, er betrifft uns alle. Wenn wir unsere Glaubwürdigkeit als Bürgerrechtler behalten wollen, so müssen wir uns einbringen. Auch heute.

Michael Beleites, geb. 1964 in Halle/Saale, hat 1988 mit seiner Untergrundschrift „Pechblende“ die ökologischen und gesundheitlichen Gefahren des Uranbergbaus in der DDR öffentlich gemacht. 1989 und 1990 war er für das Neue Forum Mitglied des Bürgerkomitees zur Stasi-Auflösung in Gera und als Berater am Zentralen Runden Tisch in Ost-Berlin. In seinem Buch „Untergrund“ (1991) dokumentierte Beleites seinen Konflikt mit der Stasi, aber zugleich auch einen bislang einmaligen Dialog mit den für seine Verfolgung verantwortlichen Stasi-Offizieren. Von 2000 bis 2010 war er Sächsischer Landesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen, seit 2011 lebt Michael Beleites als Gärtner und Publizist in Blankenstein bei Dresden. http://www.michael-beleites.de/



Unabhängiger Journalismus ist zeitaufwendig

Dieser Blog ist ein Ein-Frau-Unternehmen. Wenn Sie meine Arbeit unterstützen wollen, nutzen Sie dazu meine Kontoverbindung oder PayPal:
Vera Lengsfeld
IBAN: DE55 3101 0833 3114 0722 20
Bic: SCFBDE33XXX

oder per PayPal:
Vera Lengsfeld unterstützen