Das politische Feigheitstheater

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Was wir am vergangenen Donnerstag im Bundesrat an Feigheit und Heuchelei bei Politikern erlebt haben, die immerhin für ein Land verantwortlich sind, geht auf keine Kuhhaut, wie der Volksmund sagen würde, wenn es ihn noch gäbe.
Da wurde ein vom Bundestag beschlossenes Gesetz im Bundesrat durchgewinkt, mit dem die verfassungsrechtliche festgeschriebene Länderhoheit ausgehebelt wird, die dort verankert wurde, um zu verhindern, dass in Deutschland wieder eine Zentralmacht entsteht. Die beteiligten Landesfürsten, die sich damit selbst entmannten, wollten aber irgendwie nicht als das, was sie sind, wahrgenommen werden: feige, verantwortungsscheue Opportunisten. Deshalb machten sie den Bundesrat zur Tribüne, um der Öffentlichkeit Widerständigkeit vorzuspielen.

Aber keiner von ihnen, hat das Gesetz gestoppt. Man hätte es in den Vermittlungsausschuss befördern und alle Kritikpunkte, die von den Ministerpräsidenten vorgetragen wurden, verhandeln können.
Aber nein, außer heuchlerischem Affentheater passierte im Bundesrat nichts.

Den Tiefpunkt politischer Inkompetenz markierte Sachsen-Anhalts MP Reiner Haseloff:

„Lassen Sie mich abschließend persönlich zum Ausdruck bringen: Der heutige Tag ist für mich ein Tiefpunkt in der föderalen Kultur der Bundesrepublik Deutschland.“

Warum er dennoch nichts unternahm, ließ er im Dunklen.
Niedersachens MP Weil wußte sogar, warum es sich um einen Tiefpunkt der förderalen Kultur handelt:

„Wir wissen alle, dass die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung fraglich ist.“ Und: „Es ist in der Tat so, dass ein Abwägungsverbot bei Grundrechtseingriffen diese hohe Hürde (vor dem Verfassungsgericht) nehmen muss.“
Deutlicher kann man die MPs nicht entlarven, als Weil es tat. Sie beschlossen ein Gesetz, von dem sie wußten, dass es nicht verfassungsgemäß ist. Sie verieten also en passant ihren Amtseid.
Auch Hessens Ministerpräsident Bouffier widersprach. In Hessen gebe es so etwas wie den Bundeslockdown bereits auf Landesebene als „Ultima ratio“. Nun werde sie aber bundesweit einheitlich vorgeschrieben. Eine Abwägung könne nicht mehr stattfinden. Und stimmte zu.

In der Aufzählung darf auch Candy-Crush-Fan Bodo Ramelow aus Thüringen nicht fehlen. Er hatte sich, wenn ihm sein Lieblingsspiel in der Ministerpräsidentenrunde dazu Zeit ließ, bereits zum Meister der Protokollnotiz entwickelt, in der er vorsorglich festhalten ließ, womit er nicht einverstanden ist, was er dann mit seinen Kollegen doch beschloß. Auch diesmal verkündete er in den Thüringer Medien, er hätte in einer Protokollnotiz festgehalten, dass er nicht einsähe, warum laut Bundesnotbremse Kinder und Jugendliche keinen Mannschaftssport im Freien betreiben dürften. Kämpfen, um diese unsinnige Regelung zu fall zu bringen? Fehlanzeige!
Ramelow hat sich schon bedenklich dem Kanzlerinnen-Kauderwelsch angenähert, wenn er außerdem zu Protokoll gab:

„Warum ich (die Gedenkstätten) Buchenwald und Dora zumachen soll, warum ich der Logik der Wissenschaftler folgen soll, die sagen ‚draußen ist die Infektionsgefahr zwanzigmal niedriger als drinnen, das verstehe ich einfach nicht. Das ist für mich einfach ein Widerspruch, den ich nicht nachvollziehen kann.“

Wir können nicht nachvollziehen, was er gemeint haben könnte, aber Klartext ist von einem Politiker nicht zu erwarten, denn das würde bedeuten, dass er sich festlegt.

Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans (CDU), der immerhin versucht hat, seinen Landkreis zur Modellregion zu machen, darf seine Hände in Unschuld waschen. Man müsse doch fragen, so sagte er im Bundesrat:
„Wollen wir immer wieder stereotyp mit Lockdown antworten, mit Kontaktverboten oder Ausgangsbeschränkungen?…Wir brauchen etwas, was nicht auf Dauer ewig Handel, Gewerbe, Kultur und Menschen insgesamt diesem Hin und Her aussetzt.“

Auch dieser verbale Tiger ist als Bettvorleger gelandet.

Das sind die Figuren, die Macht über uns ausüben, die uns mit Vorschriften gängeln, sich um die wahren Probleme drücken und sich selbst als Eliten sehen. Wahrlich, ein Land, das solche Eliten hat, braucht keine Feinde mehr.

Für diese Leute forderte Bundespräsident Steinmeier Respekt ein. Steinmeier weiß nicht, oder hat jedenfalls vergessen, dass man Respekt nicht fordern, sondern sich nur verdienen kann. Verdient haben sich die Ministerpräsidenten aber nur Verachtung. Sie sind zu feige, zu handeln, aber bauen verbal vor, falls es, wie sie deutlich zu spüren scheinen, mal anders kommt.
Um mit Uwe Steimle zu schließen: Wir sind nicht nachtragend, aber wir vergessen nichts.
Wir wollen am Ende nicht hören, dass unsere Politiker uns doch alle geliebt haben!



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