Von Gastautor Dr. Marcus Jacob
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sind im Dezember 2020 9.907 Menschen in Sachsen verstorben. Damit liegt die Sterbezahl mehr als doppelt so hoch als im Vorjahresmonat. Im Dezember 2019 starben in Sachsen 4.937 Menschen, so dass insgesamt 4.970 Menschen mehr starben als statistisch zu erwarten gewesen wären.
Diese dramatische und seit Vorliegen der elektronischen Aufzeichnungen im Jahr 1980 in dieser Höhe bislang nicht aufgetretene Übersterblichkeit habe ich zum Anlass genommen, die vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Zahlen des Jahres 2020 einmal mit den Durchschnittszahlen der Jahre 2016-2019 zu vergleichen und sogleich die gemeldeten Corona-Todesfälle in die Betrachtung mit aufzunehmen.
Vergleich der Monatszahlen 2020 mit den durchschnittlichen Monatszahlen 2016 bis 2019
In den Jahren 2016 bis 2019 verstarben in Sachsen im jährlichen Durchschnitt 54.814 Menschen, davon 7.423 Menschen unter 65 Jahren und 47.391 über 65 Jahren. Dies ergibt eine monatliche durchschnittliche Sterbezahl über diese vier Referenzjahre von 4.568 über alle Altersgruppen und 619 unter 65 Jährigen sowie 3.949 über 65 Jährigen.
Da die Sterbezahlen in den Einzelmonaten eines Jahres leichte Unterschiede aufweist (Schwerpunkt liegt eher in den Wintermonaten), habe ich für eine Analyse der Zahlen jeweils die tatsächlichen monatlichen Sterbezahlen 2020 mit den durchschnittlichen monatlichen Sterbezahlen der Jahre 2016 – 2019 verglichen.
Hieraus ergibt sich folgendes Bild:
Vom 01.01.-31.10.2020 starben in Sachsen 40.086 Menschen über 65 Jahren. Der Durchschnittswert der Jahre 2016-2019 für diese Alterskohorte beträgt 39.299 Menschen, so dass sich hier bis 31.10.2020 eine leichte Übersterblichkeit von 2,00 % feststellen lässt. Da diese Alterskohorte in Sachsen aber gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 2016-2019 um 2,45% gestiegen ist, ergibt sich insoweit bis dahin eher eine leichte Untersterblichkeit ggü. den Vorjahren.
Aus der Altersgruppe bis 65 Lebensjahren starben bis 31.10.2020 5.877 Menschen und damit 362 weniger als im Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019. Dies entspricht einem Rückgang um 5,56% und liegt damit höher als die Reduzierung dieser Alterskohorte ggü. dem Referenzzeitraum in Höhe von 0,99%. Damit weist auch diese Alterskohorte bis 31.10.2020 eine leichte Untersterblichkeit auf und führt bis dahin zu statistisch völlig unauffälligen Ergebnissen.
Eine völlig andere Würdigung ergeben die Zahlen in den Monaten November und Dezember 2020.
Im November 2020 starben in Sachsen insgesamt 6.165 Menschen und damit 1.737 mehr als im Durchschnitt des Vergleichsmonats November 2016 bis 2019. Dies entspricht einer erhöhten Sterberate von 39,23%. In der Alterskohorte bis 65 Lebensjahre betrug der Anstieg 7,75% und in der Alterskohorte über 65 sogar 44,07%.
Im Dezember 2020 ist der Anstieg sogar noch erheblicher. Im Durschnitt der Jahre 2016 bis 2019 verstarben in Sachsen 4.865 Menschen, davon 610 bis 65 und 4.255 mit einem Alter von über 65 Jahren.
Dem gegenüber steht eine Sterbezahl von 9.907 Menschen im Dezember 2020, davon 821 bis 65 und 9.086 über 65 Jahren. Dies entspricht einer absoluten Differenz von 5.043 ggü. dem zu erwartenden Durchschnittswert bzw. 113,56% relativ zum Durchschnitt der vergangenen Jahre. Dabei ergibt sich erstmals auch für die Alterskohorte bis 65 Jahre eine signifikante Steigerung von 821 Gestorbenen ggü. 610 im Vergleichszeitraum der Vorjahre bzw. 34,59% relative Erhöhung. Bei der Altersgruppe über 65 Lebensjahre starben 4.832 Menschen mehr als im Durchschnittsdezember der Vorjahre mit 4.255, das sind relativ 103,66%.
Nun könnte man zu der vereinfachten Schlussfolgerung gelangen, diese bislang noch nicht beobachtete enorme Erhöhung der Sterblichkeitszahlen auf die insbesondere in den Monaten November und Dezember 2020 in Sachsen grasierende Coronaviruspandemie zurückzuführen. Um dessen Einfluss auf die Sterblichkeitsraten in diesen Monaten zu separieren, habe ich die für Sachsen gemeldeten CoronaTodesfälle in die Auswertung eingearbeitet.
Danach ergeben sich für den Monat November 643 gemeldete Todesfälle in Sachsen in Zusammenhang mit einer Coronainfektion, für den Monat Dezember betrugen die gemeldeten Todesfälle 2.275.
Leider liegen keine veröffentlichten Zahlen für die jeweiligen Alterskohorten für den Freistaat Sachsen vor, so dass ich ausgehend von den deutschlandweiten Zahlen diese auf 95% für die Alterskohorte über 65 und 5% für die Alterskohorte unter 65 schätzweise aufgeteilt habe.
Wenn man nun weiter annimmt, dass die gemeldeten Todesfälle in Zusammenhang mit einer Coronainfektion ausschließlich an Corona verstorben sind und ansonsten noch leben würden, so müssten diese Zahlen annähernd der Übersterblichkeit in den Monaten November und Dezember entsprechen. Geht man eher davon aus, dass ein Teil der in Zusammenhang mit einer Coronainfektion verstorbenen Menschen auch ohne diese Infektion verstorben wäre, so müsste eine Übersterblichkeit erwartet werden, die absolut gesehen geringer ausfallen müsste als die absoluten Corona-Verstorbenen.
Die Zahlenauswertung ergibt jedoch ein völlig anderes, nicht zu erwartendes Bild:
Für den Monat November hätte sich aufgrund der gemeldeten Corona-Todesfälle nur eine Übersterblichkeit von 15,92% einstellen dürfen, stattdessen betrug die Übersterblichkeit 44,07%. Für den Monat Dezember hätte sich aufgrund der gemeldeten Todesfälle von 2.275 eine Übersterblichkeit von maximal 50,80 % einstellen dürfen. Stattdessen ergab sich für den Dezember eine Übersterblichkeit von 113,56% und damit ein wesentlich höherer Wert als in einer Kausalität zu einer Coronainfektion steht.
Mögliche Deutungen der Ergebnisse
Die seit Vorliegen entsprechender elektronischer Daten seit 1980 noch nie in dieser Größenordnung
beobachtete erhebliche Übersterblichkeit In Sachsen in den Monaten November und Dezember 2020
kann zum Teil auf das Auftreten von Coronatodesfällen zurückgeführt werden. Wenn aber dies die
alleinige Ursache für die zu verzeichnende Übersterblichkeit gewesen wäre, so hätte die Höhe der absoluten Coronatodeszahlen auch die maximale absolute Übersterblichkeit betragen dürfen. Da diese aber signifikant sogar mehr als doppelt so hoch ausfällt als die gemeldete Coronatodeszahl, müssen andere Ursachen wesentlich höher zu diesem Anstieg beigetragen haben.
So könnte der in den Monaten November und Dezember wiedereingeführte und zum Teil erheblich ausgeweitete Lockdown mit seiner Einschränkung der sozialen Kontakte, der Vereinsamung, der Reduzierung der Arztbesuche usw. sogar eine größere Anzahl von Todesfällen als Ursache haben als das Coronavirus selbst. Hierzu bedarf es selbstverständlich weiterer wissenschaftlicher Untersuchungen.
Eines lässt sich aber anhand der statistischen Daten für November und Dezember 2020 in Sachsen bereits erkennen. Das Ziel, durch gezielte Maßnahmen eine Übersterblichkeit zu verhindern, hat man in einem bislang nicht zu verzeichnenden Ausmaß verfehlt.
Quellen: