Sehr geehrter Herr Minister Altmaier,
mit großer Freude habe ich gelesen, dass Sie die Energiewende nicht für vollends gelungen halten. So geht es nicht nur Ihnen, dieser Verdacht ist dem einen oder anderen Bürger bereits auch schon gekommen.
Sie bemängeln, dass der Versuch, den Klimaschutz in einer gemeinsamen Kraftanstrengung der wichtigen Staaten zu erreichen, nichts Durchgreifendes gebracht habe. Daher wolle nun die EU eine Vorreiterrolle übernehmen. Dafür müsse die Industrie auf Kohle, Öl und Erdgas verzichten.
Sie erwähnen dabei insbesondere die Stahlindustrie: „An der Stahlindustrie wird sich – als Paradebeispiel einer energieintensiven Industrie – zeigen, ob es uns gelingt, Klimaschutz und hochwertige Industrie in Europa zusammenzubringen“. Dabei meinen Sie, eine Lösung bereits parat zu haben: „Grüner Wasserstoff“. Die Probleme und Gefahren, die es dabei gibt – Sie haben sicherlich die eindrucksvollen Bilder des Hindenburg-Infernos vor Augen? – erörtern Sie leider nicht.
Ebenso wenig geben Sie einen genauen Zeitplan, wann welche Unternehmen eine zuverlässige Wasserstoffversorgung erhalten werden und zu welchen Preisen. Immerhin ist Ihnen klar, dass es teuer wird, sehr teuer sogar.
Damit die Produktion von Stahl nicht in Länder abwandere, die viel geringere Umweltauflagen hätten, sei ein gemeinsames Handeln von Unternehmen und Staat notwendig; Wirtschaft und Politik sollten sich unterhaken. Die EU würde bereits Mechanismen diskutieren, um den Import von Waren, bei denen viele Treibhausgase entstünden, zu verteuern.
Sie haben wirklich recht, Unternehmen und Staat müssen gemeinsam Lösungen suchen. Daher möchte ich Sie ganz herzlich einladen, einen Mandanten von mir – eine Gießerei – zu besuchen! Sicherlich wird ein Besuch eines aktiven Hochofens mit Menschen, die noch von Hand daran arbeiten müssen, ein interessantes Erlebnis für Sie werden. Auch hochsommerliche Temperaturen verlieren dann ihren Schrecken. Dieses seit 125 Jahren bestehende Familienunternehmen ist unmittelbar von den Auswirkungen der Energiewende betroffen, das Schmelzen und Bearbeiten von Eisenerzen ist ebenso energieintensiv wie die Stahlindustrie und auch ebenso wichtig, denn viele Maschinen würden ohne oft maßgefertigte Gussteile stillstehen.
Schon vor Corona hing das wirtschaftliche Leben zunehmend am seidenen Faden, nicht nur wegen der Konkurrenz aus China. Auch die europäische Konkurrenz kann günstiger produzieren, selbst dort, wo die Löhne ebenfalls hoch sind. In vielen Ländern, so bei unserem Nachbarn Frankreich, werden große Teile derartiger Industrieproduktionen mit wunderbar CO2-neutralem „Atomstrom“ betrieben. Über diese und andere innereuropäische Wettbewerbsverzerrungen zum Nachteil Deutschlands und die realen Folgen der Energiewende können wir uns gerne gemeinsam unterhalten.
Haken wir uns unter – Kaffee und Kekse gibt es gratis dazu!
Mit freundlichen Grüßen
Annette Heinisch
Rechtsanwältin