Den Sozialismus in seinem Lauf…

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Von Gastautor Michael Wolski

Bei meiner Wochenendlektüre stieß ich auf diese Drucksache des Bundestages vom 9. April 2020. Der wissenschaftliche Dienst befasste sich unter der Überschrift „Verfassungsmäßigkeit einer Vermögensabgabe zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie“ mit den rechtlichen Möglichkeiten, den Besitzenden zusätzlich in die Tasche zu greifen.

Doch damit nicht genug. Saskia Esken, SPD-Parteivorsitzende, spricht von Steuererhöhungen bei  Besserverdienern. Wer dazu zählt, hat sie noch nicht kundgetan. Zur Erinnerung: Bei einem zu versteuernden Jahres-Bruttoeinkommen von 60.000 €, also 5.000 € monatlichem Gehalt (als Alleinstehender) sind heute 11.851 € Lohnsteuer sowie 652 € Soli fällig. Gehaltsempfänger mit einem Einkommen in dieser Höhe müssen den überwiegenden Teil der verbleibenden etwa 28.000 Euro (nach Abzug von Sozialversicherungen und der Miete) in den Konsum stecken.

Schaut man sich die historischen Daten zur Mehrwert- und Mineralölsteuer an, so stellt man fest, dass sich die Mehrwertsteuer seit Frühjahr 1968 von 10% auf jetzt 19% erhöht hat, also fast verdoppelte. Der fixe Steueranteil pro verkauftem Liter Benzin betrug noch 1990 nur 26 Eurocent, jetzt liegt er bei 65,45 Eurocent, hat sich also fast verdreifacht. Beim Verkauf eines Liters Benzin zum Preis von 1,10 € beträgt somit der Steueranteil 83,05 Eurocent.

Dann las ich noch diese Mitteilung der DZBank: “Corona” trifft Konsum, Löhne und Einkommen der privaten Haushalte schwer. Die Bank analysiert die wirtschaftliche Lage in den wichtigsten Ländern der EU und den USA und kommt zu düsteren Prognosen. Der Konsum bricht ein, die Arbeitslosigkeit steigt, die Bürger müssen mehr sparen um auf schlechte Zeiten vorbereitet zu sein.

Also kann Frau Esken bei denjenigen, die als Alleinstehende max. 60.000 € Jahresbrutto haben, die Steuern nur noch wenig anheben. Denn eingedenk des Sprichworts: Man soll dem Esel, der da drischt, das Maul nicht verbinden, könnte der deutsche Esel sonst die Lust an der Arbeit verlieren.

Denn diejenigen, sie es sich als Kunde beim Jobcenter gut eingerichtet haben, erhalten Wohnung und Krankenkasse sowie 432 € Stütze zum Lebensunterhalt – ohne Arbeit. Das monatliche Paket für einen Grundsicherungsempfänger kann mit etwa 1.200 Euro beziffert werden, rechnet man die Vergünstigungen im ÖPNV, bei GEZ und Kultur mit ein. Ich habe bei dieser Rechnung die Mindestkosten für einen Selbstständigen i. H.v. 165 € für seine gesetzliche Krankenversicherung und 32 € für die Pflegeversicherung angesetzt, sowie 500 € für die Warmmiete. Der Staat zahlt weniger für die GKV und Pflegeversicherung an die Kassen, aber die Leistungen im Krankheitsfall sind identisch.

Anders sieht es aus beim Schröpfen derjenigen, die mehr verdienen („Besserverdienende“). Ihnen kann man sowohl die Steuern erhöhen als auch eine Vermögensabgabe auf ihr Haus auferlegen (schauen Sie bei Wikipedia unter Lastenausgleich). Jene Leser, die aus der DDR oder einem der sozialistischen Länder stammen, ist diese Gleichheit in Armut bekannt. Ich möchte dazu aus meinem Buch „1989 Mauerfall Berlin – Zufall oder Planung“ zitieren.

Als 1978 der sowjetische Botschafter Wladimir Semjonow in Bonn seinen Posten antrat, reiste er, für alle Medien gut sichtbar mit dem Schlafwagen an. Dann entlud man etwa 100 Bilder seiner Kunstsammlung und er ließ sich dann schon zwei Jahre später als Kunstmäzen in der Sammlung Ludwig in Köln feiern.

Ich beschreibe in diesem Zusammenhang die Einkommensstruktur in der Sowjetunion und man bekommt so einen guten Ausblick, was uns in der Zukunft hier in Deutschland erwartet. Bis zu 90% aller Menschen werden – wie damals in der DDR –  zukünftig mit einer geringen Netto-Lohn-Spreizung leben müssen (Verhältnis Chef zum Hilfsarbeiter).

War damals in der DDR dieser Gehaltskorridor staatlich vorgegeben, so wird man jetzt in der BRD durch die Besteuerung und Vermögensabgaben einen ähnlichen Effekt erreichen.

In der Sowjetunion betraf es fast 100% der Bürger mit dieser geringen Spreizung, nur hatte man da für die oberen 10% eine interessante Lösung mit Sonderversorgung gefunden, um nicht vom sozialistischen Dogma der Gleichheit abgehen zu müssen. Nicht zu vergessen: Es gab in den sozialistischen Ländern eine Arbeitspflicht, wer nicht arbeiten wollte wurde als „asoziales Element“ eingesperrt.

Zitate aus Teil 3, Kapitel 2,  Seiten 114-116: „Schon im 16. Monat nach seiner Akkreditierung in der Bundesrepublik wurde im Museum Ludwig in Köln unter großer öffentlicher Anteilnahme am 28. März 1980 die Ausstellung Russische Kunst aus der Sammlung Semjonow eröffnet.

Mit der Kunstausstellung sollte die Meinungsbildung der Intellektuellen und Besitzenden in der Bundesrepublik positiv beeinflusst werden. Deshalb konnte das mediale Ereignis nicht irgendeine Kunstausstellung sein, sondern musste mit der Person Semjonows verbunden werden und eine gedankliche Brücke zu Kostakis Sammlung der russischen Avantgarde schlagen. Semjonow und Kostakis – Brüder im Geiste! Diese Botschaft war für die überwiegend linken Intellektuellen bestimmt.

Aber noch wichtiger war: Ein Sowjetbotschafter, Besitzer einer hochwertigen Kunstsammlung, konnte anderen Besitzenden in der BRD auf Augenhöhe begegnen. Ein genialer Schachzug…

Auch war Privatbesitz bis zu Stalins Tod 1953 in höchstem Grade bürgerlich und dekadent. Das änderte sich zwar schrittweise in den späteren Jahren, aber Besitz von umstrittenen Bildern aus der Zeit der revolutionären Avantgarde? Nein, das ging nicht. Da war die Selbstzensur der Genossen zu groß.

Natürlich gab es auch Fragen, wie er bei seinem Gehalt diesen Kunstankauf finanziert haben will (eine Anspielung auf die KGB Asservaten-Kammern). Blickt man auf das egalitäre Entlohnungsprinzip in der UdSSR und anderen sozialistischen Ländern zurück, sind auch diese Fragen berechtigt.

Während in der DDR von einem Verhältnis von max. 1:9 bei minimalem zu maximalem Lohn/Gehalt gesprochen werden konnte, war das Verhältnis in der UdSSR nur etwa 1:5.

Das heißt, nominal bekam eine Hilfskraft 120 Rubel im Monat und ein Minister etwa 600 Rubel – also fünf Mal soviel. Man vergleiche mit heute: Der Chef der Deutschen Post erhält 232 Mal so viel wie seine Mitarbeiter, wie die ZEIT berichtete.

Um aus ideologischen Gründen den Anschein von Egalität zu wahren, hielten alle kommunistischen Parteien der sozialistischen Länder ihre Nomenklatura mit bestimmten, von außen nicht klar zu erkennenden Extras bei Laune. Denn für ein Verhältnis von 1:5 bis 1:9 hätte man keine Führungskräfte gefunden, die 60 Stunden in der Woche rackerten und den Kopf hinhielten.

Deshalb gab es eine kostenlose, standesgemäße Dienstwohnung, ein Auto mit Fahrer, spezielle Läden, Catering durch die Außenstellen der Kreml-Kantinen, Urlaubsreisen – nur für einen bestimmten Personenkreis und dessen kargem Gehalt angemessen.

Ein Witz aus Sowjetzeiten illustrierte das: „In der Sowjetunion gibt es viele Rote und nur wenige Schwarze! Die Roten: Haben den Roten Platz, die rote Fahne und das rote Halstuch. Die Schwarzen: Essen schwarzen Kaviar, fahren schwarzen Wolga und haben im Sommer einen Urlaubsplatz am Schwarzen Meer.”



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