Leserbrief
Sehr geehrte Frau Lengsfeld,
vor einigen Tagen ging ich am Eingang des Hamburger Schulmuseums in der Seilerstraße vorbei. Auf einem Tisch lagen viele Flyer mit dem Titel „Offen für alle – geschlossen gegen Rechtsextremismus”.
Es ist eine Gemeinschafts-Broschüre von „Arbeit und Leben Hamburg“ (vom Deutschen Gewerkschaftsbund), des Deutschen Hochschulverbandes, der Hamburger Johann Daniel Lawaetz-Stiftung, der Stadt Hamburg und des Bundesministeriums für Familie. Der mehrsprachige Flyer fordert Eltern und Schüler zur Denunziation auf: „Schau genau hin“, „Hör genau zu“ und „Wenn dein Kind auf einmal neue Freunde hat, die deutsche Tugenden und Kameradschaft höher halten als du jemals wolltest“.
Eine Kontaktadresse der Lawaetz-Stiftung wird genannt, die dann ein “mobiles Beratungsteam” einschaltet.
Vom Linksextremismus ist in der Broschüre nicht die Rede. Wehe dem, der sich Böses dabei denkt …
Was für ein erschreckendes Menschenbild wird bei den Autoren des Flyers sichtbar.
Wenn Rechtsextremismus bei deutschen Tugenden und Kameradschaft anfängt, ist etwas ganz, ganz schief gelaufen. Wird Deutschland nicht für seine Tugenden im Ausland geschätzt? Fleiß, Zuverlässigkeit, Erfindergeist, Treue, Idealismus, …. Inzwischen aber nicht mehr am Wirtschaftsstandort Hamburg.
Auf der Internetseite des Schulmuseums lese ich : “Das Hamburger Schulmuseum versteht sich außer seiner Aufgabe als „Lernwerkstatt Schulgeschichte“ auch als Vermittler einer aktiven Haltung gegen Ausgrenzung, gegen rechte Gewalt und gegen Rassismus. In den Dauerausstellungen können Kinder, Jugendliche, Studierende, Referendare sowie andere Besucher – ausgehend von ihren eigenen Schulerfahrungen – geschichtlichen Wandel konkret nachvollziehen und kritisch hinterfragen. Zu den Themen Schule und Gesellschaft im Deutschen Kaiserreich (v.a. Wilhelminismus) und Schule im Nationalsozialismus werden museumspädagogische Veranstaltungen angeboten.“ Museumspädagogische Veranstaltungen zu “Schule im Sozialismus“ werden nicht angeboten. Auf Wunsch kann ich Ihnen den Scan des Flyers zusenden. Ich habe die AfD-Fraktion der Hamburger Bürgerschaft bereits informiert, die sich der Sache annehmen will.
Interessanterweise wirbt der 3. Ökumenische Kirchentag 2021 in Frankfurt mit dem Leitwort “Schaut hin”. In Verbindung mit der Aufforderung des oben genannten Flyers sehe ich Parallelen. Zufall? Vielleicht bin ich aber auch schon neurotisch in diesen Zeiten.
Mit freundlichen Grüßen
O. B.