Norman Hanert auf PAZ
Neben der gewaltbereiten Dschihadistenszene rückt der sogenannte legalistische Islamismus immer mehr in das Visier von Sicherheitsbehörden und Medien. Vor Kurzem war der politische Islam in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ Thema. In ihren Jahresberichten warnen die Verfassungsschutzämter bereits seit längerer Zeit vor der Gefahr, die von radikalen Moslems ausgeht, die ihre Ziele mit politischen Mitteln innerhalb der bestehenden Rechtsordnung umsetzen wollen.
Zur Realisierung dieser Strategie ist im Laufe der Zeit ein dichtes Netz von Organisationen und Moscheen entstanden, über die eine schrittweise Durchsetzung der Scharia im Alltag, eine sogenannte Islamisierung von unten, versucht wird.
In welchem Maß dieser radikale Islam noch immer unterschätzt wird, macht ein Vorgang in Berlin deutlich. Dort hatte im Mai Innensenator Andreas Geisel (SPD) mit Aussagen zur Deradikalisierung von radikalen Moslems für Aufsehen gesorgt. Geisel sagte, wenn bei Salafisten „die Abkehr von Gewalt stattgefunden hat, müssen wir jemanden finden, der sie glaubwürdig aufnimmt – dafür eignet sich das legalistische Spektrum“.
Geisels Äußerungen lösten insbesondere bei jüdischen Institutionen starke Irritationen aus. Hingewiesen wurde unter anderem auf den Umstand, dass die Muslimbrüder mit der palästinensischen Hamas liiert sind.
Nach dem Einsetzen massiver Kritik stellte der Berliner Innensenator klar, er plane keine Kooperation mit den Muslimbrüdern, auch sollten keine „Legalisten“ bei der Deradikalisierung von radikalen Moslems helfen.
Zum Problem der Deradikalisierung von radikalen Moslems hat die Denkfabrik Globesec eine Studie mit dem Titel „European Jihad: Future of the Past?“ vorgelegt. Grundlage der Untersuchung waren die Fallbeispiele von 326 Dschihadisten in verschiedenen europäischen Ländern. Die Forscher von Globesec weisen darauf hin, dass eine große Zahl dieser Moslems bis zum Ende des Jahres 2023 aus der Haft entlassen wird.
Deutlich wurde bei der Untersuchung, dass die Rolle von Frauen innerhalb der Dschihadistenszene als bloße „IS-Bräute“ bislang offenbar unterschätzt wurde. Zu den untersuchten Fallbeispielen gehörten nämlich auch weibliche Planer von Terroranschlägen, Werberinnen für den Islamischen Staat und Propagandistinnen für den islamischen Gotteskrieg. Vor diesem Hintergrund geht Globesec davon aus, dass Frauen künftig eine größere Rolle bei der Entwicklung eines europäischen Dschihad spielen werden. Die Studienmacher warnen vor diesem Hintergrund, dass sich Europa auch auf terroristische Herausforderungen gefasst machen muss, die von radikalen Musliminnen organisiert werden.