Von Gastautor Steffen Meltzer
Am 17.04.2018 brachten wir auf Tichys Einblick einen Beitrag zur Anwendung der Schusswaffen auf einen sogenannten Flüchtling. Von den zwölf abgegeben Schüssen (andere Quellen berichten von elf Schüssen) haben vier getroffen haben, davon waren zwei tödlich. Der afghanische Asylbewerber Matiullah J. hatte auf Warnschüsse nicht reagiert, nachdem er die Scheibe einer Bäckerei eingeschmissen und einen Auslieferungsfahrer mit einem faustgroßen Stein angegriffen und am Kopf schwer verletzt hatte.
Staatsanwalt Willke beschrieb das Szenario so, dass die eintreffenden Beamten auf einen enorm aggressiven Flüchtling gestoßen sind, dem es im Handgemenge gelang, einem Polizeibeamten einen Schlagstock zu entreißen. Dabei wurde einem Polizisten ein Arm gebrochen. Die eintreffende Verstärkung forderte den Afghanen auf, keine weitere Gewalt anzuwenden. Als der Täter nicht reagierte und die Polizisten angriff, wurden Warnschüsse abgegeben, auf die der Aggressor erneut nicht reagierte. Daraufhin kam es erneut zur Schusswaffenanwendung. Die Projektile trafen dreimal in den Thoraxbereich und einmal in den Oberschenkel des Täters, zwei davon sollen tödlich gewesen sein.
Der Vorsitzende des örtlichen Ausländerbeirates sprach daraufhin vor laufender Kamera: „Der 19-Jährige ist in Hausschuhen nur zum Bäcker gegangen und wollte Brötchen holen.“ Die tödlichen Schüsse seien nicht gerechtfertigt gewesen. „Der Junge“ wäre vor der Polizei weggerannt und man hätte ihn „lebendig fangen“ können, anstatt auf der Flucht zu erschießen. Die Polizei habe dabei aus der unmittelbaren Nähe geschossen. Man hätte diesen entweder nachträglich mit zwei weiteren Schüssen ermordet oder mit einem Schuss „erschreckt“ und danach getötet.
Es kam zu Demonstrationen mit Anschuldigungen gegen die Polizei.
Fast ein Jahr später, am 05.02.2019, berichtet u.a. die „Frankfurter Allgemeine“: „Der Waffeneinsatz des Beamten im vergangenen Jahr sei durch Notwehr gerechtfertigt gewesen, teilte die Staatsanwaltschaft Fulda am Dienstag mit. Zur Aufklärung seien mehrere rechtsmedizinische Untersuchungen und Schussgutachten herangezogen worden. (…) Die Anzahl der in der Eisenhowerstraße in schneller Folge abgegebenen Schüsse ist ein Indiz dafür, dass der Beschuldigte in begründeter Angst und höchster Bedrängnis schoss“.
Im April 2019 wurden die Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft wieder aufgenommen, nachdem ein Handyvideo aufgetaucht war. Daraufhin wurden zwei bisher unbekannte Zeugen vernommen. Es wäre jedoch bisher zu keiner neuen Bewertung des Falles gekommen.
„Afghan Refugees Movement“ schreitet ein
Am 13.04.2019 jährte sich der Todesfall des randalierenden Gastes. Ein Vereinigung afghanischer Flüchtlinge Namens „Afghan Refugees Movement“, die sich gegen Abschiebung und für Menschenrechte einsetzt, rief zu einer erneuten Demonstration auf.
Osthessen.news war dabei und berichtet, dass bei dieser Veranstaltung mehrere Parolen gezeigt wurden, die die Polizei beschuldigen: “What will you do, when cops murder?” (“Was willst du machen, wenn Polizisten morden?”) und “Schluss mit rassistischer Polizeigewalt”. Die Polizei habe vier Demonstranten wegen Beleidigung, Verleumdung und übler Nachrede angezeigt, darunter auch die Anmelderin der Veranstaltung, Samira Stuman. Diese beschuldigt Deutschland in einem Interview, es gäbe in Deutschland „rassistische Strukturen“. Sie möchte den Polizisten, der gezwungen war seine Schusswaffe in Notwehr anzuwenden, vor Gericht gestellt sehen, da sie von Tatortmanipulationen ausgeht und Notwehr abstreitet. Auf welchen „Tatsachen“ ihre Annahmen beruhen, verbleibt im Dunkeln, kritische Nachfragen durch den Journalisten gibt es keine.
Ein Polizeisprecher erklärte, „Stuman habe trotz Aufforderung nicht die beleidigenden und verleumderischen Aussagen gegen die Polizei unterbunden.“ Diese zeigt sich uneinsichtig und kontert: “Unsere Proteste im Fall Matiullah sollen bewusst kriminalisiert werden.”
Auch sei die Staatsanwaltschaft wieder aktiv geworden, sie soll im Zusammenhang mit neuen Erkenntnissen puncto Handyvideo etc. Hausdurchsuchungen durchgeführt haben.
Agitation und Propaganda und die Amadeu-Antonio-Stiftung
Kommen wir auf demonstrationsaufrufende Gruppierung „Afghan Refugees Movement“ zurück:
Ganz oben bei ihrem Facebookauftritt finden wir einen relevanten Beitrag zu den Vorkommnissen über dem 19-jährigen Afghanen, der inzwischen nicht mehr unter den Lebenden weilt. Dieses Pamphlet finden wir auf einer Plattform mit dem Namen „Belltower.News“. Hervorgegangen ist dieses Internetportal aus dem sogenannten „Netz gegen Nazis“. Belltower News läuft unter der Trägerschaft der Amadeu-Antonio-Stiftung (AAS) und will sich nicht nur mit dem Rechtsextremismus befassen. Weiter schreibt die AAS: „Wir werden uns weiter mit den Facetten gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, Strategien und Argumentationsmustern beschäftigen, aber auch intensiver mit digitaler Gewalt und Kommunikationskultur.“ Soweit zur Vorrede.
Schauen wir uns einmal genauer an, was die AAS darunter genauer versteht.
Unter der Überschrift:
werden die kühnsten Träume linker Agitation und Propaganda wahr.
Mit der Wahrheit nimmt man es dagegen nicht so genau. So wird behauptet, der Afghane wäre „mit zwölf Schüssen getötet“ worden. Wie bereits oben beschrieben, entspricht das keineswegs den Tatsachen. Es erfolgte eine verharmlosende Beschreibung zu den Handlungen des „Geflüchteten“, der mehrere Menschen angegriffen und schwer verletzt hatte. Er hätte lediglich „wohl einen Schlagstock entwendet“. Jeder kennt den Unterschied zwischen „entwenden“ (Diebstahl, etwas unbemerkt wegnehmen) und dem gewaltsamen Erbeuten (Raub) eines Schlagstocks, bei dem man bei unsachgemäßem Gebrauch ohne weiteres einen Menschen schwerste Verletzungen zufügen oder gar töten könnte.
Hatte er Privatermittler im Einsatz, die mehr weiß als die Polizei? Wohl kaum. Hier schlägt Ideologie alle bisherigen Ermittlungen. Selbst wenn die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind, wird bereits ein Urteil gefällt: Der Autor schreibt jetzt auf der AAS-Plattform Belltower.News ohne jeglichen Beweise vorverurteilend von „unverhältnismäßiger Polizeigewalt“ obwohl er im Text darüber klagte. (Zitate sind wörtlich übernommen, einschließlich Rechtschreibung und Grammatik.):
„Öffentliche Angaben dazu, wie es dann zu den Todesschüssen kam, wieso der Jugendliche mehrere hundert Meter entfernt in der Eisenhowerstraße erschossen wurde und warum es den 4 Beamt*innen nicht möglich war, den Angreifer ohne Einsatz einer Schusswaffe in Gewahrsam zu nehmen, gibt es bis heute nicht.“
Übrigens, die Unschuldsvermutung gilt in einem Rechtsstaat, man staune, sogar für Polizeibeamte. Ein Umstand, der noch nicht überall bekannt zu sein scheint. Da helfe ich gerne mit der Aufklärung etwas nach. Weiterhin kritisiert der Verfasser:
„Der Journalist Christian P. Stadtfeld schreibt in Osthessen News die Demonstration sei ein ,Angriff auf unseren deutschen Rechtsstaat‘, Ausdruck von ,Ablehnung der in unserem Land geltenden Gesetze‘ und betitelt den Artikel mit dem Bild eines in der Dunkelheit mit einem Messer bewaffneten Mannes vor bewaffneten Einsatzkräften der Polizei. Für den Ex-Polizisten und CDU-Landtagsabgeordneten Thomas Hering würden die Forderungen der Demonstrierenden ,die Geduld unserer demokratischen, weltoffenen Gesellschaft überstrapazieren‘. Der Fuldaer Bundestagsabgeordnete, Michael Brand (CDU) bezeichnete die Demonstration als ,üble diffamierende Attacken gegen unsere Polizei‘. Wer im Falle von Matiullahs Tod von Mord spreche handle ,böswillig und in verleumderischer Absicht‘. Die strafrechtliche Relevanz der Aussagen solle geprüft werden, denn in einem Rechtsstaat gebe es klare Regeln. Der von den Demonstrierenden geforderten lückenlosen, unabhängigen Aufklärung des Falls und dem Hinweis auf rassistische Polizeigewalt soll hier mit dem wiederkehrenden Verweis auf den Rechtsstaat die Legitimation entzogen werden.“
Der Schreiberling schlussfolgert falsch:
„Zunächst ist dann unklar, was die Autoren meinen, schließlich machen die Demonstrant*innen von Ihrem rechtstaatlich verbrieften Recht auf Versammlungsfreiheit und Meinungsäußerung Gebrauch und fordern eine Aufklärung nach rechtsstaatlichen Prinzipien.“
Demonstrationen sind kein rechtsfreien Räume, die Meinungsfreiheit kann auch gegenüber sogenannten Schutzsuchenden u.a. Personen eingeschränkt werden, wenn dabei strafrelevante Aussagen getätigt- bzw. weitere Strafrechtsnormen verletzt werden. Konkret sind damit gemeint: zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (einschließlich der Moral), zur Verhütung von Straftaten sowie zum Schutz der Rechte Dritter.
Selbstverständlich muss in dessen weiteren Text auch der Lieblingskampfbegriff aller Linken einmal mehr herhalten: „Racial Profiling“. Es hätte mich auch gewundert, davon nichts zu lesen, wenn man schon seine alten Feindbilder bedient.
Alles Nazis. Ja was denn sonst?
Der Autor sieht in der Polizei die eigentliche Gefahr für den Rechtsstaat:
„…entwickelt sie (Anm.: die Polizei) in der Praxis immer wieder eigene Interessen und kann vom Durchsetzungsorgan zur Gefahr für die Demokratie werden.“
Gönnerhaft fasst der Autor für seine Leser zusammen:
„Innerhalb der Polizei herrschen struktureller Rassismus und Korpsgeist vor, während die Befugnisse der Exekutive zunehmend ausgebaut werden und sich im derzeitigen politischen Klima rechtsradikale Einstellungen stetig verfestigen. Das Fehlen einer unabhängigen Kontrollinstanz bei Fehlverhalten von Polizist*innen wird so zu einer immer größeren Gefahr für rechtstaatliche Prinzipien.“
„(…)Grundgesetz und Versammlungsrecht sichern das Recht auf Demonstration und politische Selbstorganisation auch und gerade von Geflüchteten und Migrant*innen ab. Sie haben das Recht auf eine unabhängige Kontrolle derjenigen Staatsgewalt, der sie Tag für Tag ausgesetzt sind und durch die sie immer wieder Gewalt erfahren, die wie in diesem Falle zum Tode führt. Wer dieses Recht abspricht, vollführt den tatsächlichen Angriff auf den Rechtsstaat und seine Bewohner*innen.“
Es ist nicht notwendig, auf jede Zeile der Behauptungen und Bewertungen hier einzugehen. Ich möchte mit folgenden Zeilen abschließen:
Der Brandenburgische Verfassungsschutzbericht für 2017 hält (ganz unabhängig vom hier beschriebenen Sachverhalt) auf Seite 174 bis 176 fest:
„Der Staat soll so gezwungen werden, Straftaten von Demonstrationsteilnehmern zu legitimieren und von Verurteilungen Abstand zu nehmen.“ (…) Es steigt nicht nur die Bereitschaft zur Gewaltanwendung gegen den politischen Gegner, ebenso rückt die Polizei als Vertreter des Staates zunehmend ins Fadenkreuz. (…) Die Gefahr des Linksextremismus geht letztlich nicht bloß von Aktivitäten und gewalttätigen Aktionen aus. Vielmehr hat eine jahrzehntelange Unterschätzung linksextremistischer Propaganda dazu geführt, dass einige ihrer Ansichten in der Mitte der Gesellschaft bereits angekommen sind. Ein Beispiel sind Äußerungen eines Mitgliedes einer nicht extremistischen Partei. Als einer Polizistin in München (Bayern) in den Kopf geschossen wurde, hetzte er: ,So ein Tag, so wunderschön wie heute. Weg mit dem Bullendreck. Ich mach mal den Champus auf #ACAB‘.“
Selbstverständlich macht auch die Polizei Fehler. Und natürlich gibt es politische Begehrlichkeiten, um auf die Polizei Einfluss auszuüben. Polizisten sind keine Maschinen und mancher Verwaltung wäre auch anzuraten, doch einmal den richtigen Gesetzestext herauszusuchen, bevor man abenteuerlich argumentiert und sein Personal sinnlos verschleißt.
Was wir hier erleben müssen, ist jedoch etwas ganz anderes. Unser Gemeinwesen darf sich solche dreisten Angriffe nicht bieten lassen. Aus meiner Sicht steht hier die Polizei als Prügelknabe und Pappkamerad für die Ablehnung unserer bürgerlichen und westlichen Lebensweise stellvertretend. Will man eine weitere Erosion des Staates verhindern, muss das m. E. nachdrückliche Konsequenzen haben. Da reichen allein Lippenbekenntnisse nicht aus.
Steffen Meltzer, Autor von Ratgeber Gefahrenabwehr: So schützen Sie sich vor Kriminalität – Ein Polizeitrainer klärt auf
Der Artikel erschien zuerst auf Tichys Einblick.