Die Strippenzieher und Parteitagsstrategen haben einen Pyrrhus-Sieg errungen. Die Wahl der Merkel-Fortsetzerin AKK ist, wenn auch denkbar knapp, geglückt. Das Merkel-Lager hat mit einer Flut von Danke Angela für 18 Jahre Parteivorsitz-Propaganda eine letzte Verzweiflungsschlacht inszeniert. Wenn die Qualitätsmedien nicht stur weiter Hofberichterstattung betreiben und statt dessen kritisch analysieren würden, wäre die Pleite offensichtlich.
Was ist auf diesem Parteitag passiert?
Der vermeintliche Retter Friedrich Merz hat eine sehr gute Rede gehalten und nach seiner knappen Niederlage zu erkennen gegeben, dass er nicht daran denkt, in der Partei für seine Positionen zu kämpfen. Er hat damit deutlich gemacht, dass es ihm nur um seinen persönlichen Ehrgeiz ging, Kanzler zu werden, nicht um die notwendigen Veränderungen, die unser Land dringend braucht.
Gut so! „Uns aus dem Elend zu erlösen, können wir nur selber tun“, wusste schon die Internationale. Warum soll man nicht von den Linken siegen lernen? Die Voraussetzungen dafür sind gut, das hat dieser Parteitag gezeigt. Das deutliche Signal, das der neu gewählte Vorstand besser ernst nehmen sollte, ist, dass fast die Hälfte der Parteitagsdelegierten mit dem Merkel-Kurs brechen wollte. An der Basis ist der Prozentsatz noch höher. Diese Botschaft muss verbreitet werden! Es gibt keinen Grund zur Resignation! Wer geglaubt hat, in einem Sprint den Merkelismus beiseite fegen zu können, hat sich Illusionen gemacht. Achtzehn bleierne Jahre, die unsere Partei bis zur Unkenntlichkeit deformiert und einen arroganten Funktionärs-Filz hervorgebracht haben, sind nicht einfach zu überwinden. Es ist ein Marathonlauf, aber ein großer Teil der Strecke ist schon bewältigt. Die Nicht-Wahl von Merz hat verhindert, dass man sich wieder auf einen „Retter“ verlässt. Nun ist klar, dass die dringend notwendige Erneuerung von unten kommen muss.
Ein Teilerfolg ist, dass AKK bereits klar gezeigt hat, dass sie Zugeständnisse machen muss. Die Inthronisierung von Paul Ziemiak als Generalsekretär war als Beruhigungspille der Konservativen gedacht. Sehr schnell wurde aber publik, dass es sich um einen Deal handelte, der schon vor der Wahl abgesprochen war. Auf Facebook wurden umgehend Austritte aus der JU bekannt gegeben, weil die Art, wie die Nominierung von Ziemiak zustande kam, als illoyal gegenüber Spahn und Merz empfunden wird. Flugs war in den Merkel-Medien zu lesen, Ziemiak hätte den Deal erst abgelehnt, dann nach der Wahl von AKK wieder zugestimmt. Eine beachtliche Zahl der Delegierten hat aber offensichtlich Zweifel, was am knappen Ergebnis für Ziemiak abzulesen war.
Fazit: AKK ist die Fortsetzung des Merkelismus, aber sie kann nicht einfach weiter machen, wie bisher. Ein erster Fehler war, die Gegner des Migrationspaktes wieder mit einem eigenen Antrag mundtot zu machen. Die Zeiten sind vorbei, in denen solche Tricks außerhalb des Parteitages noch funktionieren. Die Nachricht, dass sich der Parteitag hinter den Migrationspakt stellt, wird die Spannungen nicht beseitigen, sondern erhöhen. Die deutliche Mehrheit, nicht nur der Parteimitglieder, sondern der Bevölkerung lehnt diesen Pakt ab. Eine Parteiführung, die das ignoriert, ist von Anfang an zum Scheitern verurteilt.
Wenn die Werteunion weiter Kurs hält und denen eine Stimme gibt, die von der Parteiführung ignoriert werden, hat sie gute Chancen. Die Hälfte der Parteitagsdelegierten ist schon auf ihrer Seite. Wenn sie nicht aufgibt, hat sie beim nächsten Parteitag eine gute Möglichkeit, für ihre Positionen die absolute Mehrheit zu bekommen