Von Gastautor Gernot Schmidt
Wäre Berlin ein Theater, wäre es nur recht und billig, würde für das, was da derzeit von Parteien und Mitgliedern der geschäftsführenden Regierung aufgeführt wird, Eintritt erhoben.
Mehr von diesen Aufführungen und wir würden gar nicht merken, dass die leckgeschlagene Titanic, während die Bordkapelle unverzagt aufspielt, bereits bedenklich ihr Heck hebt bzw. unser Land in eine merkwürdig entspannte Schussfahrt übergegangen ist.
Da wird der Hoffnungsträger Schulz von seiner Partei abserviert, weil er im zuvor selbst abgelehnten Postengeschacher den Hals nicht vollgekriegt hat und Schulzens Schwester schilt die SPD eine „Schlangengrube“. Schulz ist also weg und Scholz kommt, obwohl Schulz noch schnell nach Gutsherrenart Andrea Nahles zur Parteivorsitzenden „ernannt“ hatte. Aber die scheint nicht beliebt zu sein. Scholz, der den Charme eines Schrankenwärters ausstrahlt und offensichtlich von der Hamburger SPD auch nicht gerade geliebt wird, erntete am politischen Aschermittwoch der SPD in Bayern für sein „Moin, Moin“ brausenden Beifall. In Bayern!!! Wo sind wir hingekommen? Scholz hatte ebenfalls nachdrücklich abgelehnt, in ein Kabinett Merkel einzutreten und wird jetzt Finanzminister, was die Genossen aber nicht zu stören scheint.
Der Komödiendichter Aristophanes hätte einen weiteren Sieg bei den Lenäen verbuchen können, wären ihm solcherlei Irrungen weiland eingefallen.
Frau von der Leyen hatte sich bereits in der letzten Legislaturperiode ewige Meriten erworben, als sie die Bundeswehr „familienfreundlich“ umbauen ließ und die Streitkräfte für Lesben, Schwule, Transgender usw. usf. öffnete, nach dem Motto: Man(n) muss ja lieb zueinander sein. Mittlerweile, so meine Information, würden 20 Kamerad*innen morgens Lippenstift auftragen. Wie nett, dass man auf deren Befindlichkeiten endlich Rücksicht nimmt, wobei die Frage im Raume steht, ob ein (männlicher) Soldat, der im falschen Körper lebt, nunmehr die Damenwaschräume aufsuchen darf. Schwierig.
Rücksicht nehmen hoffentlich auch die Arbeitgeber jener Soldatenfrauen, die am Köln-Bonner Flughafen einige Tage länger ausharren und ungeplant ihren Urlaub verlängern müssen, weil ihre Gatten wegen defekter Flugzeuge auf ihrem Heimflug vom Auslandseinsatz in Mali gestrandet sind. Bei einem Ersatzflugzeug, das zur Heimholung ausgesandt worden war, traten ebenfalls Schäden auf. Es wird derzeit in Katar repariert. Eine Maschine der Ministerin war wohl angekündigt, so ein Bericht, aber das hat irgendwie dann doch nicht geklappt. Vielleicht war es wichtiger, die Maschine zur Rückholung des deutsch-türkischen Journalisten Yüzel anzubieten, denn so kam wenigstens Geld in die Kasse.
Geld ist auch bitter nötig, muss doch das Heer bereits Helikopter des ADAC anmieten, damit seine Piloten üben können. Außerdem müssen Ersatzteile für die defekten eigenen Hubschrauber angeschafft werden.
Die Ersatzteilbeschaffung für die deutsche „U-Boot-Waffe“ gestaltet sich ebenfalls schwierig, so dass sämtliche (!) Boote auf Reede vor sich hin gammeln. Berichte, sie würden von den Mannschaften wöchentlich in einer anderen Farbe gestrichen, entbehren allerdings jeglicher Grundlage; Farbe gibt es ebenso wenig wie die notwendigen Ersatzteile.
Dass der Großteil der Panzer nicht einsatzfähig ist, beunruhigt unsere geschäftsführende Oberbefehlshaberin Merkel wenig. So etwas war vor 30 Jahren in ihren Heimatgestaden ja auch üblich. Allerdings hat die Bundeswehr die Quote der NVA (1:3, ein einsatzbereiter Panzer kam auf 3 defekte Exemplare) bereits unterboten.
Im Winter können die noch intakten Panzer sowieso nicht eingesetzt werden, denn es mangelt den deutschen Bundeswehrsoldaten an Winterbekleidung, Zelten, Schutzausrüstung etc. Deshalb wird es wohl nichts mit der Führungsrolle im kommenden Jahr bei der schnellen Einsatztruppe der Nato.
Natürlich blieb auch die dritte Waffengattung nicht von Ungemach verschont. Die Luftwaffen-Tornados auf dem Fliegerhorst Jagel in Schleswig-Holstein bleiben im Hangar. Da die Streitkräfte nicht nur dem Minderheitenschutz in den eigenen Reihen, sondern auch dem Klimaschutz im Globalen verpflichtet sind, wird dem Kerosin der Kampfjets Biodiesel beigemischt, damit wenigstens der CO2-Stiefelabdruck der Jäger keine Menschen ferner Länder per Klimawandel kollateral umbringt. Leider hatte ein offensichtlicher Ökofreak übereifrig zu viel Biodiesel beigemischt, so dass die Flugzeuge nun gar nicht fliegen dürfen. Das nennt man dann wohl Klimaschutz par excellence.
Nicht nur Klimaschutz sondern auch Umweltschutz können unsere Soldaten, wie „heute“ vermittelt: In einem Werbefilm der Truppe führen Scharfschützen ihre Waffen vor, deren Zielfernrohr sie mit einem aus einer alten Plastikflasche gebastelten Blendschutz versehen haben. Der werkseitige Blendschutz ist nicht beschafft worden. Klasse, die Plastikflasche belastet nicht das Meer.
Aber alles halb so schlimm: Am 20. Februar äußerte sich der „Generalinspekteur“ – den Namen habe ich nicht so ganz mitbekommen, in derselben „heute“-Sendung, es seien wohl gewisse Probleme aufgetreten, aber die Bundesregierung habe ja beschlossen, diese bis 2030 (sic!) zu beheben. Wer das beschleunigen möchte, kann für die notleidende Bundeswehr ein Spendenkonto einrichten.
Während also – bildlich gesprochen – der Notstrom auf der Titanic ausfällt, schwadroniert Frau von der Leyen von gleißender Festbeleuchtung: Auf der Münchener Sicherheitskonferenz spricht Sie über Deutschlands wachsende Verpflichtungen innerhalb der Nato und dass die Bundeswehr international mehr Verantwortung übernehmen, sowie ihren Einsatz im Irak ausweiten werde. Als Solistin im Münchener „Luftgitarrenwettbewerb“ bekommt Frau vdL jedenfalls Bestnoten.
Solche Potemkin‘schen Dörfer findet man übrigens auch zuhauf im Koalitionsvertrag.
Ab 2021 – Wohltat zur Wahl 2022 oder wenn doch nicht, vom Wahlvolk längst vergessen – wird der Soli schrittweise abgeschafft (S.68), Steuern werden nicht erhöht, dafür aber der Beitragssatz für die Arbeitslosenversicherung gesenkt. Wie das finanziert werden soll, bleibt selbstredend offen.
Hingegen wird „die Digitalisierung des Gesundheitswesens“ als „eine der größten Herausforderungen des Gesundheitswesens in den nächsten Jahren“ (S.101) angesehen. Ich hätte da eher an den Kampf gegen Krebs gedacht. Oder, um wieder mal global zu denken, Durchfall; Diarrhöe, an der viele unserer Neubürger leiden, ist die häufigste Todesursache weltweit.
Dann will man „Fluchtursachen bekämpfen und nicht Flüchtlinge“ (S.103). Unter „Flüchtlinge bekämpfen“ versteht die GroKo offensichtlich Grenzkontrollen und mögliche Abweisung an der Grenze, wie es das Gesetz etwa bei fehlenden Papieren vorsieht; denn solcherlei bleibt im Vertrag unerwähnt. Man hält offensichtlich die Titanic noch immer für unsinkbar.
Vielmehr setzt man darauf, dass „Klimaschutz“ in Sachen „Fluchtursachen“ (ebd.) hilfreich ist. Gleichgültig, ob „Klimaschutz“ etwas bewirkt oder nicht, kann dem Verfasser dieses Programmpunktes galoppierender Schwachsinn im Endstadium attestiert werden; Deutschland wird nach eigenem Bekunden die selbstgesetzten sogenannten „Klimaschutzziele 2020“ gar nicht einhalten können.
Es ist, als ob der Kapitän der Titanic zu seiner Beruhigung das Szenario durchspielt, wie wohl die Rettung vonstatten gehen würde, wenn man in irrsinniger Selbstüberschätzung nicht nur Feuerwerks- sondern auch Notsignalraketen in Southampton an Bord genommen hätte und die vorbeidampfenden Schiffe nicht nur freundlich den Gruß ebenfalls mit weißen Raketen erwidern würden.
Überhaupt: Klimaschutz
„Wir gewährleisten die internationale Wettbewerbsfähigkeit insbesondere energieintensiver Industrien, sichern damit unsere integrierten Wertschöpfungsketten und sorgen für einen umfassenden Schutz vor carbon leakage.“ heißt es auf Seite 143. Da bin ich ja mal gespannt. Die „Verlagerung von CO2-intensiver Produktion ins Ausland mit weniger strengen Auflagen“ (carbon leakage) soll verhindert werden. Wie das mit „Marktwirtschaft“ und unserem Recht einhergehen soll, ist schleierhaft. Unzweifelhaft würde es aber kosten, wenn die betreffenden Firmen nicht schon vor Beschluss eines diesbezüglichen Gesetzes längst abgewandert sind.
Und weiter: „Wir bekennen uns zur deutschen Verantwortung für den internationalen Klimaschutz und sorgen für einen weiteren Aufwuchs der internationalen Klimaschutzfinanzierung durch Deutschland im Rahmen der Erhöhung der ODA-Mittel (Mittel für Öffentliche Entwicklungszusammenarbeit – die also für die Bürokratie und nicht für den Klimaschutz gedacht sind).“
Dafür, dass sich Deutschlands „Verantwortung für den internationalen Klimaschutz“ auf maximal 0,16 % beläuft, bläst man auch hier wieder kräftig die eigentlich leeren Spendierhosen auf, wobei der Begriff „Aufwuchs der (…) Klimaschutzfinanzierung“ zugegebenermaßen zumindest herzerwärmend und poetisch anmutet.
Gleichwohl fragt sich der informierte Leser, woher neben den Mitteln für diesen unbezifferten „Aufwuchs“ die ebenfalls nicht genannten 3.500.000.000.000 Euro herkommen sollen, die für den weiterhin angestrebten Klimaschutzplan 2050 (S.143) anfallen werden, und wer für die restlichen 3,84%-Verantwortung die fälligen 84.000.000.000.000 € bezahlt, nachdem Trump abgewunken hat. Frankreich ist auch raus: Die schalten ihre drei oder vier Kohlekraftwerke ab, wie Herr Macron auf der Weltklimakonferenz in Bonn letztes Jahr umjubelt versprach, und produzieren dafür mehr CO2-freien Atomstrom, was der allgemeinen Freude keinen Abbruch tat.
Herr Macron hatte an anderer Stelle auch verkündet, Europa „stärken“ zu wollen, womit er implizit meint, dass Deutschland für die Stärkung zahlen muss. Dem wird denn auch gehorsamst im Koalitionsvertrag Rechnung getragen: „Wir brauchen (in der EU) eine entschlossene und substanzielle Außen-, Sicherheits-, Entwicklungs- und Menschenrechtspolitik aus einem Guss. Wir wollen die dafür zur Verfügung stehenden Mittel deutlich stärken, um die immensen internationalen Herausforderungen zu bewältigen.“ (S.144)
Hier vermerkt der Koalitionsvertrag erstaunlicherweise, wie die „Finanzierung“ stattfinden soll:
„Im Rahmen der jährlichen Haushaltsaufstellung ab 2018 bis 2021 wird die Koalition zusätzlich entstehende Haushaltsspielräume prioritär (Anm. d. V.: „Verteidigung“ steht auf Platz Nr. 5 in der Prioritätenliste auf S. 68) dazu nutzen, neben den Verteidigungsausgaben zugleich die Mittel für Krisenprävention, humanitäre Hilfe, auswärtige Kultur- und Bildungspolitik und Entwicklungszusammenarbeit ausgehend von der Grundlage des 51. Finanzplans angemessen zu erhöhen im Verhältnis von eins zu eins beim Verteidigungshaushalt zu Ausgaben im Rahmen der ODA-Quote (Krisenprävention, humanitäre Hilfe, Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik und Entwicklungszusammenarbeit). Diese Erhöhungen dienen der Schließung von Fähigkeitslücken der Bundeswehr und der Stärkung der europäischen Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich wie auch gleichermaßen der Stärkung der zivilen Instrumente der Außenpolitik und Entwicklungszusammenarbeit im Rahmen einer umfassenden gemeinsamen Friedens- und Sicherheitspolitik. Deutschland wird verbindlich mit dieser Haushaltspolitik und der Koppelung von Verteidigungsausgaben und ODA-quotenfähigen Ausgaben sowohl dem Zielkorridor der Vereinbarungen in der NATO folgen als auch den internationalen Verpflichtungen zur weiteren Steigerung der ODA-Quote nachkommen, deren beider Absinken bereits 2018 verhindert werden muss.“ (S.145)
Mit einem solchen „Finanzierungsmodell Hoffnung“ sollte mal ein Normalbürger um einen Kleinkredit für den Erwerb eines Faltbootes bei einer Bank vorsprechen. Es würde als Pausenclown betrachtet. In der Politik landen solche Phantasten im Kabinett.
Fazit: Bei Lichte betrachtet sollte kein Eintrittsgeld sondern eine verpflichtende Vergnügungssteuer erhoben werden, um wenigstens die Männer an den Lenzpumpen zu bezahlen, damit der Spaß irgendwie noch ein wenig weitergeht!