Von Gastautor Rainer Zitelmann
Die von der SPD geforderte Quote für Elektroautos würde dazu führen, dass Hunderttausende Autos produziert werden, aber unverkäuflich herumstehen. Aber die Auto-Planwirtschaft fasziniert SPD und Grüne zunehmend – und Merkel wird auch dabei wieder mitmachen.
Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete vorgestern: „SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz verlangt als Konsequenz aus der Diesel-Affäre die Einführung einer verbindlichen Quote für Elektroautos in Europa, um den Durchbruch für die Elektromobilität massiv zu beschleunigen. Diese Forderung ist Teil eines Fünf-Punkte-Plans zur Zukunft des Automobilstandortes Deutschland… Von der Industrie verlangt der Schulz-Plan Investitionen in eine eigene Batterie- und Zellproduktion in Deutschland, um von ausländischen Herstellern unabhängig zu werden. ‚Die deutsche Autoindustrie muss beim Thema Elektro-Autos deutlich besser werden’ sagte Schulz. Der US-Hersteller Tesla sei hierzulande ‚viel zu lange belächelt’ worden, diese ‚Hochnäsigkeit’ könne sich die deutsche Autoindustrie nicht mehr leisten.“
Wer ist höchnäsig?
Hochnäsig???? Wer ist hochnäsig? Die Manager der deutschen Automobilindustrie, die seit Jahrzehnten zusammen mit den Japanern führend in der ganzen Welt sind? Oder vielmehr der Schulabbrecher Schulz und der Erzieher Özdemir, die ständig besserwisserisch den Unternehmen in ihre Produktpolitik hereinreden und meinen, die Automobilindustrie wäre besser dran, wenn Politiker künftig festlegen, welche Autos produziert werden sollen?
Planwirtschaft
Was ist der Unterschied zwischen sozialistischer Planwirtschaft und Marktwirtschaft? In einer Marktwirtschaft entscheiden die Unternehmen, was sie produzieren. In einer Planwirtschaft entscheidet das der Staat. In einer Marktwirtschaft herrschen letztlich die Konsumenten, weil die Unternehmen sich nach deren Wünschen ausrichten müssen. In einer Planwirtschaft entscheiden Politiker und Beamte in Planungsbehörden, weil sie glauben, dass sie am besten wissen, was für die Menschen gut ist und was sie wollen sollen. Wenn Schulz den Automobilherstellern mit einer Quote vorschreiben will, wie viele Elektroautos sie produzieren und Vorschriften machen möchte, dass die Batterien für E-Autos in Deutschland produziert werden müssen, dann sind das planwirtschaftliche Ideen.
Ähnliche Vorstellungen hatte jüngst Cem Özdemir von den Grünen geäußert: „Lasst uns ne Zukunftskommission einsetzen mit Arbeitgebern, Gewerkschaften, Wissenschaft, Verbraucherverbänden. Und da diskutieren wir über das Auto von morgen. Unter Leitung im Kanzleramt. Und da legen wir fest, was wir brauchen für die Verkehrswende.“ Als Vorbild nannte er die Energiewirtschaft – die ja bekanntlich in Deutschland inzwischen ebenfalls planwirtschaftlich dirigiert wird.
0,33% der Neuzulassungen sind Elektrofahrzeuge
Vergangenes Jahr wurden laut offiziellen Angaben des Kraftfahrt-Bundesamtes 3,4 Millionen Pkw in Deutschland neu zugelassen. Das waren 4,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Darunter waren 11.410 Elektrofahrzeuge – das waren 7,7% weniger als im Vorjahr. Trotz Zuschüssen aus der Staatskasse! Damit waren also 0,33 Prozent aller neu zugelassenen KfZ die von der Politik so geliebten und mit Steuermitteln subventionierten Elektroautos.
Nehmen wir an, der Gesetzgeber beschließt eine „moderate“ Quote von nur zehn Prozent Elektroautos. Was geschieht dann mit diesen Autos, wenn es künftig nicht mehr Käufer gibt? Wenn jedes zehnte Auto ein E-Auto ist, aber nur ein Prozent der Autokäufer eines kauft (das wären bereits drei Mal mehr wie im Jahr 2016!): Was geschieht dann mit den 9 Prozent Autos, für die es keinen Käufer gibt? Liegen diese alle auf Halde in Wolfsburg und anderswo? In der Konsequenz müssten Käufer gezwungen werden, die Autos zu erwerben oder die Hersteller müssten sie mit Verlust verramschen.
Oder man müsste die Quote so niedrig ansetzen (z.B. bei 1 Prozent), dass es lächerlich ist und offensichtlich nichts bringt. Es ist wohl kein Zufall, dass Schulz und Hendricks von der SPD zwar eine Quote fordern, aber nicht sagen, wie hoch diese Quote sein soll. Das Bundesumweltamt, das ebenfalls eine Quote fordert, nennt eine Zahl von „unter 10 Prozent“.
Zustimmung zum Elektroauto sinkt
Laut einer aktuellen Umfrage des Allensbacher Institutes ist die ohnehin geringe Zustimmung zum Elektroauto sogar noch erheblich gesunken – und dies trotz täglicher Propaganda aus allen Kanälen. Vor neun Jahren fragte das Institut das erste Mal, ob man erwäge, ein Elektroauto zu kaufen, wenn „so ein Elektroauto so weit wie ein herkömmlicher Wagen fahren könnte, ehe es wieder aufgeladen werden muss, und wenn es an jeder Tankstelle Schnellladestationen für Elektroautos geben würde?“ Bekanntlich ist beides nicht der Fall. Der Anteil der Deutschen, die sich vorstellen können, ein Elektroauto zu kaufen, wenn diese Probleme irgendwann einmal gelöst sein sollten, ist seit 2008 um neun Prozentpunkte gesunken. Dabei hat die Debatte über mögliche Nachteile des Elektroautos für die Umwelt gerade erst begonnen.
Merkel ist aufgeschlossen für die Quote
Merkel musste deshalb ihr utopisches Ziel, dass bis 2020 eine Million Deutsche ein Elektroauto gekauft haben, bereits zähneknirschend revidieren, weil die Deutschen einfach nicht mitziehen wollen. Kein Wunder, dass Merkel, enttäuscht von der mangelnden grünen Begeisterung der unwilligen Käufer, gestern durch ihren Regierungssprecher erklären ließ, die Idee von Schulz mit einer Quote sei grundsätzlich positiv zu bewerten. Regierungssprecher Seibert meinte zum Vorschlag von Schulz, dieser sei „erst einmal willkommen“. In diesem Zusammenhang verwies er noch einmal auf das Ziel von einer Million Elektroautos im Jahr 2020 (dieser Hinweis war eine offensichtliche Fehlleistung, denn Merkel selbst hat das Ziel ja inzwischen zurückgenommen, weil es ganz offensichtlich nicht zu erreichen ist).
In einer Rede am Samstag bei der CDU sprach sie sich dann erstmal gegen die E-Quote aus, aber das würde ich nicht so ernst nehmen. Merkel agiert wie gewohnt: Sie „beobachtet“ stets zunächst, wohin sich eine politische Diskussion bewegt, und da sie sich meist nach links bewegt, setzt Merkel dann früher oder später alles um, was SPD und Grüne fordern (Mindestlohn, Mietpreisbremse, Atomausstieg, Frauenquote – und demnächst die Quote für Elektroautos). Und für planwirtschaftliche Modelle ist sie ohnehin sehr aufgeschlossen, wie die „Energiewende“ belegt.
DDR light
Deutschland auf dem Weg zur DDR light? Planwirtschaft in der Automobilproduktion ist nichts Neues in Deutschland. Das hatten wir schon einmal, nämlich in der DDR. Ergebnis am Ende der DDR (1989): 67,8 Prozent der Westdeutschen besaßen ein eigenes Auto, in der DDR waren es 54,3 Prozent. Davon waren über die Hälfte die sogenannten „Trabis“. Lediglich 0,1 Prozent des Autobestandes kam aus dem Westen. Auf einen Neuwagen mussten DDR-Bürger zwischen 12,5 und 17 Jahre lang warten. Vorsorglich meldete sich fast jeder für ein Auto an, die Autoanmeldungen wurden dann zu 2.000 bis 40.000 Mark gehandelt. So konnte man sich in der Warteschlange für Autos nach vorne schieben. Zugleich bildete sich ein schwunghafter Schwarzhandel, bei dem Gebrauchtwagen für das Zwei- bis Dreifache des Neuwertes gehandelt wurden.
Ein Lied für Schulz, Özdemir und Wagenknecht
Hier habe ich ein Lied, das Politiker wie Schulz, Özdemir und Wagenknecht künftig gemeinsam singen könnten. Es stammt aus einem Liederbuch der „Jungen Pioniere“ der DDR:
„Lieber Plan, lieber Plan, was hast du für uns getan?
Schuh und Kleider euch gebracht, schwarze Brötchen weiß gemacht,
das hab’ ich getan.
Lieber Plan, lieber Plan, hast du nicht noch mehr getan?
Überall, wohin ihr schaut, Häuser, Schulen aufgebaut,
das hab’ ich getan.
Lieber Plan, lieber Plan, und wo bleibt die Eisenbahn?
Züge sausen hin und her, Schiffe schick ich übers Meer,
das hab’ ich getan.
Lieber Plan, lieber Plan, was willst du noch für uns tun?
Noch mehr Kohle, Stahl und Erz, und für euch ein frohes Herz –
das will ich noch tun.
Lieber Plan, können wir dabei tüchtig helfen dir?
Für den Frieden lernt und wacht,
Frieden alle glücklich macht. Ja, das wollen wir.“
Vielleicht kann Angela Merkel ja mitsingen, nachdem sie in der deutschen Energiewirtschaft bereits eine Planwirtschaft eingeführt hat. Als ehemaliges Mitglied der Jungen Pioniere und spätere Sekretärin für Agitation und Propaganda der SED-Jugendorganisation FDJ hat sie das Lied bestimmt schon gesungen.
Kürzlich erschienen, überall besprochen und beachtet: www.zitelmann-autobiografie.de