Organisierte Verantwortungslosigkeit

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Dies ist die weitere Leseprobe aus meinem neuen Merkel-Buch, das Sie ab jetzt im Verlag bei Achgut (und überall, wo es Bücher gibt) erwerben können.

Mit “organisierter Verantwortungslosigkeit” hat Mitte der Siebziger Jahre der Regimekritiker Rudolf Bahro in seinem Buch “Die Alternative” das System der Endzeit in der DDR beschrieben. Wer geglaubt hat, dass die Entkoppelung von Politikern von der Verantwortung für die Gesellschaft nur in ideologiegesteuerten Diktaturen möglich ist, liegt falsch. Ging es den SED-Machthabern noch um eine Idee, den Sozialismus, beschreibt Robin Alexander in seinem Buch “Die Getriebenen” eine politische Kaste, die in der Flüchtlingskrise agiert, als wäre die reale Welt ein Videospiel, in dem es nur darauf ankommt, am Ende von den Medien als Punktsieger betrachtet zu werden – koste, was es wolle. Das war nicht Merkel allein, aber sie war das Gesicht dieses Spektakels, das den Namen Politik nicht verdient.

Robin Alexanders Buch “Die Getriebenen” war reiner Sprengstoff. Wäre es in der Ära Kohl erschienen, hätte es die Regierung Kohl am nächsten Tag nicht mehr gegeben. Merkel dagegen hat es nicht geschadet, obwohl ihre sogenannte Flüchtlingspolitik als ein einziges Gewebe aus Fehlinformationen, Täuschungen, Kanzlerinnen-Alleingängen, Abwesenheiten in entscheidenden Momenten, Trotzreaktionen, Ahnungslosigkeit und Inkompetenz beschrieben wird. Es macht fassungslos, zu lesen, wie diese Gemengelage aus koordinierter Verantwortungslosigkeit das Schicksal nicht nur Deutschlands, sondern ganz Europas auf eine schiefe Ebene gebracht hat, von der man bis heute nicht weiß, wohin sie uns noch rutschen lässt.

Noch beunruhigender ist das Schweigen der Mainstream-Medien, die in der “Flüchtlingskrise” eine ungute Rolle gespielt haben. Sie haben sich längst von ihrer Bestimmung als Kontrolleure der Macht gelöst und sind Teil des Machtkartells geworden. Robin Alexander bemerkt das fast nebenbei: “Unter Angela Merkel hat sich das Bundespresseamt gewandelt von einer Behörde, die über die Arbeit der Regierung informiert, zu einer Behörde, die vor allem für die Regierung ermittelt, was die Bürger denken und fühlen.” Oder angeblich denken und fühlen, denn an den Resultaten dieser Ermittlungen kann man erhebliche Zweifel haben.

Eine der Thesen von Alexander, die er zur Entlastung von Merkel entwickelt hat, ist, sie sei von der Volksmeinung zur Grenzöffnung getrieben worden. Eine Woche nach der Grenzöffnung sei laut Umfragen für 82 Prozent der Deutschen das Thema “Flüchtlinge” das wichtigste gewesen. Weitere elf Prozent hätten sich für die Themen Ausländer, Zuwanderung, Integration entschieden. Daraus zu folgern, es hätte 93 Prozent Zustimmung zu der von Angela Merkel ausgelösten Masseneinwanderung gegeben, halte ich für irreführend. Auch ich, wäre ich befragt worden, hätte angegeben, dass “Flüchtlinge” das wichtigste Thema seien, aber weil ich wie viele andere, über den unkontrollierten Zustrom von hauptsächlich waffenfähigen jungen Männern entsetzt war. Mehr als Merkels freundliches Gesicht oder gar die Flüchtlingsselfies der Kanzlerin sollen die Bahnhofsjubler die Flüchtlinge nach Deutschland gezogen haben. Leider fehlen uns Untersuchungen, wer diese Menschen waren, die junge männliche Erwachsene mit Küsschen, Teddybären und anderem Spielzeug begrüßt haben. Auf dem Frankfurter Hauptbahnhof wurde das Ankunftsgleis der Flüchtlingszüge jedenfalls von Linksradikalen besetzt, die spontane Hilfswillige sogar vertrieben haben. Aus wenigen tausend Menschen – von denen etliche Aktivisten diverser Flüchtlingshilfegruppen waren, die von Staatsgeldern leben – auf die Stimmung in der Bevölkerung zu schließen, ist mehr als kühn. Tatsächlich war die angebliche gesamtdeutsche Euphorie schon nach weniger als drei Wochen vollständig verflogen.

Ich bin der festen Überzeugung, dass es von der Bevölkerung wenig Widerstand gegeben hätte, wären die Grenzen am 13.09.2015 tatsächlich wieder geschlossen worden. Nur mit dem Widerstand der Medien und der Flüchtlings-Profiteure wäre zu rechnen gewesen. Grund genug für die mediensüchtige Kanzlerin, ihren fatalen Fehler nicht zu korrigieren. Ihr Image war alles, Verantwortung für die Gesellschaft und ihre Politik fühlte sie nicht. Sie sagte das in einer Bundestagsfraktionssitzung, bei der sie Kritik einstecken musste, selbst: “Ist mir egal, ob ich schuld am Zustrom der Flüchtlinge bin, nun sind sie halt da.” Allein dieser Satz, der den Titel dieses Buches inspirierte, disqualifizierte sie als Kanzlerin. Um die “Flüchtlingspolitik” fortsetzen zu können, wurde mit einer Propagandakampagne das Land gespalten. “Nazi oder Flüchtlingshelfer? Jeder muss sich jetzt entscheiden” (Alexander). Als einer der ersten bekam das der Historiker Jörg Baberowski zu spüren, der sehr früh die Grenzöffnung kritisierte. Seitdem wird die Nazikeule gegen Andersdenkende exzessiv geschwungen und die Meinungsfreiheit immer mehr eingeschränkt. Gleichzeitig wurden von Politik, Medien und ihren willigen Helfern Legenden um die Flüchtlinge gesponnen: “Der Flüchtling als Erlöser von schrecklicher deutscher Vergangenheit, von peinlichen ostdeutschen Landsleuten und überhaupt allen schlechten Gewohnheiten […] Die Flüchtlinge sollen die Deutschen nicht nur von ihrer unseligen Vergangenheit befreien, sondern auch vor ihrem zukünftigen Schicksal als überaltertes Volk bewahren” (Alexander).

Während die SED-Propagandisten nicht selbst an ihre Legenden glaubten, fiel die Merkel-Regierung auf die von ihr angestoßene Propaganda selbst herein. Sie schrieb einen Wettbewerb aus. Gemeinden könnten sich um die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen bewerben. Ob auch nur eine einzige Bewerbung einging, ist unbekannt. Kurz nach dieser absurden Initiative wurden die Gemeinden förmlich überrannt.

Auch die Wirtschaft verlor ihren Verstand. Stellvertretend sei hier Daimler-Chef Dieter Zetsche genannt, der die Neuankömmlinge zur Grundlage eines neuen Wirtschaftswunders erklärte. Wie zu erwarten war, ist das Wirtschaftswunder bis heute ausgeblieben. Am Ende haben alle DAX-Unternehmen zusammen bislang nur eine zweistellige Zahl von diesen “Hochqualifizierten” eingestellt. Die Propaganda wurde von der Realität widerlegt. Bis heute gibt es mehr Flüchtlinge, die Bürgergeldempfänger sind, als “neu Hinzugekommene” – wie sie heute heißen – in Arbeit.

Auch Robin Alexander verwechselte diesen Propagandafeldzug mit der Bevölkerungsmeinung und sprach Merkel eine “Mitschuld” zu, weil sie auf der “Bevölkerungsbegeisterung gesurft” sei. Die Bevölkerung hatte keine Zeit für Begeisterung, sie war viel zu beschäftigt. Irgendeine Vorbereitung auf den Massenansturm von zeitweilig zehntausend Menschen am Tag gab es seitens der Regierung nicht. Dass es nicht zur Katastrophe…

 



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