Das hätte dich ein kurzer Blick in Dein Archiv lehren können. Schließlich reicht unsere gemeinsame Geschichte bis ins Jahr 1987 zurück. Damals hast Du mich erstmals bundesweit bekannt gemacht. Ich hatte den Chefredakteur des FDJ-Organs „Junge Welt“ bei der Staatsanwaltschaft der DDR angezeigt, weil er mich und Bärbel Bohley, die bekannteste Bürgerrechtlerin des SED-Staats, als Neonazis bezeichnet hatte. Dir verdanke ich also meinen ersten Ruhm und den bekam ich nicht wegen Harmlosigkeit. Anfang der 90er-Jahre hast Du mich wieder, freundlich gesagt, ins Gerede gebracht. Du hattest den Schriftsteller und Stasiaufklärer Jürgen Fuchs wegen der äußeren Merkmale seiner finalen Krebserkrankung verhöhnt. Dein Redakteur, den der Regisseur und Politiker Konrad Weiß und ich daraufhin zur Rede stellten, betonte mit gesenktem Blick und hängenden Schultern, dass er von der Krankheit, deren Ursprung übrigens mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in der Stasiuntersuchungshaftanstalt Hohenschönhausen lag, nichts gewusst zu haben, denn natürlich, wenn er es gewusst hätte, hätte er den Schmäh niemals veröffentlicht.
Am nächsten Tag trat dieser reuelose, verlogene Schreiber eine Hetzkampagne gegen uns los. Wir hatten ihm ehrlicherweise gestanden, dass wir einen Boykottaufruf gegen die taz in Erwägung gezogen hatten. Das war zugegebenermaßen naiv. Damals waren wir noch von der Aufrichtigkeit der Presse überzeugt. Nun, Schmutzkampagnen hatte ich schon in der DDR überstehen müssen. Deine hat mich gelehrt, dass Du kein bisschen besser bist. Wenn ich mich recht erinnere, hast Du in Deinem Nachruf Jürgen Fuchs, der ein ausgewiesener Linker war, noch Schmähungen ins Grab hinterhergeworfen.
Den Rest übergehe ich mit Schweigen, denn die unzähligen Verbalinjurien, die Du in den letzten Jahrzehnten gegen mich abgefeuert hast, sind in der Zusammenschau nur langweilig.
Nun hast Du mit dem Artikel über „Rechte Propheten“ ein weiteres Denunzianten-Stück versucht.
Anlässlich der Aufstellung von acht alttestamentarischen Prophetenfiguren auf der Kuppelbalustrade des Berliner Stadtschlosses raunt Dein Relotiusjünger Hartmann von „rechten Spendern“, die diese Skulpturen finanziert haben sollen. Er bezieht sich offenbar auf die „Gemeinsame Erklärung“ zweier deutscher Professoren und notorischer Schlossfeinde, die versuchen eine hanebüchene Kontaktschuld-Vorwurfs-Distanzierungs-Diskussion bezüglich der vielen, vielen Spender für das Stadtschloss wieder anzufachen. Haupt-“Beweis” ist ein seit Jahren toter Großspender, dessen Namen schamlos durch den Dreck gezogen wird. Man kennt inzwischen das Muster: Die von Antifa Zeckenbiss herbeigespinnten “Hetzjagden” von Chemnitz oder jüngst von Correctiv “aufgedeckten” angeblichen “Deportationspläne” einer Potsdamer Diskussionsrunde werden immer wieder thematisiert, als wäre nicht längst klar, dass es sich um geschickt inszenierte, gnadenlos aufgebauschte mediale Aufreger-Denunziations-Frames handelt – inhaltliche Substanz? Wenig (Potsdam) bis nichts (Chemnitz): Gesellschaftliches Stigmatisierungs- und Vernichtungsvorwurfpotential in beiden Fällen? Riesig.
Wobei Deine Quelle, liebe taz, nämlich die auf einer Seite der Uni Hamburg erschienene „Gemeinsame Erklärung“ von zwei Schlossfeinden-Professoren, bei jedem kritischen Journalisten hätte Fragen aufwerfen müssen. Schon wegen der Bezeichnung: Ich bin die Schirmherrin der alles andere als harmlosen „Gemeinsamen Erklärung 2018“, die sich gegen die unkontrollierte Masseneinwanderung wandte und sogar im Bundestag behandelt werden musste. Handelt es sich bei den Herren Professoren-Schloßfeinden etwa um heimliche Fans meiner “rechten” Umtriebe? Wie sonst wäre denn die ins Auge springende Übereinstimmung des „Wording“ zu erklären? Absurd? Ja, aber nicht absurder als diverse Rufmordpraktiken der meinungsmachenden Presse.
Was strickt der Autor der taz aus der “Gemeinsamen Erklärung”? Ich werde im taz-Artikel als „einstige DDR-Bürgerrechtlerin und Grünen-Politikerin, die einen Weg zurückgelegt hat nach rechts, zur Pegida- und AfD-Sympathisantin, Coronaleugnerin und Ehrenpreisträgerin der Jungen Freiheit“ vorgestellt.
Ich bin ziemlich enttäuscht, denn in diesem taz-Blick auf mein politisches Leben hätte „Palastleugnerin“ zwingend dazugehört!
Ja, ich war eine alles andere als harmlose Gegnerin des Palasts!
Ich bin nie der Versuchung erlegen, dieses Bauwerk als ein Haus des Volkes (das gab es in der DDR noch!) anzusehen. Es war ein Protz Bau, mit dem sich das Politbüro ein Denkmal setzen wollte und dafür Bauarbeite aus der ganzen Republik nach Berlin verpflichtete, so dass notwendige Krankenhäuser, Forschungseinrichtungen und Schulen nicht gebaut wurden.
Nein, Erichs Lampenladen war verhasst. Auf der Baustelle wurde ununterbrochen geklaut, vor allem die Wasserhähne aus dem Westen. Aber auch der Carrara-Marmor war vor dem Zugriff der interessierten Bevölkerung keineswegs sicher. So wurde ich eines Tages zu einer Party im Prenzlauer Berg eingeladen, wo im zweiten Hinterhof die Wände der Küche und des Klos auf der halben Treppe mit Palst-Marmor ausgekleidet waren.
Ich bin heute noch froh, dass ich Ende 1996 rechtzeitig zur CDU übergetreten bin, und verhindern habe, dass der letzte Ministerpräsident der DDR, Lothar de Maizière, die Unions-Bundestagsfraktion überzeugen konnte, den Palast der Republik vor dem Abriss zu bewahren, weil angeblich die DDR-Insassen (Joachim Gauck) mit ganzer Seele daran hingen. Ich gehörte zu den ersten Unterstützern des Schlossprojekts, was meine Debattenbeiträge im Bundestag bezeugen. Ich bin glücklich, dass wir diesen Kampf gewonnen haben. Das Schloss ist eine Zierde der ansonsten ziemlich ruinierten Berliner Mitte. Es wird sowohl von den Berlinern, als auch von den Menschen, die (noch) aus aller Welt nach Berlin kommen, angenommen. Es ist ein Symbol dessen, was das christliche Abendland zu leisten imstande war. Dazu gehört der Name Humboldt, dessen herausragenden Forschungen heute in Südamerika mehr gewürdigt werden als in seiner Heimatstadt.
Nun stehe ich durch Dich, liebe taz, wieder einmal am Medien-Pranger. Ich soll den Propheten Daniel finanziert haben.
Diese Information ist falsch, wie man mittlerweile nicht nur in einer eher unglücklichen überausführlichen Pressemitteilung des Humboldt-Forums nachlesen kann, sondern was auch die beiden Professoren-Schlossfeinde auf dem Blog der Uni Hamburg mittlerweile praktisch zugestehen. Wie diese, nennen wir es mal, Fehlwahrnehmung entstehen konnte, gilt es noch zu klären, hier ist der Förderverein gefragt, der aber mit der Situation auch ziemlich überfordert wirkt.
Ich gestehe aber (“ich bekenne”): Ich wäre gerne der Hauptfinanzier einer Prophetenfigur gewesen! Das hätte ich gern getan, wenn ich über die nötigen Geldmengen verfügen würde. Zur Wahrheit, liebe taz, liebe Schlossfeind-Professoren, gehört aber, dass die Rekonstruktion der Berliner Schlossfassadenelement viel mehr, viel vermögendere Fans hat, als die von Ihnen an den Pranger gestellte Palastleugnerin. Dass das gerade in linken Kreise besonders verhasste Kreuz auf der Kuppel und die auf Anweisung von König Friedrich Wilhelm IV. (1795–1861) angebrachte Umlaufschrift nicht auf Vera Lengsfeld zurückgeht kann man z.B. in dem unten angehängten Text aus der Süddeutschen Zeitung nachlesen.
Ich wundere mich, liebe taz, dass Dein Relotiusjünger, der händeringend nach einer Schuld von mir gesucht hat, nicht darauf gekommen ist, die Verbindung zu den von mir tatsächlich finanzierten kleinen, aber feinen Löwenköpfen herzustellen. Denn der Jude Daniel, eine Person des Alten Testaments, ist den Löwen zum Fraß vorgeworfen worden. Als Belohnung für seinen Gerechtigkeitssinn und seinen festen Glauben, hat Gott ihn vor dem Gefressen werden bewahrt. Er durfte bis ins gesegnete Alter von 80 Jahren die Macht Babylons und seinen Zerfall miterleben.
Eins, liebe taz, muss ich Deinem Autor zugutehalten: Er war klug genug, die völlig abstruse Argumentation der Herren Professoren von der Gemeinsamen Erklärung, warum es sich bei der Aufstellung der Figuren um einen „Ausbau der christlichen Symbolik“ handele, der alle anderen Religionen ausschließe, nicht zu übernehmen. Denn der Prophet Daniel kommt in den meisten christlichen Strömungen, außer in den Apokryphen, nicht vor. Er ist aber fester Bestandteil des Alten Testaments. Außerdem ist Daniel, wie Maria und Jesus, eine Figur des Koran. Muss man das als Architekt und als Historiker wissen, wenn man gegen den „rechten“ Daniel zu Felde zieht? Leider nein, den heutzutage muss man, wenn man zu denen, die Alexander Wendt in seinem neuen Buch „Verachtung nach unten“, die Wohlmeinenden nennt, also zur selbsternannten Moralelite, gehört, für auch die abstruseste Behauptung keinerlei Belege mehr bringen.
Mit den beiden Schlossfeind-Professoren würde ich es gern halten, wie Franz Josef Strauß und sie „nicht mal ignorieren“. Leider enthält die momentane Version von deren “Gemeinsamer Erklärung” einen Satz in meine Richtung, der so niemals von deutschen Professoren auf den Seiten einer deutschen Universität veröffentlicht werden darf. Da hört der Spaß auf. Ich werde zur Agnes Strack-Zimmermann, wenn sie das nicht umgehend zurücknehmen.
Das ist ein alles andere als harmloses Versprechen.
Übrigens mit speziellem Gruß an die Professoren Oswalt und Zimmerer (auch deutsche Professoren können ja noch etwas lernen) hier die Dokumentation der Schrift der Stadtschloss-Kuppel:
(Apostelgeschichte 4,12 und Philipper 2,10):
„Es ist in keinem andern Heil, ist auch kein anderer Name den Menschen gegeben, denn in dem Namen Jesu, zur Ehre Gottes des Vaters. Dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind.“
Hinweis: Da die Situation sehr dynamisch ist, wird dieser Text aktualisiert, wenn neue Informationen auftauchen.
Berliner Stadtschloss – Otto findet’s gut – Kultur – SZ.de (sueddeutsche.de)