Ihr kriegt uns niemals auf die Knie!

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Das Festival am 1-3.September im Schießhaus in Weimar, organisiert von Almut und Uli Masuth und ihren Helfern, war ein voller Erfolg. Mehr als das. Es hat Menschen zusammengebracht, die aus unterschiedlichen Schichten und Gegenden unseres Landes stammen, die aber eins eint: Sie lassen sich nicht nehmen, ihren eigenen Verstand zu gebrauchen und sie haben ihre Angst überwunden, das öffentlich zu tun. Hier herrschte Toleranz und Frohsinn, etwas, dass aus der Mehrheitsgesellschaft fast zum Verschwinden gebracht wurde

Musik und Wort versprach der Untertitel. In der Diskussion kamen so unterschiedliche Menschen und Meinungen zu Wort, von Gabriele Gysi, über Ulrike Guérot, Jürgen Fliege und Pfarrer Martin Michaelis, bis hin zu Hans-Joachim Maaz. Die Diskutanten sind weitgehend verbannt aus öffentlichen Foren, wegen ihrer Ablehnung von Krieg als Mittel der Politik, ihrer Skepsis gegenüber den Corona-Maßnahmen und der Klimarettung. Man war nicht einer Meinung, sondern respektierte selbstverständlich andere Ansichten. Nicht der Gleichschritt, sondern die Kontroverse ist das Lebenselixier einer freien Gesellschaft.

Entsprechend anregend waren die Pausengespäche. Freie Rede macht nicht nur klüger, sondern glücklich.

Hauptsächlich ging es den Veranstaltern aber darum, den Konformitätsdruck, dem Kunst und Kultur durch staatliche Förderung ausgesetzt sind, etwas entgegenzusetzen. Das Festival wurde ohne jede staatliche Zuwendung auf die Beine gestellt und bot vor allem Künstlern eine Bühne, die seit der sogenannten Pandemie vom offiziellen Kulturbetrieb immer wieder gemieden werden, weil sie sich kritisch äusserten und weil sie nicht der geforderten Meinung waren.

Unbeabsichtigt geriet das Festival zum Beweis, wie sehr die Kultur durch die zur Praxis gewordene Ausgrenzung Andersdenkender verarmt. Ich bitte alle Musiker um Verzeihung, dass ich nur drei Aufführungen erwähne und versichere, dass alle nicht genannten von gleich hoher Qualität waren.

Das Ensemble Ost-West Klang, gegründet vom Iraner Afshin Chavami bot Lyrik und Lieder iranischer oppositioneller Künstler. Die Worte verstand kaum einer im Saal, persische Poesie lässt sich auch schwer ins Deutsche übersetzen, aber die Melodien berührten die Seelen aller Anwesenden. Die erfahren dadurch die notwendige Stärkung in einer Zeit, wo die Seelen der Menschen unter permanenter Attacke stehen, weil jede ihren eigenen Klang hat, was der Gleichmacherei Schranken setzt. Musik verbindet ohne Worte.

Ein besonderes Erlebnis war der Auftritt der Group des wunderbaren Markus Stockhausen mit seinem Quartet. Die Besetzung in Weimar war eine Premiere, aber Stockhausen verbindet die Musiker, wie mit unsichtbaren Drähten und fordert sie zu Höchstleistungen heraus. Ob am Klavier (Tomasz Kowalczyk), Cello (Jörg Brinkmann) oder Schlagzeug (Bodek Janke) – alle drei Mitspieler waren brillant.

Besonders gespannt war ich bei der Zugabe, eine freie Improvisation. Die vier Musiker spielten, als wären sie ein Körper.

Eben habe ich erfahren, dass ein Veranstalter aus der Nähe von Hannover die Markus Stockhausen Group nicht in sein Winterprogramm einlädt, weil ihm Stockhausens Skepsis bezüglich der allgemeinen Meinung, dass das von Menschen erzeugte CO2 die Hauptursache des Klimawandels sei, nicht gefällt. Zwar sollte Stockhausen keinen Vortrag halten, sondern Jazz spielen, aber der Veranstalter, ein Fan der Letzten Generation, ist der Meinung, die richtige Haltung, nicht die musikalische Qualität wäre für die Auftritte auf seiner Bühne entscheidend und bezichtigte ihn, Fake News zu verbreiten. Der Leidtragende ist das Publikum, dem eine exzellente Aufführung entgeht.

Das Erlebnis, wegen angeblich falscher Haltung ausgeladen zu werden, kennt Jens Fischer-Rodrian zur Genüge. Ihm sind etwa 80% seiner üblichen Veranstaltungsorte weggebrochen. Dafür hat es jede Menge neue gegeben, Yoga-Studios, Antiquitätenläden, Wohnungen, Privatgärten. Als ich das hörte, hatte ich das Gefühl, die DDR sei auferstanden, mit ihrer Kulturszene, die sich nur in Privaträumen und ein paar Kirchen entfalten konnte. Aber Fischer-Rodrian lässt sich davon nicht unterkriegen. Er freute sich sichtlich, wieder einmal vor mehreren hundert Leuten im ausverkauften Schießhaus spielen zu können. Und er riss sein Publikum mit, brachte es zum Singen. Als er nach einer knappen Stunde aufhören musste und trotz stürmischen Beifalls keine Möglichkeit für eine Zugabe war, sangen die Zuschauer für ihn.

Die Überschrift für diesen Artikel stammt von Fischer-Rodrian. „Ihr zwingt uns niemals in die Knie“. Hören Sie selbst: https://www.youtube.com/watch?v=6EC8zyATpTg

Am Ende hätte ich nur einen Wunsch: Es sollte nicht das erste und letzte Festival gewesen sein.



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