Ratschläge für den richtigen Umgang mit einem falschen Notstromaggregat

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Von Gastautor Wulf Bennert

In den letzten Monaten wurden in Deutschland so viele Notstromaggregate gekauft wie noch niemals zuvor; der leergefegte Markt konfrontiert Interessenten inzwischen mit Wartezeiten von bis zu einem Jahr. Das Interesse der Käufer ist durchaus berechtigt, denn wir steuern zielbewusst auf eine Strommangellage zu. Sie wird sich zunächst durch „rollierende Brownouts“ eindrucksvoll dokumentieren, die nach dem Auslaufen der „Abschaltverordnung“ die Verbraucher ohne Vorwarnung treffen. In der Industrie werden die (vorerst) für anderthalb Stunden geplanten Abschaltungen einzelner Netzbereiche beträchtlichen Schaden anrichten, und auch dem privaten Verbraucher werden diese bislang nur aus zurückgebliebenen Entwicklungsländern bekannten Zustände einiges abverlangen. So sollte man künftig die Benutzung eines Fahrstuhles nur mit sorgfältig entleerter Blase und nicht zu vollem Darm in Erwägung ziehen. Die viel größere Gefahr besteht aber in der Tatsache, dass ein Stromnetz, welches ständig am Rande seiner Leistungsfähigkeit gefahren wird, an Stabilität einbüsst. Die Dispatcher in den Schaltwarten werden unter dem Druck der Politik stehen, die Abschaltungen so weit wie nur irgend möglich hinauszuzögern, denn ein Volk ohne Strom ist ein sehr unzufriedenes Volk. Die Veringerung der Sicherheitsreserven erhöht zwangsläufig die Wahrscheinlichkeit für einen großflächigen langandauernden Stromausfall, den Blackout.

In der Furcht vor einer solchen katastrophalen Situation ging dem Kauf eines Notstromaggregates in vielen Fällen keine sorgfältige Überlegung voraus, wie es beim Ausfall des Netzes eigentlich zu nutzen wäre – man war froh, überhaupt noch eines zu bekommen. Benzin, Diesel oder Propangas als Energieträger? Grundsätzlich sind sie alle geeignet; zu ihren Besonderheiten sei auf die Broschüre „Blackout – Kleines Handbuch zum Umgang mit einer wachsenden Gefahr“ * verwiesen, die auch grundsätzliche Hinweise zu ihrer Lagerfähigkeit enthält. Drehstrom (400 V) oder Lichtstrom (220 V) am Ausgang des Notstromaggregats? Moderne Haushalte (ab ca. 1950) werden grundsätzlich mit Drehstrom (Dreiphasenstrom) versorgt. Dabei werden drei spannungsführende Leiter (R, S und T genannt) in den Haus- (Wohnungs-) Anschluss geführt, deren Wechselspannungen zeitlich gegeneinander versetzt (phasenveschoben) sind. Zwischen jeder Phase und dem Nullleiter (Erde) liegt eine Spannung von 220 Volt an; zwischen den Phasen beträgt die Spannung (wegen der Phasenverschiebung) 380 Volt. Die Installation der festverdrahteten Verbraucher versucht man stets einigermaßen gleichmäßig auf die drei Phasen zu verteilen.

In normalen Haushalten gibt es jedoch nur wenige bis gar keine Verbraucher, die tatsächlich dreiphasig mit einer Spannung von 400 Volt zu betreiben sind. Dazu zählen Drehstrommotoren und Elektroherd/Backofen-Kombinationen, die eine hohe Leistung aufnehmen. Prinzipiell lässt sich der Backofen zwar auf 230 Volt umrüsten, bietet dann aber eine wesentlich geringere Leistung.

Eigentlich benötigt man für die Versorgung eines modernen Haushalts mit seinen drei installierten Phasen auch ein Notstromaggregat mit dreiphasigem Ausgang (400V-Aggregat). Mit Verzicht auf die Versorgung etwa vorhandener Drehstromverbraucher kann man aber auch ein „falsches“ Gerät mit 220 Volt Ausgangsspannung anschließen, wie weiter unten erläutert wird.

Der Anschluss des Aggregats an Verbraucher kann auf zweierlei Weise erfolgen:

  1. Anschluss an singuläre Verbraucher über Kabel mit Steckverbindungen
  2. Anschluss an das dreiphasig installierte Haus- bzw. Wohnungsnetz

Variante 1. kann problemlos ohne Inanspruchnahme eines Fachmanns erfolgen, hat vor allem jedoch den Nachteil, dass fest verdrahtete Verbraucher nicht mit Notstrom versorgt werden können. Dazu gehören die Umwälzpumpen einer Zentralheizung und deren Steuerung, ein beträchtlicher Teil der Beleuchtung, Smart Home-Systeme, Pumpen und Hebeeinrichtungen für private Kläranlagen sowie natürlich auch die Wechselrichter einer PV-Anlage. Wenn mehrere Verbraucher versorgt werden sollen, ist neben der Vermeidung einer Überlastung des Aggregats auf ausreichenden Querschnitt der Zuführungskabel zu achten. Ihr Verlauf setzt auch Türen bzw. Fenster voraus, die nicht vollständig geschlossen werden können. Ein Aggregat kann übrigens im Dauerbetrieb etwa 70% seiner auf dem Typenschild angegebenen Nennleistung abgeben; bei einem 2kW-Aggregat wären das 1,4 Kilowatt.

Variante 2. erfordert in jedem Fall die Mitwirkung eines Fachmanns. Er hat unmittelbar hinter den Hauptsicherungen für die drei Phasen R, S und T einen Notstromumschalter mit den Stellungen „Netz“, „Null“ und „Notstrom“ zu installieren. Die Zuleitungen für Notstrom müssen dann zu einem Einspeisewandstecker geführt werden, bei dem im Gegensatz zu einer gewöhnlichen Steckdose die Kontaktstifte nach außen zeigen. An diesen Einspeisewandstecker kann das Notstromaggregat ohne weitere Vorkehrungen mittels eines normalen Drehstromkabels angeschlossen werden – sofern es einen dreiphasigen Ausgang besitzt. In Betrieb nehmen kann man es jedoch nur, wenn gesichert ist, dass seine Leistung für alle Verbraucher ausreicht, die gleichzeitig angeschlossen werden sollen. Der Leistungsbedarf üblicher Verbraucher kann ebenfalls der Broschüre „Blackout“ entnommen werden. Geräte, deren Betrieb das Aggregat überfordern würde, müssen ausgeschaltet werden, bevor die Stellung „Notstrom“ eingeschaltet wird.

Einspeisung  eines einphasigen (230V-) Aggregates in ein dreiphasig verlegtes Netz

Man benötigt einen zweiten Schalter, der die Ausgangspannung des Aggregats von 220 Volt mit allen drei Phasen des Hauseingangs R, S und T verbindet, die dann praktisch parallel geschaltet sind. Vorher muss der Notstromumschalter auf „Null“ stehen und alle echten Drehstromverbraucher sind vom Hausnetz zu trennen. Außerdem ist auch hier sicher zu stellen, dass die Summe der angeschlossenen Verbraucher das Aggregat nicht überlastet. Die Trennung der echten Drehstromverbraucher und der Verbraucher mit zu hoher Leistungsaufnahme vom Hausnetz geschieht unter den Bedingungen eines Netzausfalls ja in einer gewissen Stresssituation, die Fehler begünstigt. Man kann sie vermeiden, indem man schon früher vorsorglich in den Unterverteilungen alle Geräte, die mit Notstrom zu versorgen sind, auf eine Phase (z.B. R) legt und den zweiten Schalter nur an diese Phase anschließt – eine Leistung, die der Fachmann erbringen sollte.

Lassen sich zwei Aggregate gleichzeitig in das Hausnetz einspeisen?

Das ist durchaus möglich, wenn sie auf unterschiedliche Phasen aufgeschaltet werden. Alle Aussagen zur Einspeisung eines einzigen Stromerzeugers gelten auch für den zweiten.

Kann eine vorhandene PV-Anlage parallel zum Notstromgenerator genutzt werden?

Auch diese Frage kann bejaht werden. An den Wechselrichtern der Anlage liegt ja beim Betrieb eines Notstromaggregats die für den Betrieb benötigte Spannung an, so dass sie arbeiten können – solange die Sonne scheint. Dem Eigentümer steht dann insgesamt eine elektrische Leistung zur Verfügung, die sich aus der Nennleistung des Aggregats und der veränderlichen Leistungsabgabe seiner PV-Anlage zusammensetzt.

Sollten wir uns auf einen längerdauernden Stromausfall freuen?

Wenn es nach unserem Minister für Wirtschaft und Klimaschutz geht: Ja! Er hat zusammen mit seiner Ehefrau ein Kinderbuch unter dem Titel „Kleine Helden – große Abenteuer“ geschrieben. Darin gibt es auch eine Geschichte über einen Stromausfall, dessen Vorzüge schon im Klappentext hervorgehoben werden: „Emily erfährt aus erster Hand, wie aufregend ein nächtlicher Stromausfall sein kann.“ Das Kapitel endet mit der Äußerung: „Eigentlich schade, dass es wieder Strom gibt!“ Dass ein solcher Autor kein Interesse an der Verhinderung eines langandauernden großflächigen Stromausfalls hat, liegt auf der Hand. Sieht er dieser Katastrophe vielleicht sogar erwartungsvoll entgegen?

*Erhältlich unter: www.kaleidoscriptum-verlag.de



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