Von Gastautor Josef Hueber
Beobachtung an einer kleinen Universität bei der Konfrontation politisch korrekter Studenten mit akademischem Denken
Seine Exzellenz Kardinal Rainer Maria Woelki zu verteidigen, obwohl er im Dauerbeschuss der Medien steht, ist keine erquickliche Aufgabe. Vor allem dann nicht, wenn er sich in den Schlagzeilen nicht nur der bundesweiten Mitnahmepresse beim Bäcker oder Metzger, sondern auch in der bundesweiten Elitenpresse als Auflagenbooster herausgestellt hat. Seine Verteidigung ist vor allem dann nicht angenehm, wenn er vielleicht tatsächlich kirchenpolitischen Mist gebaut hat.
Die Tagung – eine Provokation?
Kardinal Rainer Maria Woelki, bekannt durch die spektakuläre Installation eines Flüchtlingsbootes als Altar im Kölner Dom, jüngst in der Kritik wegen Riesenausgaben für Gutachten im Zusammenhang mit Missbrauch bzw. angeblichem Versagen bei dessen Aufklärung, sowie der Kenntnis von Begleichung von Spielschulden eines Geistlichen, war vor einigen Tagen nicht das erste Mal in Eichstätt. Schon vorher eingeladen von Bischof Gregor Maria Hanke, zu einer „Auszeit“, zu Exerzitien, kam er jetzt, eingeladen von der katholischen Fakultät der Universität Eichstätt-Ingolstadt, zum Festvortrag am 7. Mai auf der Tagung mit der Thematik „Katholische Bildung aus biblischer Perspektive“. Katholische Universitäten, so Woelkis These, seien “Zentren der wissenschaftlichen Erforschung der Sophia, des christlichen Glaubens, der Frage nach Gott und des Dialogs von Glaube und Vernunft”.
Man möchte glauben, dass es an einer kath. Universität auch für hier eingeschriebene Studenten ein originäres Anliegen ist, über den Zusammenhang zwischen Glauben und Bildung nachzudenken und dies auf einer Tagung in den Fokus zu stellen. Dass man dazu einen Kenner der Materie einlädt, dürfte ebenfalls eine Selbstverständlichkeit sein, sowohl für die Universität, als auch für die Studenten. Was leider nicht mehr als selbstverständlich vorausgesetzt werden darf, ist das primäre Interesse der Studenten an der Kompetenz des Festredners und seiner zu erwartenden Fähigkeit, ein Thema zu durchdringen. Oder an der Diskussion darüber. Den wichtigsten Platz in der ersten Reihe im Hörsaal hat sich nämlich (nun offenbar auch in Eichstätt) die politisch korrekte Haltung des jeweiligen Studenten reserviert. Er bestimmt, wer zu reden hat, zumindest aber, wer unerwünscht ist. Und da war im Falle Rainer Maria Woelki nichts anderes zu erwarten.
Aufrecht dagegen
Die Lokalpresse berichtete, wie „willkommen“ der Gast aus Köln war: „Mit der Tagung nicht einverstanden / Einige Studierende wollen das nicht unkommentiert lassen“. Ohne auch nur ein einziges Wort von Kardinal Woelki gehört zu haben, standen die studentischen Demonstranten schon am Vortag vor dem Eingang des Hauptgebäudes und protestierten. Großzügig keine Blockierung planend, ließ man dennoch wissen: „Wir wollen diese Veranstaltung nicht verhindern. Wir zeigen durch unsere Präsenz, dass wir nicht ein einverstanden sind mit dieser Tagung“.
Ich habe mir die Mühe gemacht, das Original der Rede von Kardinal Woelki ausfindig zu machen. Der Text liegt nicht vor, aber der Vortrag selbst ist auf Youtube nachzuhören und zu sehen. https://t1p.de/so3r6 Auch dem nicht gerade katholisch Gesinnten, aber vielleicht theologisch Interessierten wird deutlich, dass Woelki in Stil und gedanklich- religiöser Durchdringung durchaus hörenswert ist, wenn er über den Zusammenhang zwischen Bildung und christlichem Glauben spricht.
Bequemes Denken : ad personam
Ein goldenes Verbot in der sachlichen Auseinandersetzung lautet, keine Argumente ad personam zu verwenden, d.h. statt gegen die Sache gegen die Person zu argumentieren. An den Universitäten hat sich dieses Verbot offensichtlich mittlerweile als umgekehrtes goldenes Muss gemausert: Nicht die Argumente werden diskutiert, sondern die Person ist Gegenstand der Auseinandersetzung. Dies macht es freilich einfach für Studenten. Sie müssen es sich nicht gefallen lassen, mit Gedanken konfrontiert zu werden, die man 1. nicht gleich und leicht (wenn überhaupt) versteht, und deren Nachvollzug 2. intensive Arbeit mit Büchern und Aufsätzen voraussetzt oder nach sich zieht. Diese Methode der Aneignung von Bildung, so darf man unterstellen, ist keine rein katholische Vorstellung von Bildung.
Wie hieß das von Woelki leitmotivisch vorgetragene Motto aus dem alttestamentlichen Buch der Weisheit? „Unglücklich sind, die Weisheit und Bildung verachten.“
Die fortschrittlichen Studierenden des Faches „Haltung“ sollten es sich als Plakat an die Türe ihrer Studentenbude kleben.