Warum ich keinen CDU-Vorsitzenden wähle

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Was fehlt in der öffentlichen Berichterstattung? Richtig. Die CDU. Die Haltungsmedien laufen jetzt mit fliegenden Fahnen hinter den Ampelparteien her. Die CDU interessiert nicht mehr. Am Tag des Großen Zapfenstreichs wurde über Merkel berichtet, als wäre sie eine überparteiliche Konsensfigur. Die düstere bis gruselige Atmosphäre im Bendler-Blog war, obwohl unbeabsichtigt, charakteristisch für die endlosen Merkel-Jahre. In den sozialen Medien hagelte es an diesem Tag peinliche Lobhudeleien von CDU-Mitgliedern, die „ihrer“ Kanzlerin dankten. Wofür, wussten sie selbst nicht zu sagen. Auch die Journalisten, die sich redlich mühten, etwas zu finden, das man positiv mit dem Namen Merkel verbinden könnte, wurden nicht wirklich fündig. Die historische Aufarbeitung wird dennoch beginnen.

Wetten, dass Merkel während der Zeremonie keinen Gedanken an die Partei verschwendete, die sie wie ein gerupftes Huhn zurückgelassen hat? Sie hat die CDU nie gemocht, wenn nicht gar gehasst, das kann man bei Edwald König, dem Chronisten ihrer 90er Jahre, nachlesen. Sie hat die Partei aber außerordentlich erfolgreich als Karriereleiter benutzt. Jetzt ist sie weg und die Partei hat immer noch nicht begriffen, was mit ihr geschehen ist. In den einunddreißig Jahren nach der Vereinigung hat die Union 24 Jahre regiert. Eben war sie noch wichtig. Nun kräht kein Pressehahn mehr nach ihr.

Inzwischen ist die Wahl zum neuen Parteivorsitzenden weitgehend unbeachtet angelaufen. Die Mitglieder dürfen abstimmen. Aber die Funktionärskaste sorgte dafür, dass keine Kandidaten aufgestellt wurden, die wirklich frischen Wind in die Partei bringen würden. Man konnte sich nicht unabhängig bewerben, sondern brauchte die Befürwortung eines Kreisverbandes. Als sich eine Frau, Sabine Buder, in Brandenburg bewarb, scheiterte sie an dieser Festlegung, obwohl sie vorher von ihrem Kreisverband als Bundestagkandidatin nominiert worden war und das beste Erstwahlergebnis aller Brandenburger Wahlkreise erzielte.

Die drei männlichen Kandidaten repräsentieren auf unterschiedliche Art das Elend der CDU. Alle drei gehören zum Altkader der Partei, sind verstrickt im Funktionärsnetzwerk und sind von daher nicht in der Lage, die Last der Merkel-Jahre mit ihren folgenschweren Fehlentscheidungen abzuschütteln und für einen Neustart zu sorgen.

Beginnen wir mit Norbert Röttgen, der sich einst „Muttis Klügster“ nennen ließ, dem dafür die Gunst entzogen wurde und der dennoch ein standhafter Merkelianer geblieben ist. Außer der Beteuerung, dass er die “erfolgreiche Politik“ der Kanzlerin fortsetzen wolle, ist von ihm nichts Inhaltliches zu hören.

Das Gegner der Corona-Impfungen nach seiner Ansicht „eine größere Herausforderung für den Zusammenhalt der Gesellschaft als staatliche Maßnahmen wie die Impfpflicht“ seien, ist nicht mehr als eine Anbiederung an die Ampelkoalition. Auch Helge Braun möchte die Merkel-Linie fortsetzen. Als Kanzleramtsminister war er ja der wichtigste Gehilfe seiner Chefin.

Bleibt Friedrich Merz, den die verzweifelte bürgerliche Restvernunft der Partei fälschlicherweise für den Retter aus dem merkelschen Sumpf hält. Schließlich ist er ein anerkannter Gegner ihrer Person. Dass sich das nicht auf ihre Politik bezieht, haben die allermeisten Merzfans noch nicht mitbekommen.

Merz will mindestens 200.000 Migranten pro Jahr nach Deutschland holen, er befürwortet die „Klimarettung“, liegt in der Corona-Politik auf Merkel-Linie. Seinen Generalsekretär in spe Mario Czaja ließ als eines der ersten Statements verlauten, die AfD sei der „Feind“. Damit ist für die Selbstfesselung in der Opposition im Bundestag gesorgt. Mit einem „Feind“ darf man auch dann nicht stimmen, wenn er etwas Vernünftiges vorschlägt.

Will Merz wirklich nichts gegen den Vorstoß der Ampelkoalition unternehmen, das Wahlalter auf 16 Jahre abzusenken, die muslimische Vielehe zu legalisieren und rechtliche Regelungen zugunsten von „Beseitigung von Hindernissen“ für die Installierung von Windrädern, auch in dafür ungeeigneten (weniger windhöffigen) Lagen auszuhebeln, nur weil die AfD das vermutlich tun wird? Die Ampelkoalitionäre kommen dank solcher Bekenntnisse vor Lachen nicht in den Schlaf, denn Czaja hat ihnen bereits einen Freibrief ausgestellt. Czajas Einlassung kam übrigens nachdem die Linke sich in Pankow einen Bürgermeister mit AfD-Stimmen wählen ließ. Die Linke denkt im Gegensatz zu CDU-Parteivorsitzenden-Kandidaten machttaktisch, ohne hinderliche Tabus zu beachten.

Merz hat es tatsächlich auch noch fertiggebracht, mit einem Tweet Karl Lauterbach zum Gesundheitsminister zu befördern. Er glaubte, twittern zu müssen:

„Bei der #Ampel spielt Kompetenz offenbar fast keine Rolle mehr, nur noch Geschlecht. Man kann von Karl #Lauterbach halten, was man will. Aber dass er als Gesicht der #SPD-Gesundheitspolitik nicht Minister wird, nur weil er nicht Karoline heißt, ist absurd.“

Olaf Scholz reagierte prompt. Er beförderte Lauterbach zum Gesundheitsminister und man kann sicher sein, dass der CDU im Bundestag dieser Tweet um die Ohren gehauen wird, sollte sie Lauterbach kritisieren. Kevin Kühnert spottete bereits: Nikolaus ist, wenn Wünsche erfüllt werden. Ihr wolltet ihn – ihr kriegt ihn. Gesundheitsminister @Karl_Lauterbach!

Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Wenn ich noch einen Grund gebraucht hätte, auch Merz nicht zu wählen, hätte dieser Tweet ihn geliefert.



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