Angela Merkel – ein false friend verabschiedet sich von Israel

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Gastautor Josef Hueber

Der Abschiedsbesuch sollte ein Freundschaftsbesuch sein. Bundeskanzlerin Merkel reiste zum letzten Mal offiziell nach Israel. Sie servierte Bausteine aus der Kiste politisch korrekter Israel-Solidarität, die mit der Israel-Politik, die sie als Regierungschefin zu verantworten hatte, nichts gemein haben.

Potemkin war Protokollchef – Flaggen und freundliche Gesichter

In der Sprachwissenschaft bezeichnet man als false friends zwei Wörter in verwandten Sprachen, die durch ihre äußere Ähnlichkeit irrtümlich die gleiche Bedeutung nahelegen. Das englische Wort actual heißt beispielsweise nicht aktuell, sondern wirklich/tatsächlich. Angela Merkel hinterließ bei ihrem Besuch Aussagen, die sie als politischen  false friend qualifizierten, da sie das Gegenteil der dahinterstehenden Realität vorgaukelte.

Fürs Pressefoto gab es zwei kleine Nationalflaggen auf dem Beistelltisch zwischen Angela Merkel und Naftali Bennet (Merkel hat die deutsche diesmal nicht von sich geworfen). Sie täuschten gleiche Augenhöhe, Einklang und Solidarität vor, unterstützt von einem freundlichen Lächeln der Kanzlerin. Das ist zwar fotogen , mit der politischen Wirklichkeit hat die Inszenierung aber wenig zu tun. Liest man nämlich, was die Bundeskanzlerin dem Regierungschef Israels gesagt hat, so offenbart die Bilanz merkelscher Israel-Politik einen bizarren Gegensatz zu den Bekenntnisbausteinen, die man in der deutschen Israel-Politik gewohnt ist. Und dann gab es noch eine politische Belehrung zum Thema Verantwortung Israels für den Frieden in Nahost, die an Arroganz und Lehrerhaftigkeit nichts zu wünschen übrigließ.

Hohle Phrasen – eine Auswahl

Vorneweg das ewige Mantra der verinnerlichten Lehre aus deutscher Vergangenheit: „Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um zu betonen, dass das Thema der Sicherheit Israels immer von zentraler Bedeutung und ein zentrales Thema jeder deutschen Regierung sein wird”. Sie, Angela Merkel, habe während ihrer Amtszeit versucht, die Beziehungen zwischen Israel und Deutschland durch alle Mitglieder ihrer Regierung zu stärken. Außenminister Maas war währenddessen vermutlich damit beschäftigt, in der UNO, mit Merkels Zustimmung, israelfeindliche Abstimmungen zu unterstützen.

Um die standfeste Solidarität mit Israel außer Zweifel zu lassen, räumt sie zum Iran-Deal zwar ein: „Das Atomabkommen ist nicht ideal, aber wir befinden uns jetzt in einer schwierigen Situation, weil die Iraner nicht in Gespräche eintreten und weiterhin Uran anreichern”. Damit Teheran sich im Klaren ist: „Die Botschaft an den Iran ist unmissverständlich: „Kehrt an den Verhandlungstisch zurück!”

Der moralische Zeigefinger der Oberlehrerin

Auf die Palästinenser und die Problematik israelischer Siedlungspolitik und des israelischen Staatsverständnisses angesprochen, sagte Merkel sinngemäß in der Pressekonferenz, eine Zwei-Staaten-Lösung sei alternativlos: „Wir können sie nicht vom Tisch fegen”. Merkel betonte verstärkend, dass die Siedlungspolitik der Verwirklichung einer Zwei-Staaten-Lösung im Wege stehe. Ganz klare Implikation: Sie müsse rückgängig gemacht werden (ging ja in Gaza auch schon mal), und das Beharren auf der Ein-Staat-Lösung ist illusionär, wenn man Frieden will. (Das weiß auch die taz: „Im Vergleich zu den Problemen, die ein Staat für beide Völker mit sich brächte, erscheint die Umsetzung der Zweistaatenlösung wie ein Kinderspiel.” https://t1p.de/zzkh)
Keine Antwort ist auch eine Antwort

Was ging Bennett angesichts der Vorschläge aus Berlin wohl durch den Kopf? Er formulierte es so: „Die Bedeutung eines palästinensischen Staates besteht darin, dass eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass ein Terrorstaat errichtet wird. Die Welt warte, während “die Iraner die Zeit totschlagen und die Zentrifugen sich drehen”. Es habe „keinen Sinn, die Iraner zu beschwichtigen; sie  interpretieren Beschwichtigung als Schwäche.“ Gab es von Merkel eine Antwort auf Bennetts kritische Hinweise? Die Presse, soweit der zitierte Artikel, weiß davon nichts zu berichten.

Wolffsohns Think different

Prof. Michael Wolffsohn, der im deutschsprachigen Raum wohl bekannteste deutsch-israelische Wissenschaftler, kam zu einer desaströsen Beurteilung deutscher Israelpolitik unter dieser Bundeskanzlerin. Für ihn gilt: „Die Merkel-Regierung hat Israels Existenz gefährdet.“ Wolffsohn fasst die Aussagen der Bundeskanzlerin so zusammen: Merkels Äußerungen insgesamt seien „eindrucksvoll wort­reich“. Aber „Zuckerwatte sättigt nicht.“

Die Bedrohung Israels

Wolffsohns Aussagen in Thesenform: Aus Furcht vor dem islamistischen Terror wird die deutsche Israel- und     Nahostpolitik windelweich. Den deutlichen Hinweis liefert das permanent antiis­raelische Abstimmungsverhal­ten Deutschlands in den UN. Merkel führt dabei die deut­sche Regie, unterstützt vom ebenfalls nur mit Worten pro­ israelischen Außenminister Maas. Ohne Israel haben die Juden in der ganzen Welt keine Lebensversicherung mehr, keinen sicheren Hafen im Fall der Fälle. Von Sicherheitspolitik versteht Merkel nichts, oder sie will nichts verstehen. Dies wurde in ihrer Rede in der Knesset 2008 deutlich, wo sie einen Angriff auf Israel verteidigungspolitisch mit einem Angriff auf Deutschland gleichsetzte. Dies geschah ohne Absprache mit den Nato-Partnern. Erdogans Türkei würde sich [im Kriegsfall] dafür “bedanken”.

Die Situation der Juden in Deutschland

Die Frage, „wie wichtig die Kanzlerin Merkel für die Juden in Deutschland“ gewesen sei, kommentierte Wolffsohn lakonisch: „Schöne  Worte, schwache und schädliche Ta­ten.“

Viel medialen Goodwill gab es dennoch bei der Bewertung des Besuches von Frau Merkel  in Israel

Ein Editorial der Jerusalem Post vom selben Tag lässt begeistert wissen, dass man den Besuch würdigen müsse. Denn es war ein Besuch, „den sie nicht hätte abstatten müssen. Sie hätte sich entscheiden können, in Deutschland zu bleiben und die verbleibenden Tage ihrer Regierung zu überstehen, bis eine neue Koalition gebildet wird”. https://t1p.de/poiu

Aber vielleicht kompensierte die Aussicht auf die Verleihung des  Dr.hc. durch Technion, dem Israel Institute of Technology,  die Strapazen der gebetsmühlenartigen Bekundung der unverrückbaren Solidarität mit Israel bei Gesprächen mit Politikern und der Presse, oder beim Kranzniederlegen („immerwährende Verantwortung“) in Yad Vashem?

 



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