Von Gastautor Sven Lindgreen
Sehr geehrte Dam*Innen und Herr:innen, liebe cis-Autofahr*er_I:nnen!
Der Autobauer Audi verkündet gendergerechte Sprache für seine „Audianer_innen“, liest man in der Augsburger Allgemeinen, die ihren Artikel der Selbstdarstellung von LBG+T-usw-Vereinen öffnet. Ein komplettes Jahr hat eine „Projektgruppe“ um Antonia Wadé daran gearbeitet und ein 13-seitiges Papier erzeugt. Eine Seite pro Monat und wahrscheinlich nicht zum Mindestlohn. Herr_Frau_Person Wadé (m/w/d) empfiehlt den Gender_Gap, der „Raum schafft für alle nicht-binären Geschlechtsidentitäten“. Was für ein Marketing-Geschwurbel und durchsichtiger Versuch, auf den vermeintlichen Zeitgeist aufzusatteln. Aber irgendwo müssen die Leute, die heute in den sogenannten „Orchideen-Fächern“ (also nett anzuschauen, aber nicht mal in der Küche zu gebrauchen) an unseren Unis ausgebildet verblendet wurden, ja arbeiten beschäftigt werden. Und um seine eigene Daseinsberechtigung als Gehaltsempfänger nachzuweisen, erfindet man eine Gedankenwelt voller phantastischer Genderwesen. Da fehlt nur noch eine Ein:hörn_in, der/die/das durchs Bild galoppiert.
Ich will diese Sexualisierung unseres Lebens nicht immer wieder in meinen Kopf gepflanzt bekommen. Allerorten wird durch das Gendern der Sprache ja auch etwas Sexuelles getriggert. Die Betonung des Geschlechtlichen meint immer irgendwo auch die Möglichkeit der sexuellen Interaktion. Ich verstehe auch nicht, warum Audi beim Autoschrauben sexuelle Diversität sichtbar machen will. Die sollen arbeiten! Was die zu Hause machen und mit wem, will ich nicht wissen. Raus aus meinem Kopf!
Jahrelang habe ich bei Audi an Gerhard Schröder gedacht, den Autokanzler, viermal verheiratet und vier Ehe-Audi-Ringe. Das Bild habe ich nicht selbst erdacht, das haben mir Medien beigebracht. Nein, ich will bei Audi nicht auch noch an viele Geschlechter denken. Nein, ich denke nicht an Rückbank, aber „Ich denke nicht an den rosa Elefanten“ funktioniert bekanntlich auch nicht. Ich werde nie wieder einen Audi sehen, ohne an die Rückenbänkler_innen zu denken, was hat mir die Kommunikationsstrateg*in da in den Kopf gepflanzt… Da hilft nur Ablenkung, indem ich aktiv, ach was, proaktiv an Katzenbabys denke, Katzenbabys, Katzenbabys, Katzenbabys….
Ich würde lieber von einem Autobauer folgende Statements hören:
„Audi unterstützt die Entwicklung von Kraftstoffen aus Algen und schafft so Grundlage für schadstoffarme CO2-neutrale Verbrennungsmotoren ohne fossile Brennstoffe.“
„Audi fordert von der EU die Abkehr vom Wahn, Schadstoffgrenzen nur politisch festzulegen, die die Autobauer physikalisch nicht adäquat umsetzen können. Sonst werden wieder Autobauer versuchen, diese Grenzen nur vorzutäuschen, da sie sinnvoll nicht zu erreichen sind.“
„Audi fordert einen sinnvollen Mix aus E-Autos und Verbrennern von nicht-fossilen Kraftstoffen, da nicht alle Autos durch E-Autos ausgetauscht werden können, weil das Stromnetz dafür nicht ausreicht.“
Für mich ist es logisch zu sagen: der Schüler, die Schülerin, die Schüler, also alle Schüler der Schule. Was bringt mir „Schülerinnen und Schüler“ an Mehrinformation? Warum sollte ich sogar „gendergerecht“ „Schüler_innen“ mit einem Stolpern in der Stimme sagen oder mit den Augen über Bindestriche oder Doppelpunkte stolpernd? So bleiben nicht nur Rede- und Lesefluss auf der Strecke, sondern es lenkt vom Weg des Themas ab, wenn man immer wieder nach links und rechts in die Büsche mit „und *innen“ springt. Aber da haben die Lehrer (also Lehrer_innen (m/w/d)) schon etwas den Gender-Schlendrian_innen Einzug halten lassen und aus dem sperrigen „Schülerinnen und Schüler“, die „SuS“ gemacht. Und aus Lehrern wurden „LuL“. „Ein Lehrer lehrt seine Schüler“ ist ein Satz im generischen Maskulinum und umfaßt alle Personen in der Schule. Was aber macht ein LuL mit SuS? Daß er lehrt, ergibt sich nicht mehr aus der Sprache. Wer da sagt, daß “ Sprache unser Denken prägt“, muß auch erklären, was die Verwundung unserer Wörter bewirkt. Was Sprache bei MIR bewirkt, muß ich mir auch nicht von LBTGQ+*-Aktivist:Innen einreden lassen. Ich weiß ja, was bei dem generisch maskulinen Satz in meinem Kopf für ein Bild sichtbar wird, wer da alles sichtbar ist. Überraschung: ALLE, nicht nur Patriarchen, Männer und Jungs. Wer also laut postuliert, daß Worte zu Waffen werden können und wir deshalb das N-Wort nicht mehr sagen sollen und aus der „Z-Sauce“ die „Balkan-Sauce“ wird (ist das nicht geografisch diskriminierend? Laut Legende ein Kompromiß: Die wollten das erst „Marxloh-Sauce“ nennen – Erinnert sich noch jemand, daß es eigentlich um Autos ging? Ja, ja, die Büsche am Wegesrand), befördert den Sinn aus den Worten. Wo ist die „Gesellschaft für deutsche Sprache“, wenn man die mal braucht? Die hat sich offenbar selbst schon in die Büsche geschlagen (Geschlechtergerechte Sprache | GfdS). Den Duden braucht man auch nicht zu fragen, die haben schon „die Menschin“ aufgenommen. Nennen das zwar (noch) „scherzhaft“, meinen es aber vielleicht schon ernst, ist zu befürchten.
Gendergerecht als Wort wird den „Gendern“, also sozialen Geschlechtern sowieso nicht gerecht. Worte, die durch Gaps und Interpunktion zerteilt, entstellt und verletzt werden, die spalten uns damit auf in erfundene „Gender“, die man sich jeden Morgen angeblich neu auswählen können soll und auch in die, die „Gender“ zur „Science“ erheben, und die, die das als „Gendergaga“ sehen. „Gap“ bedeutet eben „Schlucht“, die als Graben trennt. Warum soll ich eine trennende Sprache gutheißen, wenn wir eine verbindende brauchen?
Aber gerade Menschen, die sich vielleicht im falschen Körper fühlen und wie auch immer sich nicht eindeutig „zusammengebaut“ fühlen und in sich vieles vereinen, mehr als andere, die brauchen nicht das ständige Schlaglicht auf ihre Existenz in jedem dritten Wort. Es ist auch reichlich übergriffig, echten Transgendern (also die Menschen, die nicht nur ihre Ziellosigkeit als hip zelebrieren und das „wechselndes“ Gender nennen) die Fähigkeit abzusprechen, sich in Reden oder Texten gleichwohl angesprochen zu fühlen. Es ist auch die Frage, ob es sinnvoll ist, alles immer bis in die kleinste Sprachverästelung „gerecht“ machen zu wollen. Natürlich nicht! Hätte man hier alle erfundenen Geschlechter einzeln begrüßt, wäre man wahrscheinlich an dieser Stelle noch nicht fertig damit.
Die einzigen Transgender-Personen, die ich bisher kennengelernt habe, waren nicht schrill, laut und haben „Sichtbarkeit“ gefordert. Diese Personen wollten nur normal behandelt werden mit Fokus auf ihr Wesen, sie wollten als Mensch sichtbar sein. Das war mir angenehm und ich habe es angenommen.
PS: VW denkt jetzt als Mutterkonzern auch über Gendergedöns nach. Wenn ich jetzt auf das VW-Logo mit gender-getriggertem Hirn schaue, sehe ich im VW-Logo Wunderschöne Beine und darüber den Verführer, auf der Rückbank, versteht sich. Und der nächste Werbe-Claim lautet dann „VW – Im Auto (m/w/d)“?. Das klingt alles nicht nach „Vor-sprung im Kopf“, sondern nur nach Sprung, nämlich „Sprung in der Schüssel“.
Sprache für mehr Vielfalt: Audi gendert | Audi MediaCenter (audi-mediacenter.com)