Im Mai 2020 gingen für den Berliner Senat äußerst peinliche Bilder um die Welt. Übereifrige Polizeibeamte nahmen die Bürgerrechtlerin Angelika Barbe fest, die sich auf dem Alexanderplatz über eine dort stattfindende Demonstration informieren wollte, ohne selbst daran teilzunehmen. Angelika, die an einer Knieverletzung leidet, wurde mit brutaler Gewalt über den Platz geschleift, obwohl sie darum bat, dass die Beamten langsamer laufen sollten. Jeder, der das Video gesehen hat, weiß, dass es keinen Widerstand gegen die Vollstreckungsbeamten gab, sondern dass diese mit unangemessener Härte vorgingen. Trotzdem, oder um die Wirkung der schockierenden Bilder zu beeinträchtigen, wurde gegen Angelika Barbe Anzeige wegen „Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte“ gestellt. Der Kollateralnutzen sollte offenbar sein, dass, nach dem Motto des unseligen Mao, Eine bestraft und Hundert dadurch erzogen, sprich von der Kritik gegen stattliches Vorgehen abgehalten werden sollten.
Da wir aber noch nicht in einer perfekten Diktatur leben, wurde das Verfahren gegen Barbe jetzt von der Staatsanwaltschaft eingestellt. Das ist um so bemerkenswerter, als die Staatsanwaltschaft politischen Weisungen unterworfen ist. Offenbar fürchtete man das kritische internationale Echo, wenn das Verfahren durchgezogen worden wäre.
Angelika Barbe schrieb dazu in einem Brief an ihre Freunde und Unterstützer:
„Hiermit bedanke ich mich für die große Unterstützung, die mir mit dem anwaltlichen Beistand durch Sie ermöglicht wurde.
Nach der (vom Berliner Innensenator SED/SPD-Geisel befohlenen) Gewaltattacke durch die Polizei gegen mich war überhaupt nicht abzuschätzen, wie das Verfahren enden und welche Winkelzüge die Berliner Justiz, die dem grünen Senator Behrendt untersteht, unternehmen würde, um mit meiner Verurteilung die Bürger mehr und mehr von der Verteidigung ihrer Grundrechte abzuschrecken.
Seit mir bekannt ist, daß Staatsanwälte weisungsgebunden sind und damit die Gewaltenteilung bei uns in Deutschland nur eingeschränkt funktioniert, habe ich mit allem gerechnet, aber kaum mit einer Einstellung des Verfahrens.
Es sind nicht allein die Kosten eines Prozesses, die die Bürger scheuen. Es ist vor allem das Auf-sich-allein-geworfen-Sein, das erschreckt. Nichtjuristen kennen sich mit den Gepflogenheiten bei Gericht nicht aus und können so in versteckte Fallen tappen.
Vor allem half in diesem Fall die große Öffentlichkeit, die Sie, Herr Weber, mit Hallo Meinung inzwischen erreichen und die heutige Machthaber davor zurückschrecken lassen, mit den ehemaligen SED-Diktatoren in Ostberlin gleichgestellt zu werden.
Willkür entsteht da, wo das Recht mit Füßen getreten wird. Wo willfährige Untertanen Macht erhalten, ohne durch das Recht gebunden zu sein, verlieren wir Bürger unsere Freiheit – und Demokratie wird zum Schimpfwort.
Deshalb ist mir das Grundgesetz (das wir in der DDR nicht hatten) heilig und deshalb leiste ich Widerstand, wenn es bedroht wird. Aber ohne Ihre Solidarität, Öffentlichkeit und Empathie hätte mein Widerstand nur abschreckend auf die Bürger gewirkt, mit Ihnen wirkt er ermutigend“.
Angelika Barbe