Vergangenen Dienstag erregte Gesundheitsminister Spahn mit einer Bemerkung Aufsehen, deren Inhalt an Brisanz kaum zu übertreffen ist. Er gestand, dass der im März verhängte Lockdown eine falsche Entscheidung war. Mit dem „heutigen Wissen“ hätte man weder Einzelhandel schließen, noch Friseuren und anderen Dienstleistern die Arbeit verbieten müssen. Nicht einmal die Altenheime hätten so geschlossen werden müssen. Auf den ersten Blick könnte man das für eine neue, seit der Regierung Merkel nicht mehr dagewesene Offenheit und Bereitschaft ansehen, Fehler einzugestehen und zu korrigieren. In Wirklichkeit ist es ein Teilzugeständnis, welches der Öffentlichkeit Sand in die Augen streut.
Es ist ja nicht so, dass die Regierung es im März nicht hätte besser wissen können. Sie ist von vielen Seiten darauf hingewiesen worden, dass die Infektionskurve schon im Sinken war, dass die wirtschaftlichen, sozialen und gesundheitlichen Folgen eines Lockdowns höher sein könnten, als die Schäden durch die Pandemie. Um nur ein Beispiel zu nennen, sagte Professor Stefan Willich von der renommierten Berliner Charité am 24. März in einem Interview: „Es gibt aus meiner Sicht keinen Grund, jetzt das ganze Land in häusliche Quarantäne zu schicken.“
Man hat nicht nur nicht auf diese Einwände gehört, sondern alle Kritiker von Anfang an auf die schlimmste Weise öffentlich diffamiert. Das konnte um so leichter geschehen, weil die Medien ihrer eigentlichen Aufgabe, die Regierung zu kontrollieren, wieder einmal nicht nachkamen, sondern sich zu inoffiziellen Regierungssprechern machten, statt die notwendigen kritischen Fragen zu stellen. Gleichzeitig machten sie sich zum Pranger gegen alle Regierungskritiker.
Es ist auch nicht so, dass, wie Spahn gleichzeitig behauptet, dass die Politiker jetzt klüger geworden seien. Im Gegenteil. Inzwischen wissen wir, dass die befürchtete Überlastung des Gesundheitssystems nicht nur nicht eingetreten ist, sondern dass nur knapp über hundert der zwölftausend Corona-Intensivbetten benötigt werden. Krankenhäuser und Bestatter müssen Corona-Hilfen beantragen und Personal in Kurzarbeit schicken oder entlassen. Es gibt keine Über- sondern eine Untersterblichkeit, vor allem verursacht durch tausende ausgefallene Krankenhausbehandlungen und Operationen, die zur Verringerung der Todesrate durch Krankenhauskeime beitrugen.
Statt die überfällige Entwarnung zu geben und das normale Leben schnellstens wieder zuzulassen, ist das Gegenteil der Fall. Mit täglichen Horror-Meldungen von der Corona-Front wird der Bevölkerung mit Infektionszahlen Angst gemacht. Dabei müssten sie, um überhaupt von Aussagekraft zu sein Folgendes beinhalten: Wir Bürger müssten erfahren, wie viele am Tag x positiv getestete Personen später erkrankt sind, wie viele im Krankenhaus behandelt werden mussten und wie viele davon verstorben sind.
Was die Hospitalisierungen betrifft, sind kaum Zahlen zu finden, aber die Sterberate kann man in den nicht breit in der Öffentlichkeit bekannt gemachten Statistiken des RKI finden. Sie sinkt permanent und hat inzwischen einstellige Werte erreicht. In Schweden, das keinen Lockdown verhängt hat, gibt es übrigens seit dem 25. Juli keinen Corona-Toten mehr. Auch das wird in Deutschland nicht berichtet.
Stattdessen hat die Politik, weit entfernt davon, lernfähig zu sein, auf der jüngsten Ministerpräsidenten-Konferenz einschneidende Maßnahmen, wie das Verbot von Großveranstaltungen bis zum Jahresende verlängert und hohe Bußgelder für Nichteinhaltung des Maskenzwangs verhängt. Nur einige wenige ostdeutsche Länderchefs wagten es, wenigstens teilweise auszuscheren.
Ministerpräsident Söder wollte seine drastischen bayrischen Maßnahmen dem gesamten Land oktroyieren, weil er hofft, sich auf diese Weise als Kanzlerkandidat profilieren zu können. In Bayern sind nicht nur die Bußgelder absurd hoch, sondern, wie ich selbst in Nürnberg erlebt habe, wird die Polizei zur Kontrolle der Maskenpflicht eingesetzt. Ich stand an der Straßenbahnhaltestelle, als ein Beamter auf mich zu trat und fragte, ob ich die Absicht hätte, die Straßenbahn zu benutzen. In diesem Falle hätte ich jetzt schon die Maske aufzuziehen, nicht erst, wenn ich im Begriff sei, in die Straßenbahn zu steigen. Wenn ich nicht fahren wollte, könnte ich ohne Maske stehen bleiben.
Das ist an Absurdität kaum zu überbieten. Die Polizei, die auch in Bayern alle Hände voll zu tun hat, die Clan-Kriminalität in den Griff zu kriegen, wird lieber zur Schikane der steuerzahlenden Bürger eingesetzt. Als geradezu bösartig empfinde ich die angedrohten Bußgelder. Eine Serviererin erzählte mir, dass sie ständig unter Stress steht, weil sie Restaurantbesucher davon abhalten muss, ohne Maske zu einem freien Tisch zu gehen. Sollte ihr ein Gast in ihrem Bereich entwischt sein, drohten ihr 2000€ Strafe. Zusätzlich müsste der Restaurantchef mit bis zu 50 000€ Buße rechnen. Wie man jemanden, der so etwas politisch verantwortet, mit hohen Umfragewerten belohnen kann, ist mir allerdings ein Rätsel. Da fallen mir nur die allerdümmsten Kälber ein, die sich ihren Schlächter selber wählen.
Mit der Aufrechterhaltung von einschneidenden Beschränkungen, hohen Bußgeldern und permanenter Propaganda, wie der Androhung einer zweiten Welle, wird die Bevölkerung in Angst gehalten. Damit wird vor allem vom permanenten Politikversagen abgelenkt und vertuscht, dass es die Corona-Maßnahmen sind, die unsere Wirtschaft und das kulturelle Leben ruinieren.
Noch gelingt es, durch permanente Stigmatisierung von Kritikern, die Erzählung von der Gefährlichkeit des Virus und der Alternativlosigkeit der politischen Maßnahmen aufrecht zu erhalten. Mit viel Steuergeld und hohen Schulden werden vorerst noch die schlimmsten Folgen der Fehlentscheidungen vertuscht. Das Kurzarbeitergeld soll sogar bis Ende nächsten Jahres verlängert werden, also bis nach der Bundestagswahl. Aber irgendwann wird die Blase platzen und die Wahrheit, die jetzt noch unterdrückt wird, zum Vorschein kommen. Dann solle niemand sagen, er hätte nichts gewusst. Die Feuerzeichen stehen jetzt schon überdeutlich an der Wand, man muss nur den Mut haben, sie zur Kenntnis zu nehmen.