Von Ramin Peymani auf Liberale Warte
Als ich mein Buch „Weltchaos“ verfasste, war Corona noch weit weg. Und doch kündeten eine ganze Reihe von Vorboten bereits vom nahenden Ende der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Zur vermeintlichen Überwindung der Euro-Staatsfinanzierungskrise ist die Schulden- und Transferunion installiert worden. Schon dies wirkt demokratiegefährdend, nicht nur durch die immer weiter von den nationalen Parlamenten weg verlagerte Entscheidungsgewalt, sondern vor allem wegen der von der Umverteilung begünstigten Fehlallokation von Steuergeldern, die kluges Haushalten und strukturelle Reformen scheinbar bedeutungslos macht.
Dazu kommen seit einigen Jahren eine religionsgleich betriebene Energie- und Klimapolitik, die Pervertierung des Asylrechts mit einer von den Vereinten Nationen betriebenen Umsiedlungsagenda, der immer groteskere „Kampf gegen Rechts“ sowie die massive Diskriminierung durch die Anti-Diskriminierungs-Fetischisten. Regelmäßig entpuppen sich die wohlklingenden Vorstöße als perfide organisierte Angriffe auf die seit Jahrzehnten gewachsenen demokratischen Strukturen. Ohne die tatkräftige Mitwirkung der Regierenden hätte das Unterfangen allerdings kaum Aussicht auf Erfolg. Diese treiben den Prozess der Entdemokratisierung jedoch nur vordergründig voran. Sie sind mindestens ebenso sehr die Getriebenen hochkapitalisierter, extrem vernetzter Bewegungen, die sich selbst zum Sprachrohr der Massen erklären, obwohl sie lediglich die Erfüllungsgehilfen finanzgewaltiger Umstürzler sind, deren Ziel die Schaffung kollektivistischer Gesellschaften ist. Diesen Financiers und ihren Truppen sind Demokratie, Frieden und Stabilität ein Dorn im Auge.
Dass Demagogen keinesfalls nur braune Gewänder tragen, sondern ebenso grüne und rote, fällt heute gerne unter den Tisch
Die Entwicklung ist zwangsläufig, glaubt man den alten Griechen, die bereits vor über Zweitausend Jahren feststellten, dass die Demokratie den Keim ihrer Zerstörung in sich trägt. Danach endet das Bemühen, jedwedem Anliegen Rechnung zu tragen, in der Anarchie, aus der skrupellose Tyrannen eine Gewaltherrschaft errichten. Schon Platon und Aristoteles erkannten, dass Demagogen auf dem Weg dorthin leichtes Spiel haben. Dass sie keinesfalls nur braune Gewänder tragen, sondern ebenso grüne und rote, fällt heute gerne unter den Tisch. Tatsächlich sind Freiheit und Demokratie von allen bedroht, die andere der eigenen Ideologie unterwerfen wollen. Entscheidend für den Erfolg moderner Demagogen ist ihre mediale Omnipräsenz und die kinderleichte Rekrutierung einer großen Zahl von Gefolgsleuten über die sozialen Netzwerke. Musste sich noch die letzte Generation ideologischer Gemeinschaften in aufreibenden Treffen und mit enormem Kommunikationsaufwand organisieren, reicht heute das Internet aus, um quasi aus dem Stegreif Massen für Kampagnen zu mobilisieren. Die Durchsetzung linker und grüner Ideologien gelingt dabei besonders leicht, weil diese polit-medial grundsätzlich auf ein positives Echo stoßen. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass die Verfechter einer anderen Gesellschaftsordnung mit beachtlicher Ausdauer alle relevanten Stellen besetzt haben, von den Zeitungsredaktionen über die Rundfunkräte bis hin zu den Werbeagenturen und einer Fülle von Verbänden. Dazu kommt die flächendeckende Durchdringung der Organe des Staates, der Parteien und der Gerichtsbarkeit. Ein offener Diskurs gehört damit der Vergangenheit an, ganz zu schweigen vom demokratischen Wettstreit um die besten Lösungen.
Unsere Gesellschaft steht am Scheideweg – Corona ist der Katalysator, der das Siechtum der Demokratie beschleunigt
Zu all diesen Begleiterscheinungen des Demokratieverfalls hat sich nun Corona gesellt. Kein Thema, nicht einmal die völlig planlose Zuwanderungspolitik, spaltet die Gesellschaft stärker. Dazu trägt die Medienberichterstattung mindestens ebenso bei, wie eine kaum noch nachzuvollziehende Willkür beschlossener und wieder aufgehobener Maßnahmen sowie die unter Medizinern, Epidemiologen und Virologen offen ausgetragenen Kämpfe, deren Stil mit einem wissenschaftlichen Diskurs wenig zu tun hat. Es scheinen sich nur noch Gegner, zuweilen gar Feinde, gegenüberzustehen. Und so hören auch Verfechter und Kritiker der Corona-Politik einander längst nicht mehr zu. Corona steht für Chaos, Unfrieden und Unfreiheit. Neben der Einschränkung von Bürgerrechten ist dabei vor allem der polit-mediale Frontalangriff auf die Meinungsäußerungsfreiheit zu beklagen, die spätestens seit 2015 unter staatlichem Beschuss steht. Doch was bleibt von der Demokratie, wenn Meinungen von vornherein ausgegrenzt werden? Wie sollen die Stimmen der Vernunft noch Gehör finden, wenn sie millionenfach von den selbsterklärten Hütern der Moral niedergeschrien werden? Wer mag noch am politischen Wettstreit teilnehmen, wenn bereits das Hinterfragen vorgegebener Dogmen verdächtig macht? Unsere Gesellschaft steht am Scheideweg. Corona ist der Katalysator, der das Siechtum der Demokratie beschleunigt. Wir müssen uns entscheiden, ob wir ergebnisoffene Debatten aushalten und die Demokratie verteidigen oder hinter der Fahne von Demagogen mit scheinbarem Gütesiegel herlaufen wollen. Corona zeigt uns, wie leicht sich selbst gefestigte Demokratien in kollektivistische Kommandogesellschaften wandeln können. Das ist die eigentliche Gefahr, die vom Virus ausgeht.