Auch am dritten Wochenende nach den Ausschreitungen in Stuttgart ist es wieder zu einer Randale gekommen. Nur mit einem Großaufgebot der Polizei konnte verhindert werden, dass es auch diesmal zu Plünderungen und flächendeckender Gewalt wie vor drei Wochen kam. Am Samstag hatte die Polizei noch erklärt: »Sie können sicher sein, dass wir auch in der kommenden Nacht mit starken Kräften in der Innenstadt zugegen sein werden, damit wir schnell auf etwaige aufkeimende Auseinandersetzungen reagieren können.« Trotzdem kam es in der Nacht zum Sonntag erneut zu Ausschreitungen. Nach Darstellung der Polizei sollte es sich nur um kleine Gruppen gehandelt haben. Ein Polizeisprecher sprach von »einer durchaus normalen Samstagnacht in Stuttgart«. Es ist erstaunlich, wie schnell der Ausnahmezustand zur Normalität erklärt wird.
Die „durchaus normale“ Nacht wurde von OB Fritz Kuhn vom Schloss aus beobachtet. Er zeigte sich hinterher zufrieden, setzte aber hinzu, dass Stuttgart zur Normalität zurückkehren müsse.
Bei der nächsten Randale sollten sich Polizei und Politik bevor sie ihre Pressemitteilungen herausgeben einigen, was normal ist und was nicht.
In Anbetracht der immer häufiger und stärker werdenden Ausschreitungen in Europa, sollten Politik und Medien wegen der Stuttgarter Ereignisse eigentlich in höchste Alarmbereitschaft versetzt sein. Stattdessen blieben der Schwerverletzte und die 11 Festnahmen in der überregionalen Presse weitgehend unbeachtet.
Dagegen wurde die Öffentlichkeit breit über eine angebliche Verfehlung der Polizei bei der Aufklärung der Randale vor drei Wochen unterrichtet. Es begann mit zwei „kritischen“ Zeitungsartikeln, in denen skandalisiert wurde, dass die Polizei den Hintergrund der Gewalttäter zu beleuchten versuchte. Das ist eigentlich ganz normale Polizeiarbeit, wie jeder Konsument der zahllosen Krimis, mit denen die Fernsehzuschauer unterhalten werden, wissen kann. Offenbar verweigerten etliche Täter Angaben zu ihrer Herkunft, weswegen die Polizei die üblichen Erkundigungen einzog. Weil es sich aber um Täter mit Migrationshintergrund handelt, wurden die Ermittlungen als „Stammbaumforschung“ diskreditiert.
Kaum waren die Artikel erschienen, sprangen Politiker, statt die Polizei zu unterstützen, auf den Skandalisierungs-Zug auf. Grünen-Chef Habeck sagte dem Tagesspiegel:
„Es ist wichtig, die Hintergründe der Gewalttaten von Stuttgart zu ermitteln und aufzuklären. Wir müssen wissen, wie es dazu kam und wie sich so etwas zukünftig verhindern lässt.“ Wenn es jedoch stimme, dass die Stuttgarter Polizei dafür „Stammbaumrecherche“ betreiben wolle, dann „wäre das in keinster Weise akzeptabel“. Wie Tathintergründe aufgeklärt werden sollen, wenn man das Umfeld der Täter nicht untersuchen darf, verschweig Habeck.
Natürlich ist SPD-Chefin Saskia Esken mit von der Partie. Sie kritisierte den Vorstoß der Stuttgarter Polizei. „Das verstört mich nachhaltig“, schrieb sie bei Twitter. Auch Cem Özdemir musste unbedingt die „Stammbaumforschung“ anprangern und ihre Einstellung fordern. Da durfte die FDP nicht abseits stehen. „Irritierend und gefährlich“ nannte FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle die Pläne: „Eine sogenannte Stammbaumforschung spaltet die Gesellschaft und ist ein massiver Eingriff in Persönlichkeitsrechte.“
Es blieb dem CDU-Bundestagsabgeordneten Schuster, früher selbst Polizist vorbehalten, darauf hinzuweisen, dass soziologische Täteranalysen nach Krawallen polizeilicher Standard seien: „Ich kann beim Vorgehen der Polizei Stuttgart keinen Fehler erkennen“
Die Information aus diesen Analysen fließe in den Ermittlungsbericht ein und sei besonders für Präventionskonzepte wichtig. Es brauche andere Konzepte für türkischen Migranten aus sozialen Brennpunkten als etwa für Deutsche, die in der Stuttgarter Halbhöhenlage lebten.
Die Frage ist, warum die Politik unbedingt verhindern will, dass die ganze Wahrheit über den Hintergrund der Täter der Öffentlichkeit bekannt wird. Wahrscheinlich sind sie der Meinung, es könnte die Bevölkerung beunruhigen.
In einer Situation, wo Experten wie das Institute for Economics an Peace in Europa eine zunehmende politische Instabilität gekennzeichnet durch Unruhen und Generalstreiks erwarten, ist die Schwächung der Polizei unverantwortlich, Präventionskonzepte dagegen lebensnotwendig. Politik und Medien spielen wie die Schlafwandler mit dem Feuer. Die Folgen dieser Zündelei werden uns alle betreffen. Deshalb sollten wir diese Verbalattacken nicht schweigend hinnehmen, sondern laut widersprechen.
Wer schweigt, stimmt zu!