Ironische Hinrichtungsphantasien

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Von Gastautor Josef Hueber

DIE LINKE hat es geschafft, mit Hilfe der regierungskonformen Medien und Koalitionsüberlegungen der Altparteien zunehmend Demokratiefähigkeit im öffentlichen Bewusstsein bescheinigt zu bekommen. Waren die Vorschläge zur Veränderung der Wirtschaftsstruktur Deutschlands in Richtung Sozialismus auf dem letzten Strategietreffen in Kassel ein nicht ernstzunehmendes, bloß ironisches Missverständnis?

Der Vorschlag lautete: Die in Diktaturen bewährte Methode zur Beseitigung der politischen Gegner, nämlich deren Erschießung, müsse bei der (laut marxistischer Ideologie geschichtsdeterministisch bedingten) revolutionären Umgestaltung Deutschlands angewandt werden. Parteichef Riexinger wandelte das Konzept um in Zwangsarbeit. Dies löste unter den Anwesenden keine spontane Empörung aus. Wie auf Twitter nachgeprüft werden kann, regierte man eher erheitert im Saal. Wenn der Spiegel dies als „flapsige Bemerkung“ interpretiert und Ramelow- trotz verbaler Distanzierung – von „Ironie“ spricht, wird beides der ideologischen Beheimatung der Partei nicht gerecht.

Ramelows Bekenntnis zur Demokratie – eine blendende Inszenierung

Ramelow kommentiert die Vorgänge um die Wahl Kemmerichs zum Ministerpräsidenten, dessen Rücktritt vom Amt sowie seine eigene, zeitverschobene Neuwahl in seiner pathetisch angelegten Antrittsrede im Landtag von Thüringen am 4. März.

Er spricht von den großartigen Menschen Thüringens, von ihrer Leistung, sich Freiheit erkämpft zu haben (Waren AfD-Wähler nicht darunter?). Man hat das Gefühl, es stünde ein vormaliger DDR-Dissident am Rednerpult, der Bautzen von innen kennengelernt und unter den Schikanen des Systems traumatisierende Erfahrungen gemacht hat. Dass er für eine Partei steht, die – nach mehrmaliger Umbenennung der Schießbefehlspartei – im gesellschafts- und wirtschaftsideologischen Kern immer noch für das steht, was die in seiner Darstellung tapferen Menschen mithalfen zu überwinden, ist auf seiner Partitur nicht zu erkennen. Den Höhepunkt des gekonnt selbstgefällig gesungenen Hohelieds auf die Demokratie bildet wohl die Erklärung seines verweigerten Handschlags für Höcke. Ramelow, der Advokat beschädigter, in letzter Minute geretteter Demokratie, konstatiert: Erst wenn nach Klärung in der Fraktion der AfD deutlich wird, “dass die Demokratie im Vordergrund steht” dann sei er bereit, Höcke die Hand zu geben.

In der Not frisst der Teufel Fliegen

Vera Lengsfeld hat darauf hingeiwiesen, dass der lupenreine Demokrat Ramelow auch mal ein Auge zudrückt, wenn es iseiner Karriere nützt. In ihrem Kommentar „Ramelow- Ministerpräsident von AfDs Gnaden“ erfährt man, was in den Systemmedien wenig Interesse findet. Ramelow selbst wurde mit Hilfe einer einzigen, angeworbenen Stimme der AfD – der angeblichen Buchenwald-Partei – zum Ministerpräsidenten gewählt. Über einen „Klo-Deal“ als Wahltrick zwischen Ramelow und Mohring berichtet die BILD: „ Jetzt verrät Linken-Mann Ramelow selbst: Er wollte seine Wiederwahl mit einem KLO-DEAL mit Thüringens CDU-Chef Mike Mohring sichern!“

Sage mir, mit wem du regierst …

Eine Liste der in der vorherigen Ramelow-Regierung 2014-2019 tätigen Minister und Staatssekretäre sowie der Linke-Fraktion ist ein Showdown für den Nachweis der demokratischen Sozialisation der LINKE. Der intensive Stallgeruch der SED ist deutlich zu riechen. Eine Auswahl mag genügen, die komplette Liste findet sich hier. Sie wurde zusammengestellt von Sven Borner, FDP-Stadtrat Riesa. Die biographischen Details, so erfährt man, sind Wikipedia entnommen.

Minister:

– Birgit Klaubert (Bildung, Jugend und Sport): SED seit 1974.

– Helmut Holter (Bildung, Jugend und Sport): SED seit 1973.

– Heike Werner (Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie): SED seit 1988.

– Birgit Keller (Infrastruktur und Landwirtschaft) – SED seit 1977.

Staatssekretäre:

– Olaf Möller (Grüne): SED seit 1983.

– Ines Feierabend: Studium an der SED-Parteihochschule “Karl Marx” ab 1988.

Die dritte Schuld?

Ralf Giordanos Die zweite Schuld, erschienen 2000, analysiert die Nicht-Aufarbeitung der e r s t e n Schuld des Nationalsozialismus, die darin bestand, dass die „Funktionselite des Dritten Reichs, bis ins Jahr 1958, nahezu lückenlos wieder in die Nachkriegsgesellschaft eingegliedert war.“ (Klappentext)

Die Aufarbeitung der DDR- Vergangenheit seit 1989 wartet noch auf das Buch Die dritte Schuld. Es müsste zeigen, wie die SED-Elite nach der Wiedervereinigung Karriere in der Bundesrepublik machten und sich als Kämpfer für Demokratie etablieren konnte.

Ob sich noch jemand dafür interessiert?



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