Der Thüringer Wahlkrimi wird immer spannender: Ist es schon intuitiv klar, dass es demokratisch nicht einfach sein kann, gegen eine Mehrheit eine Landesregierung zu bilden. Aber es gibt dies auch gutachterlich schwarz auf weiß.
Professor Zeh, Bundestagsdirektor a. D. hat ein Gegengutachten zu der Einschätzung von Prof. Morlok geschrieben, der ja postuliert hatte, dass im Zweifelsfall gemäß Thüringer Verfassung im dritten Wahlgang ein Ministerpräsident mit einer ‚ja‘-Stimme gegen den Rest des Landtags gewählt werden kann, bzw. gewählt ist.
Prof. Zeh schreibt das auf, was jeder Demokrat erwarten würde: Eine Wahl gegen eine Mehrheit im Landtag kann in der Verfassung nicht gemeint sein. Zeh sagt klar mit „meisten Stimmen“ kann nur gemeint sein, dass der Kandidat auch mehr Ja-Stimmen als Nein-Stimmen haben muss. Zeh postuliert auch klar, dass der Stimmzettel bei nur einem Kandidaten ganz regulär ‚ja‘, ‚nein‘ und ‚Enthaltung‘ beinhalten muss.
Nur zur Erinnerung: Im deutschen Bundestag blockiert eine Mehrheit der Abgeordneten aus Linksblock plus Abgeordneten von CDU/CSU und FDP die Wahl eines Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages, obwohl der Fraktion der AfD gemäß selbst beschlossener Regeln ein solcher Posten zusteht. Mittlerweile hat der linke Block schon den vierten Kandidaten der größten Oppositionsfraktion jeweils in drei Wahlgängen in geheimer Wahl durchfallen lassen. Und auch das gleiche unsägliche Spiel im Thüringer Landtag: Alle anderen Fraktionen haben einen Vizepräsidenten nach der Neukonstituierung (Linke bekam als stärkste Kraft gemäß der Gepflogenheiten den Landtagspräsidenten), auch die beiden 5%-Parteien Grüne und FDP, nur der zweitstärksten Kraft, der AfD wird der Vizepräsidentenposten bis dato verwehrt.
Ändert das Gegengutachten die Situation in Thüringen?
Es schärft die Verantwortung für die 48er Mehrheit. Zwar wird die Landtagspräsidentin Birgit Keller von der Linkspartei einen starken Einfluss auf das Verfahren und seine Auslegung haben, aber der Linksblock hat keine Mehrheit. Weder im Ältestenrat, noch im Rechtsausschuss oder im Ausschuss für Wahlprüfung und Verfassung. Und erst recht nicht im Plenum. Damit liegt die Verantwortung im Umgang mit der Situation bei den freigewählten Abgeordneten, die einen klaren Wählerauftrag in Thüringen bekommen haben: Die Beendigung von links-rot-grün.
Es gibt keine Ausreden.