Analyse eines Tweets einer deutschen Heldenjournalistin im Zuge des #OmaGate

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Kristina Dunz ist eine deutsche Journalistin und eine deutsche Heldenfigur. Todesmutig konfrontierte die damalige dpa-Kanzler-Korrespondentin US-Präsident Donald Trump bei seiner gemeinsamen Pressekonferenz mit Angela Merkel in Washington im März 2017 – dafür erhielt Kristina Dunz den frenetischen Beifall der links-liberalen Medienelite und später einen Preis der Bundespressekonferenz. Seit Oktober 2017 arbeitet Kristina Dunz für die Rheinische Post. Sie ist eine aktive Schützerin und Interpretin der merkelschen Politik und nimmt sich in Print oder auch auf Twitter gerne die als unionsinterne Abweichler wahrgenommenen Aktiven vor.

Dieser Text wird sich ausführlich mit einem Tweet von Journalistin Dunz zur unsäglichen #OmaGate-Affäre des WDR beschäftigen, die Deutschland in den letzten Tagen bewegt hat.

Die #OmaGate-Geschichte durchlief ja mehrere Phasen. Kristina Dunz postete auf Twitter am Morgen des 30. Dezember einen Tweet, der ganz offenbar als Unterstützung der Gegenbewegung gedacht war, die sich auf der linken Seite gebildet hat, nachdem die Diskussion eigentlich durch war: Zunächst WDR-Intendant Tom Buhrow und schließlich sogar der freie WDR-Mitarbeiter, dessen „Oma-nicht #Umweltsau, sondern #Nazisau“–Tweet die Debatte noch mal so richtig angetrieben hatte, waren zurückgerudert und haben die Öffentlichkeit oder zumindest die ‚berechtigten Kritiker‘ (freier WDR-Mitarbeiter) um Entschuldigung gebeten. Statt damit die Affäre ruhen zu lassen, bildete sich die linksliberalradikale Medienelite dieses Landes ein, die Debatte wieder aufrollen zu können und jetzt dem WDR ein vermeintliches ‚Zurückweichen vor dem rechten Mob‘ unterstellen zu müssen.

In diesen Zeitpunkt fällt der Tweet von Kristina Dunz, den ich hier vollständig dokumentiere und dann analysiere (sie können die kleinkursiv-gedruckten Einschübe überspringen, wenn Sie wenig Zeit haben):

„Liebe Oma (Waltraut) wie sehr ich Dich vermisse. Du hättest den Kindern die #Umweltsau nicht verübelt. Dir hat der Krieg die Jugend gestohlen. Nie hättest Du mir meine Zukunft durch Klimasünden verbauen wollen. Über Morddrohungen wegen eines Liedes wärest Du entsetzt. #OmaGate“ (30. Dezember 9:19; Kristina Dunz, Twitterkennung @WaltrautDunz)

Ich finde diesen Tweet ausgesprochen perfide.

Schon die Form ist ein Meisterwerk der asymmetrischen Kommunikation. Frau Dunz sagt nicht etwa direkt was sie denkt, sondern tritt in Dialog mit ihrer verstorbenen Oma und legt ihr Dinge in den Mund, die man bei einer direkten Kristina-Dunz-Aussage sofort als Unterstellung zurückweisen würde.

Erster Einschub: Vielleicht mag der eine oder andere denken, dass dies nur eine Kleinigkeit ist, aber ich möchte darauf hinweisen, dass es sehr schwierig ist, wenn jemand sich hinter fiktive Aussagen einer dem Gegenüber nicht bekannten Person versteckt, die man naturgemäß weder fragen kann und die man weder wirklich beurteilen kann, noch will (insbesondere da die Person ja tot ist). Es wird auch nicht dadurch besser, dass Enkelin und Journalistin Dunz erklärt, dass sie ganz genau wüsste, wie ihre verstorbene Oma gedacht hat. Im Gegenteil, dies macht die Situation eigentlich noch schwieriger.“

Kristina Dunz eröffnet mit einem gefühligen „wie sehr ich Dich vermisse“ in Richtung ihrer verstorbenen Oma Waltraut, was den neutralen Leser sofort in die Defensive bringt, denn im Gegensatz zu Frau Dunz kennt der Durchschnittsdeutsche die verstorbene Großmutter von Kristina Dunz nicht.

Zweiter Einschub: Kristina Dunz scheint ein besonderes Verhältnis zu ihrer Großmutter zu haben und erklärt auf Twitter, dass sie deshalb als Kennung ihren Namen auf Twitter trägt (@waltrautdunz). Ein Umstand, der mir in dem Zusammenhang mit ihrem Oma-Waltrat-Tweet noch bizarrer anmutet, als er eh schon ist.

Nach dieser Eröffnung kommt der erste große Hammer: Die von Kristina verehrte, dem Leser aber unbekannte verstorbene Oma hätte „den Kindern die #Umweltsau nicht verübelt.“ Was für ein abgrundtief manipulativer Anwurf, der in den Mund der verstorbenen Oma gelegt wird! Wir erinnern uns: Redakteure des WDR haben den WDR-Mädchen/Kinderchor dazu gebracht, das Oma-Umweltsau-Lied zu intonieren. Mir ist keine Reaktion bekannt, die den beteiligten Mädchen/Kindern, die geschätzt ein Durchschnittsalter von 8-10 Jahren haben, irgendeinen Vorwurf gemacht hätte.

Was suggeriert Waltraut-Kristina Dunz hier? Hat Sie Informationen, die wir nicht haben, z. B. über Diskussionen innerhalb der betroffenen Familien (immerhin arbeitet sie für die Rheinische Post, ist also relativ nah an der Dortmunder Chorakademie/dem WDR-Kinderchor dran)? Wenn überhaupt, dann hätten hier Großeltern ihren Kindern, also den Eltern der Chorkinder, einen legitimen Vorwurf machen können. Aber noch mal: Mir ist nichts in diese Richtung bekannt. Ich kann es mir auch nur schwer vorstellen, dass dies jemand öffentlich gemacht hätte. Wahrscheinlich gibt es nichts in diese Richtung. Dann freilich wäre die Oma Waltraut selig in den Mund gelegte Unterstellung ein arges Stück, weil es von der berechtigten Kritik an den verantwortlichen Journalisten und deren Chefs die Diskussion auf eine falsch reagierende Öffentlichkeit lenken würde. Aber ahnen wir nicht längst, dass dies die eigentliche Intention des Dunzschen Tweets ist?

Analysieren wir den Oma-Waltraut-Tweet weiter: „Dir hat der Krieg die Jugend gestohlen.“ Wow, dies hat zwar nicht die grobschlächtige Brutalität des Oma-#Nazisau-Anwurfs des freien Mitarbeiters des WDR, aber dafür ist dieser Dunzsche Hieb geschickter und schwer zu parieren. Die angerufene, verstorbene Oma Waltraut hat ihre Jugend durch den von Deutschen verursachten Krieg verloren: Als einer der vielen Vertreter der Nachfolgegeneration der Kriegsschuldigen bleibt mir eigentlich nur das Schweigen.

Dritter Einschub: Interessanterweise meidet Kristina-Waltraut Dunz hier das Nazi-Reizwort. Dies ist in mehreren Dimensionen geschickt: Es meidet die Nähe zu dem völlig verunglückten Oma-Nazisau-Tweet des freien WDR-Mitarbeiters. Es hat aber noch einen anderen Effekt: Es lässt für die Deutschen keinerlei Schlupfloch, denn an der WWII-Kriegsschuld der Deutschen gibt es keinerlei Zweifel. Die Nichterwähnung der Naziverantwortung nimmt auch alle anderen, inklusive NS-Gegner in Mitverantwortung.

Und trotzdem oder gerade deshalb ist Oma Waltraut selig eine reine Seele gewesen, zumindest was die „Klimakatastrophe“ und die Umwelt angeht: „Nie hättest Du mir meine Zukunft mit Klimasünden verbauen wollen.“ Auch hier muss man die ganze Perfidie der Dunzschen Quirl-Konstruktion erkennen – der schon länger nicht mehr geneigte Leser (mittlerweile haben wir klar erkannt, dass es darum geht uns frontal anzugreifen) wird mit der folgenden Herleitung in die Ecke gestellt: Eine hehre deutsche Großmutter, der durch den von den Deutschen verursachten Krieg „die Jugend gestohlen wurde“, würde nie die Zukunft von Enkeln „mit Klimasünden verbauen“ oder zumindest nicht „verbauen wollen“, wie es in der Dunzschen Weltsicht offenbar der Rest der deutschen Generationen macht. Und trotzdem würde sie Kindern ein „Oma-Umweltsau“-Label „nicht verübeln“. Liebe Frau Dunz: Sie verzeihen mir den Sarkasmus: Müssten wir nicht mindestens jeden Freitag auch dafür demonstrieren, einer solchen deutschen Vorbild-Oma posthum das Bundesverdienstkreuz zu verleihen?

Ironie aus: Wir müssen uns immer wieder vergegenwärtigen, dass Kristina @Waltraut Dunz all diese Aussagen ihrer längst verstorbenen Oma in den Mund legt. Diese Aussagen sind naturgemäß nicht autorisiert und wir wissen schlicht nicht, was Oma Waltraut in dieser Sache wirklich gedacht oder gesagt hätte.

Aber noch ist der Dunzsche Kreis ja immer noch nicht geschlossen: Es folgt der krönende Abschluss. Auch die Geduld und die Nerven der großherzigsten Vorbild-Oma sind irgendwann am Ende: „über Morddrohungen wegen eines Liedes“ wäre Oma Waltraut „entsetzt“ suggeriert Kristina @Waltraut Dunz.

Morddrohungen wegen eines Liedes? Käme die Aussage von der RP-Journalistin Kristina @Waltraut Dunz direkt, könnte man hart nachfragen: Wo hat es Morddrohungen „wegen eines Liedes“ gegeben? Nach meiner Kenntnis hat es keine Morddrohungen wegen des Umweltsau-Liedes gegeben, nicht gegen die verantwortlichen Redakteure und erst recht nicht gegen die in diese Sache reingezogenen Kinder oder deren Familien. Aber Kristina-Waltraut Dunz hat ja eine Verteidigungslinie eingebaut: Ich kann nicht garantieren, dass Oma Waltraut, wenn sie noch leben würde und der Oma-Umweltsau-Lied-Debatte auf z. B. Facebook gefolgt wäre, irgendeine Äußerung dort als Morddrohung interpretieren würde, über die sie dann „entsetzt“ gewesen sein könnte.

Aber noch einmal und noch einmal: Alles dies sind Aussagen, die Kristina @Waltraut Dunz ihrer längst verstorbenen Oma in den Mund legt.

Vierter Einschub: Bitte achten Sie auch auf den erneuten skrupellosen Einsatz unfairer, diskussionszerstörender Stilmittel: Oma Waltraut wäre angeblich „entsetzt“! Was für eine Emotionalisierung und Dramatisierung! Und es ist auch keine Entschuldigung, dass diese unsägliche Überspitzung ja mittlerweile fast Alltagssprache in Deutschland ist. Und „Morddrohungen“ sind eigentlich ein nachprüfbarer Fakt, da eine echte Morddrohung nämlich nicht nur justiziabel ist, sondern auch von Plattformvertretern, wie Twitter oder Facebook verfolgt werden muss. Solange aber alles im gefühlig-wolkig-emotionalen-„meine Oma wäre entsetzt“ Dunz-Dunst bleibt, kann man eine solche Diskussion nur schwer führen. Und eine solide Datenauswertung ist auch immer erst mit Zeitverzögerung möglich – dann interessiert es aber meist keinen mehr, denn die Emotio-Welle ist ja längst verebbt.

Und auch um dies ganz klar auszusprechen und keinerlei Möglichkeit zu lassen, dass auch nur jemand den Versuch startet, Zweifel zu streuen: Jegliche offene oder versteckte Gewaltandrohung gegen Menschen auf social media ist unzulässig, zurückzuweisen und mit aber verhältnismäßigen Mitteln von Anbietern oder wenn nötig der Staatsgewalt zu verfolgen und zu ahnden.

Aber im Netz wird im Zuge der Gegenkampagne von interessierter Seite immer von „Morddrohungen“ geredet: Ist dies eine glatte Lüge? Was es wohl gab, waren heftige Reaktionen auf den Oma-Nazisau-Tweet des freien Mitarbeiters. Wie weitgehend die einzelnen Reaktionen hier waren, weiß ich persönlich nicht, aber ich weiß dies: Alle zulässigen, unzulässigen oder zu bekämpfenden Reaktionen auf den Tweet des freien Mitarbeiters kann und darf eine profilierte deutsche Journalistin nicht auf das Lied zurückführen. Die Debatte um den Oma-Nazisau-Tweet des freien Mitarbeiters muss gesondert geführt werden, wenn sie seriös geführt wird. Von Morddrohungen „wegen eines Liedes“ zu reden, halte ich für unzulässig und insbesondere, wenn es von einem Journalisten kommt, für manipulativ.

Ich fasse also zusammen: Eine profilierte, preisgekrönte deutsche Journalistin schafft es in nur einem Tweet unter Missbrauch eines Konstrukts mithilfe ihrer verstorbenen Oma eine Kette von Unterstellungen und Framings in die Welt zu setzen, die ich so charakterisieren möchte (Achtung: Persönliche Einschätzung):

Zum Start falsche Empörung über ein unbelegtes „Kindern Vorwürfe machen“, über geschickt verpackte Kollektivschuld (Deutsche haben nicht nur die Kriegsschuld, inklusive der Jugendzerstörung der Kristina Dunz-Oma, sondern zerstören wohl mit Klimasünden die Zukunft ihrer Enkel) zu einer krönenden, pauschalen, wieder unbelegten Unterstellung („Morddrohungen wegen eines Liedes“) – eine geschickt konstruierte Steigerung mit einem Schwall von Vorwürfen. Kristina Dunz ist hier ein manipulativer Klassiker gelungen.

Haben Sie übrigens etwas gemerkt? Es gibt nämlich in dem Dunzschen Tweet auch etwas, was nicht gesagt wird: Kristina @Waltraut Dunz, bzw. deren längst verstorbene Oma Waltraut verlieren kein Wort darüber, wie sie das ursprüngliche #Umweltsau-Lied einschätzen. Nicht der Schatten einer kritischen Reflexion. Kann ich daraus schlussfolgern, dass Kristina @Waltraut Dunz (oder ihre längst verstorbene Oma) das Verursacherlied „voll cool“ (Zitat aus dem WDR-Text) finden? Natürlich nicht, aber es ist schon auffällig, was das Dunz-Duo alles in diesen Tweet packt und was dann offenkundig nicht reingepackt wurde (und in den Zeiten von Threads ist Zeichenbegrenzung keine Ausrede für einen Profi, wie Kristina Dunz mehr).

Hätte man, hätte ich den Dunz-Tweet einfach ignorieren sollen? Vielleicht, aber warum eigentlich? Denn im Gegensatz zu Oma Waltraut selig bin ich nicht „entsetzt“, sondern verärgert und genervt von dem Verhalten deutscher Großjournalisten.

Aber auch immer optimistisch: Deshalb, liebe Kristina @Waltraut Dunz: Vielleicht lesen Sie diese Kritik ja und denken darüber nach, ob Ihre Weltsicht vielleicht doch nicht so richtig und eindeutig ist, wie Sie offenbar zu glauben scheinen. Oder ob Sie als journalistischer Vollprofi vielleicht ein wenig neutraler und abgewogener agieren sollten.

Nachtrag (I).

Ich möchte dem geneigten Leser die vollständige Frage von Kristina Dunz aus der Pressekonferenz in Washington mit Merkel und Trump vom März 2017 nicht vorenthalten – hier kann man den Abschnitt, inklusive Antworten von Präsident Trump und Kanzlerin Merkel nachhören:

“Herr Präsident, warum macht Ihnen Pressevielfalt so große Angst?”

„Frau Bundeskanzlerin, mir Ihren Erfahrungen aus der DDR äußern Sie immer die Zuversicht, dass Mauern auch wieder fallen können. Für wie gefährlich halten Sie die Abschottungspolitik des US-Präsidenten mit seinen geplanten Importzöllen und auch seiner Geringschätzung für die Europäische Union als Gemeinschaft?

Und Herr Präsident, ist es nicht auch eine Gefahr für Amerika, wenn ‚America first‘ die Europäische Union schwächen würde und warum macht Ihnen eigentlich die Pressevielfalt so große Angst, dass Sie so oft von ‚fake news‘ sprechen und selbst Dinge behaupten, die dann nicht belegt werden können, wie die Äußerung, Obama habe sie abhören lassen?“

Ich möchte aber den Lesern, die bis hierhin Geduld bewiesen haben, die folgende kritische Analyse des Dunzschen Auftritts 2017 von Stefan Niggemeiner/Übermedien auch nicht vorenthalten. Ich finde sie brillant und sie zeigt aber auch, dass man für die Dekonstruktion einer geschickt inszenierten Aktion deutlich mehr Raum und Zeilen braucht, als für die Aktion selber nötig ist:

Vom Erfolg, dem US-Präsidenten eine Frage gestellt zu haben

Analyse wurde übrigens lange vor Veröffentlichung des Horowitz-Reports geschrieben, der sich ausführlich mit dem letzten von Kristina Dunz angerissenen Thema befasst – Spoiler: Es ist sehr kompliziert.

Nachtrag (II)

(für Frau Dunz, falls sie diesen Text tatsächlich liest)

Liebe Frau Dunz,

mein persönlicher Rat: Bitte ändern Sie Ihre Twitterkennung. Es ist problemlos möglich. Stehen Sie zu Ihren Kristina-Dunz-Analysen/Meinungen („manchmal hier auch privat unterwegs“) auch in Ihrem Twitter-Kürzel.



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