Warum Böhmermann SPD-Mitglied wird, wie wir die Welt für 2,93 Euro retten, und wieso die Grünen dicke Pullover stricken

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Der satirische Wochenrückblick mit Klaus J. Groth

Greta hält mal den Schnabel, Grönemeyer kotzt sich mal nicht aus, die CDU stochert im galaktischen Nebel AKK, die Selbstfindungsgruppen der SPD brabbeln auf die Couch, was sie immer brabbeln, Horst Seehofer frisst weiter fleißig Kreide, die Grünen lassen an der Fraktionsspitze lieber alles, wie es ist, die Linke verteilt emsig, was ihr nicht gehört. Wie langweilig. So viel Wiederholung der Wiederholung macht den Satiriker sprachlos. Tanzt denn gar keiner aus der Reihe?

Doch, Satiriker Jan Böhmermann. Der tanzt aus der Reihe, indem er sich einreiht. Nun ist er Mitglied der SPD. Das ist noch keine Satire. Die wird es erst durch sein Streben nach dem Chefsessel der Partei. Vorsitzender will er werden, hat er mit Klamauk angekündigt. Dazu muss man nun mal Mitglied einer Partei sein. Das musste sogar Doris von Sayn-Wittgenstein einsehen, die glaubte, trotz Rauswurfs aus der AfD Landesvorsitzende bleiben zu können.

Das Ansinnen war schon kein Spagat mehr, dazu muss man die Beine über dem Kopf falten können. Wer kann das schon. Sayn-Wittgenstein gab nach langem, vergeblichem Üben dieser Haltung ihre Versuche auf, jedenfalls „bis auf Weiteres“, wie sie drohend hinzufügte. Böhmermann nun hat gar nicht erst versucht, die Beine über dem Kopf zu falten. Mit denen blieb er auf dem Boden. Im SPD-Ortsverband Köthen. Nun haben die Genossen in Sachsen-Anhalt mit dem Genossen Jan Böhmermann ein Problem. Ihre Greta-Frage, Entschuldigung, gemeint ist selbstverständlich die Gretchenfrage, Sie wissen schon, Faust und so, aber ohne Gretas Gretchen geht gegenwärtig gar nichts, also die Frage aller Fragen lautet: Wie sehr will Böhmermann die alte Dame SPD verarschen? Nichts anderes erwarten einige Genossen in kluger Selbsteinschätzung von diesem Parteizuwachs. Klagte einer auf Twitter: „Unglaublich, wie wir uns … wieder einmal den Kakao, durch den wir gezogen wurden, freiwillig reinziehen.“
Der zweifelnde Genosse steht aber ziemlich allein. Es ist ja nicht so, dass die SPD-Granden in Anhalt-Bitterfeld nicht mit sich und dem Antrag gerungen hätten. Sie haben sogar nach einem Ausweg gesucht, indem sie darauf hinwiesen, dass eine Aufnahme durch den Ortsverband Köthen nicht einfach so über die Bühne gehen könne. Da könne doch nicht jeder dahergelaufene Wessi in einen Ortsverband schlüpfen. Ein Führungszeugnis aus der Heimatgemeinde des Kandidaten sei schon notwendig. Wohnhaft ist Kandidat Böhmermann in Köln-Ehrenfeld.

Für einen SPD-Aspiranten ist das eine gute Adresse. Einst ein Stadtteil der Arbeiter, ist er heute vor allem bunt. Die Genossen dort hatten überhaupt nichts gegen eine Aufnahme Böhmermanns in die SPD, und so kam den Genossen in Anhalt-Bitterfeld die letzte Sperrmauer abhanden. Da nutzte der verzweifelte Hinweis nichts, die SPD sei eine in Ehren ergraute Partei, keine Satireveranstaltung.

Wer über ein wenig Mitgefühl verfügt, wird die Nöte der Partei mit diesem Eindringling verstehen. Es kann allerdings auch sein, dass sich Jan Böhmermann in diesem Fall das falsche Opfer für Hohn und Spott nach seiner Strick­art ausgesucht hat. Denn die Kommentatoren, die sich auf die Schenkel klopften, als er dem griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis einen Stinkefinger andichtete, für die es ein satirisches Hochamt war, als er den türkischen Präsidenten Erdogan als „Ziegenficker“ bezeichnete, die gleichen Kommentatoren fragen jetzt: Darf der Böhmermann das?
Darf er die gute alte SPD veralbern, Witze auf ihre Kosten machen? Voller Mitgefühl wird festgestellt, Böhmermann profiliere sich auf Kosten einer am Boden liegenden Partei. Da hört der Spaß auf. Es muss um die Partei sehr, sehr traurig stehen, wenn ihr solch tröstende Worte ins Haus ge­schickt werden.

Als ob wir nicht ganz andere Sorgen haben, wenn die Welt untergeht. Im Mittelalter glaubten unsere verblendeten Vorfahren noch, die Welt würde am Jüngsten Tag in einem höllischen Feuer enden, weil alle gesündigt haben. Wir aufgeklärten Menschen wissen es selbstverständlich besser. Absaufen wird die Welt, nicht verbrennen. Das ist allerdings auch nicht angenehmer. Darum geht es nun aber sowas von los mit der Rettung der Welt. Da heizt uns die Regierung in Berlin tüchtig ein.

Aber gemach, es ist nicht alles so heiß, wie es aus der politischen Mikrowelle kommt. Wir in die Flugscham getriebenen Nutzer eines Fliegers können uns schon für 2,93 Euro freikaufen. Das ist für ein gutes Gewissen doch nicht zu viel verlangt. Wieso 2,93 Euro? Na ja, das ist der höhere Steuersatz, der für Kurzstreckenflüge erhoben wird. Ab April 2020. Da lohnt es sich doch jetzt noch ganz schnell einen Flug von Paderborn nach Kassel zu buchen.

Die in Kassel freuen sich auf Sie, denn sonst kommt dort selten einer auf dem neuen – und recht teuren – Flughafen an. Was Sie dort sollen? Keine Ahnung, aber Sie haben ein Schnäppchen gemacht. So billig kommen Sie nie wieder dorthin.

Und überhaupt ist dieser künftige Preisaufschlag ein schönes Beispiel für die Sorgfalt, mit der die Politik mit uns umgeht. Der Steuerzuschlag für innereuropäische Ziele beträgt zurzeit 7,50 Euro. Ab 1. April 2020 aber 10,43 Euro. Nun behaupte mal einer, die in Berlin rechnen nicht mit spitzem Bleistift. Es könnte allerdings sein, die Cent-Fuchser in Berlin haben mit den unzähligen regierungsamtlichen Pendlern zwischen Bonn und Berlin, Berlin und Bonn gerechnet. Da kommt auch bei kleinen Beträgen ganz schön was zusammen. Und: Wir kriegen alles wieder, weil die Umsatzsteuer bei der Bahn sinkt.

Also meckern wir nicht, denn wir haben Grund zur Freude. Schließlich haben wir alle die Möglichkeit, von unseren leichtfertigen Klimasünden befreit zu werden. Sie müssen nur ein Klimazertifikat kaufen. Das ist nicht nur großen Umweltsündern vorbehalten, die weiter stinken können, weil sie die Berechtigung zur Produktion von schlechter Luft von kleinen Umweltsündern kauften und deshalb große Umweltsünder bleiben dürfen. Nein, auch Umweltsünder wie Du und ich sind im Geschäft. Das ist einfach toll. Wenn wieder einmal ein paar tausend Leute aus der ganzen Welt zu einem Kongress oder einer Convention an einen Ort ihrer Wahl fliegen, um heiße Luft zu reden, dann lassen sie sich ausrechnen, wie viel Treibhausgas sie produzieren bei der Reise, mit Heizung, Kühlung, Wasserverbrauch und Müll. Das wird umgerechnet auf Euro und Cent, und genau diese Summe wird gespendet, damit anderswo weniger Treibhausgas produziert wird. Beispielsweise durch effiziente Brennholz-Kochtöpfe in Westbengalen. So geht das mit dem neuen Ablasshandel.

Würde Martin Luther heute dagegen wettern, der Mann hätte keine Chance mit seinem Spruch „Sobald das Geld im Kasten klingt, der Flieger in den Himmel springt.“ Darum haben die christlichen Kirchen auch Abstand davon genommen, die Klima-Buße als Ablass zu bezeichnen. Sie nennen ihre Strafzahlungen „Klima-Kollekte“. Die hilft dem Gewissen des braven Christenmenschen.

In dieser Hinsicht sind die Grünen absolut misstrauisch. Sie glauben nicht an das Gute im Christenmenschen, weil sie überzeugt sind, dass niemand freiwillig Gutes tut. Darum machen sie, was sie immer gerne machen, sie knüpfen Gängelbänder. Ihre Vorturner schlagen vor, den Einbau von Ölheizungen zu verbieten. Jetzt, sofort und gleich. Den Gasheizungen soll noch eine Gnadenfrist bis 2025 zugestanden werden.

Nun kann sich mancher noch an die frühen Jahre der Grünen erinnern. Als die Partei noch ein gäriger Haufen war, sah man weibliche Delegierte in größerer Zahl dicke Wolle stricken. Waren die damals schon so vorausschauend? Wussten die damals schon, dass das Ende, zumindest für die Heizung, nahe ist?

Und überhaupt, wozu benötigen wir noch eine Heizung bei fortschreitender Erwärmung der Erde? Allerdings sollten wir uns, falls es denn doch noch nicht so schnell klappt mit der Erderwärmung, vorsorglich warm anziehen.



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