von Gastautor Josef Hueber
Wer Denken lenkt, weiß um den Wert von suggestiver Sprache. Die Welt existiert bekanntlich im Kopf. In der Öffentlichkeitsarbeit der Systemmedien gibt es deswegen einen Bausatz immer gleichen Vokabulars mit hohem manipulativem Gehalt. Ein Begriff aus diesem Repertoire soll hier unter die Lupe genommen werden.
KANT HAT AUSGEDIENT
Es gibt Wörter, die, im Dauereinsatz in Medien und Politik, eine lähmende Wirkung auf das menschliche Denkvermögen haben. Der intellektuelle Mutmacher Immanuel Kant, von dem man wenigstens gelernt haben sollte, sich „seines eigenen Verstandes zu bedienen“, hat dann offensichtlich, wie überhaupt schon lange in Deutschland, nichts mehr zu melden, sobald sie die Arena öffentlicher Meinungsbekundungen betreten. Kommen sie zum Einsatz, verwandeln sie Fake News in Fact News, bloße Hypothesen in unumstößliche Tatsachen.
DIE DA OBEN – WIR DA UNTEN
Eines dieser Zauberworte heißt EXPERTE. Diese Spezies ist hoch über uns angesiedelt. Deren Aussagen werden weniger bezweifelt als dogmatische Aussagen des Papstes. Wobei Dogmen aus Rom, korrekterweise muss dies gesagt werden, lediglich definierte Glaubensinhalte sind, die keinerlei Anspruch auf wissenschaftliche Faktizität erheben.
Weniger bescheiden als kirchliche Dogmen kommen in den Medien Informationen mit dem Hinweis auf „Experten“ daher. Ein kritischer Blick in die Nachrichtensendungen bestätigt diese Beobachtung. Sich potentiell regender, innerer Widerstand gegen die Denkvorgaben der liebedienerischen öffentlich-rechtlichen Medien wird damit erstickt, oder noch besser, Zweifel kommen erst gar nicht auf.
Wenn bloße Hypothesen als Fakten präsentiert werden sollen, dann bewirkt der Hinweis auf Expertenmeinung, dass sich bei uns Normalbürgern, gleichsam analog zum pawlowschen Hunde-Experiment, jeder Zweifel aus intellektueller Bescheidenheit ins Hinterstübchen des Denkapparates zurückzieht und dort schweigt.
Wir gehören nämlich zu der Spezies IGNORANTEN, die andächtig zuzuhören und zu glauben haben.
EXPERTEN LIEFERN UNTERGANG OHNE ENDE
Zugegeben, wir Normalbürger sind keine Experten. Also haben wir gläubig zur Kenntnis zu nehmen, dass Insekten wegen unser aller Lifestyle sterben, wie schon einmal der deutsche Wald nach Expertenmeinung gestorben ist. Wir müssen wissen, dass Eisbären bald der Vergangenheit angehören, weil sie jetzt schon auf treibenden Eisschollen verhungern. Neueste, gesicherte Erkenntnis: Dieselfahrzeuge blasen uns den Todesmarsch. Es ist so, weil Experten all dies beweisen können.
Geht es um Untergang hier und dort und überall – der Experte ist sofort mit letztgültigem Wissen zugegen, um einen Stimmungsbrei anzurühren, der dann, nach oben gereicht an Politik und Medien, von deren wolkigen Höhen aus uns da unten zum demütigenden Verzehr aufgezwungen wird.
„DER MENSCH IST, WAS ER ISST“ (Feuerbach)
Und warum schmeckt uns das ohne Murren? Die Ernährungspsychologie kennt den Begriff „exposure effect”. Es ist der Akzeptanz bewirkende Gewöhnungseffekt an eine Nahrung durch wiederholten Verzehr. Dies bedeutet, dass „wir solche Lebensmittel gerne mögen, die wir durch häufigen, wiederholten Verzehr kennen. Dieser Effekt lässt sich ausnutzen, indem Kindern bestimmte Speisen immer wieder angeboten werden.“
Diesen Effekt kennt man offensichtlich in den Hauptquartieren von Politik und Medien. Deswegen macht man Gebrauch von durch stetige Wiederholung akzeptierten Begriffen. Und zwar NACHHALTIG.
Aber das ist schon der nächste verbale Baustein im Dauereinsatz gegen kritisches Hinterfragen.