Von Gastautor T. C. A. Greilich
Der Berliner Stromausfall im Februar war der längste und größte Stromausfall der Berliner Nachkriegsgeschichte; über 31.000 Haushalte und 2.000 Gewerbebetriebe hatten fast 31 Stunden lang keinen Strom. Und dennoch war er nur ein Ereignis unter vielen, das aufmerksame Beobachter seit Jahresbeginn wahrnehmen konnten.
An zwei weitere Vorkommnisse möchte ich kurz erinnern: Der größte Stromausfall der jüngeren deutschen Geschichte fand 2005 im Münsterland statt und wurde als „Münsterländer Schneechaos“ bekannt; 250.000 Menschen waren teils mehr als fünf Tage vom Stromnetz getrennt. Dass starke Schneefälle auch heute noch genügen, damit der Strom ausfällt, haben wir in der ersten Januarhälfte gerade wieder in Ost- und Süddeutschland gesehen.
Als bisher größter Stromausfall in Europa gilt die Kettenreaktion, die sich 2006 im Zuge der Überführung eines Kreuzfahrtschiffes von Papenburg aus in die Nordsee ereignete und letztlich 15 Millionen Menschen von der Stromversorgung abschnitt. Dies war das letzte Mal, dass die Netzfrequenz im Stromnetz die untere Grenze eines sicheren Netzbetriebes von 49,8 Hertz unterschritten hatte – bis zum 10. Januar dieses Jahres, als die Netzfrequenz wieder auf 49,8 Hertz absackte. Und als wäre dieser Schreckmoment nicht genug, stieg sie am 24. Januar auf die obere Grenze eines sicheren Netzbetriebes von 50,2 Hertz an. Selbst wenn die Netzbetreiber durch ihre geglückten Eingriffe in beiden Fällen einen Blackout verhindern konnten, zeigte sich die heutige Anfälligkeit des Systems.
Es ist wohl nicht nötig, auf weitere Ereignisse seit Jahresbeginn näher einzugehen, etwa den Kohleausstieg ab 2022 (parallel zum Atomausstieg bis 2022), den Schlagabtausch über die Gas-Pipeline Nord Stream 2 (die den deutschen Mehrbedarf durch die Energiewende sicherstellen soll), die Untersagung einer Schnell-Ladestation für Elektroautos (damit das Stromnetz nicht überlastet) oder die Regierungswarnung vor Hacker-Angriffen auf die Stromversorgung. Sondern ich nehme an, dass die geschilderten Vorkommnisse genügen, um eine Ahnung vom Ernst der Lage zu vermitteln und deutlich zu machen, dass auch ein lang anhaltender, flächendeckender Stromausfall (der sogenannte Blackout) nicht völlig ausgeschlossen ist.
Staatliche Vorbereitung
Wenn man davon ausgehend die Frage stellt, wie gut wir eigentlich auf solch eine Situation vorbereitet sind, genügt es, noch einmal einen Blick auf den Berliner Stromausfall vom Februar zu werfen, der die Verwundbarkeit der Infrastruktur deutlich gemacht und eklatante Mängel offenbart hat: Die Ausstattung des Katastrophenschutzes ist laut DRK veraltet und die Kapazitäten zu gering, die Wachen der Freiwilligen Feuerwehr waren nicht notstromversorgt, in einem Krankenhaus lief die Notstromversorgung nicht richtig an, eine Intensivstation musste evakuiert werden, zwei Blockheizkraftwerke gingen vom Netz, Festnetz und Mobilfunk fielen aus, ebenso öffentliche Verkehrsmittel. Obwohl es sich nur um ein lokales Ereignis handelte, hatte es weitreichende Auswirkungen – trotz aller Vorbereitungen und der Verfügbarkeit einer Großstadt-Infrastruktur mit sämtlicher denkbarer Hilfe von außen.
Allerdings verfolgt der Staat gar nicht den Ansatz, der Bevölkerung einen Vollkasko-Schutz zu bieten. Im Musternotfallplan „Stromausfall“ des Regierungspräsidiums Karlsruhe etwa wird es auf den Punkt gebracht: „Bei einem langanhaltenden und flächendeckenden Stromausfall kann aufgrund der enormen Anforderungen und der nur begrenzt vorhandenen personellen und materiellen Ressourcen keine umfassende staatliche Fürsorge betrieben werden.“ Gleichzeitig hat das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag schon 2010 die Folgen eines langandauernden und großflächigen Stromausfalls analysiert und ernüchtert festgestellt, dass alle kritischen Infrastrukturen betroffen wären und ein Kollaps der gesamten Gesellschaft kaum zu verhindern wäre.
Um dies nachvollziehen zu können, muss man sich vergegenwärtigen, dass bei einem Blackout die gesamte Bevölkerung betroffen und von der Versorgung mit dem Lebenswichtigsten abgeschnitten ist – dies bezieht sich nicht nur auf die ausgefallene Energie, sondern infolge des Infrastrukturausfalls auch auf die nicht mehr oder nur noch beschränkt vorhandene Funktionalität von Lebensmittel- und Wasserversorgung, Verkehr und Bankwesen, Telekommunikation und Medien sowie staatlicher Verwaltung und öffentlicher Sicherheit.
Persönliche Vorsorge
Was bleibt, ist eine persönliche Vorsorge für den Fall der Fälle. Man muss dabei nicht zwangsläufig dem Prepper-Ansatz folgen und sich für alle Szenarien wappnen, die man erdenken kann. Aber man sollte seinen individuellen Möglichkeiten gemäß eine Mindestvorsorge sicherstellen, die nicht nur als Versicherung für den Notfall zu sehen ist, sondern auch den Lebensalltag erleichtert. Es gilt das Prinzip, dass jede Vorsorge besser ist als keinerlei Vorsorge. Und: Lieber hat man etwas getan und braucht es nicht, als man hat nichts getan und bereut es später!
Ich möchte anhand einiger stichpunktartiger Beispiele aufzeigen, wie man sich auf einen Stromausfall vorbereiten kann:
Strom:
- alternative Stromerzeugung durch Photovoltaik-Anlage mit Inselbetriebsmodus oder
- Ersatzstromerzeugung mit Benzin-, Diesel- oder Gasaggregat
- mechanische Geräte ohne Strom, batteriebetriebene Geräte, Kurbel- oder Solarladegeräte
Licht:
- Ersatzbeleuchtung mit Kerzen oder mobilen oder stationären Lampen oder Laternen mit Batterien/Akkus, Solarenergie oder Brennstoffen wie Petroleum, Öl, Kerosin, Benzin oder Gas
Heizung:
- alternative Beheizung durch fest verbauten Kamin oder Ofen oder
- Ersatzbeheizung durch Kamine oder Öfen mit Brennstoffen wie Öl, Petroleum oder Ethanol oder Gasheizstrahler
Kommunikation:
- ferngespeistes Festnetztelefon mit dem Sonderdienst MSAN-POTS der Deutschen Telekom oder Sprechfunkgerät mit vorgeladener Autobatterie
- abgestimmter Familiennotfallplan und Vernetzung in der Nachbarschaft
Information:
- UKW-Radio oder Weltempfänger mit Akku-, Batterie-, Solar- oder Kurbelbetrieb
Trinkwasser:
- ausreichender Wasser- und Getränkevorrat im Rotationsprinzip
- Behältnisse für Wassertransport und -lagerung
- Möglichkeit zur Wasseraufbereitung durch Wasserfilter oder chemische Präparate
- ggf. Wassersparen durch Einweggeschirr und -besteck
Abwasser:
- Camping- bzw. Chemietoilette oder Trockentoilette mit Camping-Toilettenpapier
Lebensmittel:
- ausreichender Lebensmittelvorrat im Rotationsprinzip, der nicht erwärmt und nicht gekühlt werden muss (z. B. Konserven oder durch Vakuumieren oder Einwecken haltbar gemacht) oder
- Ersatzkühlung mit gasbetriebener Kühlbox oder in geeigneten Kellerräumen bzw.
- Ersatzkochgelegenheiten wie Gas- oder Holzkohlegrill, Raclette- oder Fondue-Set oder Kocher mit Brennstoffen wie Holz, Gas, Benzin, Diesel, Kerosin, Petroleum, Spiritus oder Ethanol oder Solarkocher
- Feuerlöscher und Löschdecke als vorbeugender Brandschutz
- ggf. Notvorrat mit spezieller Langzeitnahrung
- ggf. Selbstversorgung soweit möglich
Finanzen:
- ein Minimum an Bargeld in kleinen Scheinen
Mobilität:
- Treibstoffvorrat im Rahmen der gesetzlich zulässigen Mengen
- ggf. alternative Transportmittel wie Fahrräder oder Bollerwagen
Gesundheit:
- Erste-Hilfe-Kurse für alle Familienmitglieder
- Vorrat dauerhaft benötigter Medikamente im Rotationsprinzip
- gut sortierte Haus- und Reiseapotheke samt Verbandskasten
Körperhygiene:
- Vorrat benötigter Hygieneartikel und Reinigungsmittel im Rotationsprinzip
- ggf. Wassersparen durch Papierhandtücher, Baby-Feuchttücher usw.
- stromlose (Reise-) Waschmaschine und Mobildusche
Es versteht sich von selbst, dass in jedem Fall die erforderlichen Batterien/Akkus in geladenem Zustand oder Betriebsstoffe samt sonstigen Verschleiß-/Verbrauchsgütern in ausreichendem Umfang bevorratet werden müssen.
Weiterführende Informationen:
T. C. A. Greilich ist freier Journalist und Fachbuchautor.