Von Hans Heckel auf PAZ
CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer zeigt Eintracht mit Katrin Göring-Eckardt von den Grünen. Konservative sind alarmiert.
Einen kurzen Moment schöpften konservative und nationalliberale CDU-Anhänger Hoffnung: Auf dem ersten „Werkstattgespräch“ ihrer Partei ließ die neue CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer zumindest in Nuancen eine Abkehr von der Grenzöffnungspolitik ihrer Vorgängerin Angela Merkel durchscheinen.
War das womöglich nur Show? Beim gemeinsamen Auftritt Kramp-Karrenbauers mit der Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt zum Gespräch mit der „Bild am Sonntag“ strahlten beide eine derart demonstrative Harmonie aus, dass der Verdacht kaum zu verdrängen ist. Eine schwarz-grüne Koalition auf Bundesebene erschien hier fast wie eine natürliche Verbindung, ja geradezu als ausgemacht.
Alexander Mitsch, Vorsitzender der „Werte-Union“ konservativer CDU- und CSU-Mitglieder ist alarmiert: Die Grünen seien bei der Einwanderungspolitik sowie der Wirtschafts- und Energiepolitik „mit ihren ideologischen Positionen meilenweit von der Vernunft entfernt“, wies Mitsch schwarz-grüne Planspiele von sich. Wohl vergebens.
Einigkeit zeigten Kramp-Karrenbauer und Göring-Eckardt besonders beim Thema Frauenquote. In diesem Zusammenhang äußerte die CDU-Chefin einen Satz, der aufschlussreiche Einblicke in ihre Denkweise freigibt: „Wir müssen in allen Bereichen dafür sorgen, dass der Fortschritt unumkehrbar bleibt.“ Hieraus spricht die tiefe Überzeugung von der Unbezweifelbarkeit der eigenen Wahrheit, wie sie sonst von weit links zu hören ist. Wer so spricht, dünkt sich im angemaßten Recht, „endgültig“ zu entscheiden und festschreiben zu dürfen, was auch von ganz anderen Mehrheiten nicht mehr geändert werden darf. Demokratie geht anders.
Die Erregung von Mitsch ist nur allzu verständlich. Die als Zeichen der Erneuerung angekündigten „Werkstattgespräche“ erfüllen demnach tatsächlich nur die Funktion, Wähler aus jener rechten Mitte zurückzuholen, ohne auf deren Meinung auch nur die geringste Rücksicht zu nehmen. Das unverbindliche Format solcher Gespräche ist dafür der ideale Rahmen: Hier darf jeder Luft ablassen, denn entschieden wird ohnehin ganz woanders.
Die AfD kann durchatmen. Gerade jetzt, da sie von allen Seiten einem Druck wie nie ausgesetzt ist, verschafft „AKK“ mit ihrem Ausflug zu grünen Gestaden der jungen Partei wieder Luft. Auch die FDP könnte aus der schwarz-grünen Annäherung Honig saugen. Konservative Wähler dagegen müssen wohl ihre Hoffnung begraben, dass nach Merkel eine Zeit anbricht, in der auch ihre Position wieder maßgeblich wird für den Kurs der CDU.
Inwieweit dies eine echte Gefahr für die CDU birgt, bleibt abzuwarten. Das elende Schicksal der SPD jedenfalls bleibt eine eindrückliche Warnung.