Von Bodo Bost auf PAZ
Innerhalb der Bundesregierung gibt es Streit, wie man mit bewussten Rechtsbrüchen von Asylsuchern wie der Vertuschung von Alter und Identität sowie der Vernichtung von Ausweisdokumenten umgehen soll. Bislang hatten solche Rechtsbrüche keinerlei Konsequenzen.
Bislang muss ein Asylbewerber mit keinerlei Konsequenzen rechnen, wenn er sich durch Mehrfachidentitäten vielfache Sozialleistungen und einen verlängerten Aufenthalt in Deutschland erschleicht oder durch falsche Altersangaben eine bessere Unterkunft oder ein milderes Urteil bei Strafverfahren ergaunert. Strafbar ist bislang lediglich der Missbrauch ausländerrechtlicher Dokumente, etwa das Fälschen eines Passes oder das Vorlegen eines falschen Passes.
Nach Informationen der „Welt“ lehnt das Bundesjustizministerium einen Vorstoß des Bundesinnenministeriums zur Strafbarkeit von Falschangaben von Asylsuchern bislang ab. Auch bei der letzten Änderung des Asylgesetzes, die im Dezember in Kraft getreten ist, hatte der Gesetzgeber auf eine Ahndung oder Bestrafung solcher Verstöße verzichtet, und das obwohl sie auf ein hohes kriminelles Potenzial hinweisen können. So ist bekannt, dass der Weihnachtsmarktattentäter von Berlin, Anis Amri, gleich unter zehn verschiedenen Identitäten bekannt war und sich durch die damit erlangten Finanzmittel seine Attentatspläne finanzieren konnte, die zwölf Menschen das Leben gekostet haben. Andere Beispiele gäbe es zuhauf.
Gescheitert sind Änderungsvorschläge bislang an Justizministerin Katarina Barley (SPD). Lorenz Caffier, Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern und Sprecher der unionsgeführten Innenressorts der Bundesländer, forderte den Bundesgesetzgeber in der „Welt“ auf, eine Lösung zu finden und Täuschungen gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) von Asylsuchern konsequent zu bestrafen. Die Innenminister der Länder forderten ein Ende der Tatenlosigkeit des Bundes.
Asylbewerber sind bislang im Rahmen des Asylverfahrens zu keinerlei Mitwirkung verpflichtet. Selbst offensichtliche Phantasienamen müssen bei Papierlosigkeit als Ersatz akzeptiert werden. Schon beim ersten Kontakt mit einer deutschen Behörde wird einem Asylsucher der Eindruck vermittelt, dass man mit Schummeln in der Bundesrepublik weiter kommt als mit Ehrlichkeit. Ein entsprechendes Bild bekommt er von der Ethik und Moral in der Bundesrepublik. Ohne eine entsprechende Sanktionierung festgestellter Identitätstäuschungen und Rechtsverstöße wird andererseits in der Restgesellschaft, deren Rechtsverstöße etwa im Steuerbereich oder Straßenverkehr sanktioniert werden, die Akzeptanz für Asylsucher weiter abnehmen.
Bereits Ende 2017 hatten sich auf Antrag des damals noch rot-grün regierten Nordrhein-Westfalen die Justizminister von Bund und Ländern mit dem Thema befasst. Es blieb dabei, dass im Asylverfahren auch wiederholte falsche Angaben von Asylsuchern zu Alter, Identität oder Staatsangehörigkeit nicht strafbar sind. Eine Änderung scheiterte schon damals am Widerstand des Justizministeriums. Das Haus von Minister Seehofer hält jedoch erklärtermaßen an seinem Willen fest, die Strafbarkeitslücke zu schließen: „Aus ordnungspolitischen Gründen besteht ein Interesse daran, Identitätstäuschungen sowie sonstige Falschangaben im Asylverfahren zu unterbinden.“
Nachdem die Bürgerkriege im Nahen Osten am Abklingen sind, der Islamische Staat weitgehend besiegt ist und einzelne Staaten, wie die Türkei und der Libanon mit ersten Rückführungen von Syrien-Flüchtlingen begonnen haben, hat sich unter Syrern und Irakern, die bislang ihres Asyls sicher sein können und deshalb gerne ihre Papiere verlegt haben, herumgesprochen, dass sich für sie die Situation ändern könnte. Deshalb legen nur noch ganz wenige neue Asylsucher aus diesen Ländern ihre Papiere vor.
Das zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erfasst bislang statistisch nicht, wie viele Asylsucher falsche Angaben im Asylverfahren machen. Die Opposition im Bundestag, vor allem FDP und AfD, forderten die Regierung zum Handeln auf, weil eine zuverlässige Identitätsfeststellung die Voraussetzung eines rechtsstaatlichen Asylverfahrens ist. Aber auch zur Bekämpfung von Sozialmissbrauch sowie aus Sicherheitsgründen hätte die Bundesregierung schon längst gehandelt haben müssen.