Kriminalität: Probleme? Gibt es keine!

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Von Gastautor Steffen Meltzer

Als ich am 10.01.2019 im Innenausschuss des Brandenburger Landtages als Zuhörer zu Gast war, vernahm ich wieder einmal den mir allzu gut bekannten Satz: „Sinkende Straftaten bei steigender Aufklärung“. Darauf einen lang anhaltenden Beifall verbunden mit spontan (organisierten) Jubelstürmen! Wir befinden uns schließlich mitten im Brandenburger Wahlkampf, Hektik ist ausgebrochen, da die AfD sich anschickt, im ländlichen Bundesland stärkste Kraft zu werden.

Wenn sich selbst Polizisten alleingelassen fühlen, wie wird es dann erst den „hier lebenden“ Bürgern ergehen? Eine gegen alle Warnungen zum Trotz abgebaute Polizei und kaputtgesparte Justiz, die im „Kampf gegen rechts“ sogar einen NPD-Politiker laufen lässt, der im Verdacht steht, eine Turnhalle für Flüchtlinge angezündet zu haben. Der Justizminister der Linken, verfiel zur Rechtfertigung reflexartig in den 08/15-Politikersprech eines „Einzelfalls“. Das passt nicht zur Erfolgsmeldekultur der Hochglanzprospekte, um Wahlen zu gewinnen. Deshalb werden auch mir bekannte Probleme in Brandenburg traditionell gern vertuscht. Probleme? Gibt es gar nicht!

Im regionalen Teil der Januar-Ausgabe 2019 „Deutsche Polizei“ konnte ich durch den Brandenburger GdP-Landesvorsitzenden folgendes nachlesen:

Auch das Thema Flüchtlinge und Kriminalität unter Flüchtlingen wird weiterhin lieber unter den Teppich gekehrt, als es so zu nennen wie es ist. Die Bürger merken es, wir merken es und man muss es endlich politisch ansprechen, ohne gleich zum Populisten abgestempelt zu werden. Gerade die Zunahme der Gewaltkriminalität unter Flüchtlingen ist beängstigend. Sie sind geflohen vor der Gewalt in ihren Ländern und üben jetzt Gewalt in unserem Land aus. Das kann man nicht mehr vermitteln, genauso wenig wie, dass Flüchtlinge die nachgewiesenermaßen mehrere Straftaten begangen haben, nicht abgeschoben werden.“

Während sich Polizeibeamte organisieren können, haben i.d.R. die Schwächsten der Gesellschaft weder eine Lobby noch sonstige Fürsprecher. Sie sind ein bevorzugtes Opfer. Viele bekommen nur eine Rente auf Mindestniveau, der jahrelang erzeugte und damit hausgemachte Pflegenotstand sorgt für einen unwürdigen Lebensabend. Das ist aber noch nicht alles, eiskalte Täter(gruppen) plündernquälen und folternberaubenbestehlenvergewaltigen und ermorden heimtückisch diese oftmals betagten und wehrlosen Alten. Senioren, die unsere Gesellschaft unter großen Opfern und Entbehrungen aufgebaut haben. Die Polizei spricht Warnungen aus, besser gar keinen Schmuck mehr in der Öffentlichkeit zu tragen, nicht mal unechten.

Vier vermummte Täter überfielen in der Nacht zum 9. Januar 2019 die 94-jährige pflegebedürftige Else W. in ihrem Haus bei Potsdam. Sie überlebte den zweiten Weltkrieg, ihr Stand in der Markthalle auf dem Magdeburger Platz in Berlin-Schöneberg wurde ausgebombt. Sie baute mit ihrem Mann eine neue Fleischerei auf. Sie berichtet gegenüber einem Reporter, immer wieder mussten sie neu anfangen, bevor sie ins Brandenburgische zogen und ein Haus errichteten. Ihr Mann starb vor zwei Jahren mit 95 Jahren nach einem Oberschenkelhalsbruch.

Als die Gangster sie überfielen, so berichtet die betagte Rentnerin, wurde sie aus dem Bett gezerrt, geschlagen und gefesselt. Als der über ihr wohnende 62-jährige Sohn dazu kam, wurde dieser ebenfalls schwer misshandelt, beiden wurde eine Pistole an die Schläfe gehalten: „Geld, Geld, Geld!“

Schränke wurden durchwühlt, die Beute waren Bargeld und Schmuck, selbst alle sieben Ringe wurden Else W. von den Händen gerissen. Nun liegt die ohnehin kleine Frau mit schwacher Konstitution körperlich und seelisch schwer gezeichnet, grün und blau geschlagen, in einem Krankenhaus. Ich wünsche ihr den Umständen entsprechend gute und schnelle Besserung. Else W. ist schwer traumatisiert, wo bleibt der Aufschrei all derjenigen, die sich dieses Themas zu Eigen gemacht haben? Er findet schlicht nicht statt. Sie ist eine von uns.

Die Pressestellen der Brandenburger Kommunen und Polizei empfehlen zum Einbruchsschutz regelmäßig mechanische und elektronische Vorkehrungen zu schaffen. Selbst Schilder, zum Beispiel über sogenannte „künstliche DNA“ sollen nutzbringend sein. Ich kann Ihnen versichern, dass diese Art Schilderfolklore, keinen der reisenden und marodierenden Banden abhält, einen Einbruch zu begehen. Gewöhnlich interessiert sich in Georgien, Rumänien oder der Ukraine niemand für eine unsichtbare Tinktur, die man nur mit einer bestimmten Beleuchtung sichtbar machen kann und die sich sogar beseitigen lässt. Was ich bei den Pressestellen regelmäßig vermisse, sind Hinweise zum verhaltensorientierten Eigenschutz beim brutalen Vorgehen durch Einbruchstäter. Außer: „Lassen Sie den Täter flüchten“. Was tue ich oder unterlasse es besser, wenn dieser nicht einmal im Traum daran denkt, das Weite zu suchen?

Schiffbrüchige mit Rettungsweste haben eine deutlich höhere Chance zu überleben, wenn sie ihr Schicksal nicht gerade im Eismeer oder der kalten Nordsee trifft. Sich allein beim Einbruchsschutz auf Technik zu verlassen ist vergleichbar einer nur halb gefüllten Rettungsweste.

Offene und ungefilterte Grenzen, erleichtern Einbrechern (nicht nur diesen) mit „Reisetätigkeit“ das „Gewerbe“. Verbunden mit immer weniger Polizei und Justiz erhöhen sich die Risiken für die einheimische Bevölkerung, daran ändern auch die vielen Statistiken mit sinkenden Kriminalitätsraten nichts. Es darf nicht sein, verhaltensorientierte Hinweise auszulassen, weil man vielleicht die Bevölkerung „nicht verunsichern“ – und deren subjektives Sicherheitsgefühl „verbessern“ will.

Soll man sich lieber im Zimmer verbarrikadieren oder den Tätern mutig entgegentreten? Hat man die moralische Legitimation zu fliehen, wenn sich die Gelegenheit ergibt, dabei seine Familienmitglieder im „Stich“ zu lassen, um Hilfe zu holen? Soll man sich ausschließlich auf seine mechanische Aufrüstung, verbunden mit am Haus installierter Kamera, verlassen oder soll man sich auch persönlich auf ein mögliches Zusammentreffen mit einem oder mehreren Täter vorbereiten? Die Fragen sind ausdrücklich vorwurfsfrei nicht auf den von mir beschriebenen Fall bezogen.

Manche werden entgegnen, „Was interessiert es mich? Sicherheit ist Aufgabe des Staates!“ Im Prinzip schon, wenn es denn funktionieren würde. Jedes Jahr werden in Deutschland Tausende in ihrer Wohnung überfallen, da ist dann nur ganz selten gerade Polizei unmittelbar parat. Nicht umsonst nennen manche Beamte der Kriminaltechnik ihre Spurensicherung vor Ort „Beileidsbesuch“, wohl wissend, wie es um die Aufklärungschancen steht.

Ausgerechnet das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachen e. V. hatte nachgewiesen, dass beispielsweise die 2014 in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) genannten 15,2 % Aufklärung bei Wohnungseinbrüchen, tatsächlich nur mit 2,6 % Täterverurteilungen einhergehen (KfN-Forschungsbericht 124).

Vor der „Flüchtlingskrise” sprach der einstmals kritische Prof. Christian Pfeiffer am 27.04.2015 in der ARD-Sendung „Trauma Einbruch – Hilflos gegen Diebesbanden?“ davon, dass man auf die offiziellen Aufklärungszahlen nicht viel geben kann. „Die bieten eine geschönte Welt der Polizei, von 100 angezeigten Fällen gibt es nur 2,6 Verurteilungen“. Polizisten sagen ihm unter vier Augen: „Die da oben brauchen geschönte Zahlen für ihre Politik.“ Weiterhin betonte Pfeiffer, dass man Statistiken sehr gut „interpretieren“ könne, so sollen unaufgeklärte Einbrüche unter den Tisch fallen. Einem ertappten Täter werden viele ähnliche Einbrüche zugerechnet, auch wenn es dafür keine Beweise gibt – und schon sieht die Quote besser aus. Seltsamerweise werden in der Statistik Einbrecher als „ermittelt“ erfasst, obwohl diese weder angeklagt noch verurteilt werden.

Seit 2014 gibt es in Deutschland leicht gestiegene Aufklärungsquoten. In Brandenburg soll 2017 die Aufklärungsquote bei Wohnungseinbrüchen 22,4 Prozentbetragen. Wieviele Täter davon tatsächlich durch die Justiz verurteilt worden, bleibt im Dunkeln der Zeitgeschichte. Diesbezüglich werden im Bundesland keine Zahlen erhoben. Warum wohl?

Leider kann ich für den Fall Else W. keine günstige Prognose stellen. Ihr Fall wird bald vergessen sein, die Täter werden mit großer Wahrscheinlichkeit nie gefasst, geschweige, verurteilt werden. Ich wünsche ihr das Bestmögliche und hoffe mit ihr. Selbst wenn sie „gesundet“ wird es ihr nie mehr möglich sein, unbeschwert in ihrem Haus zu leben. Sie ist eine von Tausenden, vor allem den Alten, die jedes Jahr in ihrem Heim, den eigenen vier Wänden, überfallen werden. Ihr schweres menschliches Schicksal am Lebensabend wird in der fernen Lebenswirklichkeit der Weltverbesserer nie vorkommen.

Deutschland 2019, der Kampf gegen „rechts“ wird stattdessen jeden Tag wichtiger. Dazu gehört auch dringend, die Polizei in regelmäßigen Abständen unter einen rechten Generalverdacht zu stellen, anstatt dieser den Rücken zu stärken. Auch hier kann ich gegenwärtig keine günstige Prognose zur Gesundung stellen.

Steffen Meltzer, Autor von „Ratgeber Gefahrenabwehr: So schützen Sie sich vor Kriminalität – Ein Polizeitrainer klärt auf“

Der Artikel erschien zuerst auf TICHYS EINBLICK



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