Relotius ist überall

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Autor Vera Lengsfeld Veröffentlicht am 4. Januar 2019

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung und die Strickliesel

Das System, dem Claas Relotius diente, liegt wie Mehltau über dem ganzen Land. Es hat auch die Wirtschaft im Griff.

von Gastautor Michael Wolski

Eine aktuelle Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln widmet sich dem Thema „Migration und die Innovationskraft Deutschlands – Eine neue Methode zur soziodemografischen Analyse von Patentanmeldungen“.

Diese Studie wurde im Dezember 2018 fertiggestellt und am 03.01.2019 berichtete darüber auch die FAZ, in den höchsten Tönen die Migranten lobend.

Dabei titelt die FAZ: „Jedes zehnte Patent stammt von einem Migranten“. Im Text heißt es:
„Fast jedes zehnte aus Deutschland angemeldete Patent stammte im Jahr 2016 von einem Erfinder mit Migrationshintergrund, berichtete am Donnerstag das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln. Das entspreche rund 3000 Patenten. Im Jahr 2005 lag der Anteil noch bei 6 Prozent.“

Bemerken sie den Unterschied? Im Titel sind es „Patente“ (also erteilte Schutzrechte) – im Text sind es dann Anmeldungen. Das Patentamt mit seinen Spezialisten prüft eine Patentanmeldung in einem aufwändigen Verfahren, ob die Erfindung neu und schutzwürdig ist. Da trennt sich Spreu vom Weizen, was bei einem Zahlenvergleich von angemeldeten und erteilten Patenten sichtbar wird.

Ziel der DIW-Studie war es nachzuweisen, dass die Migration den deutschen Patentanmeldungen einen Kick nach oben gibt. Da es ja in Deutschland seit 1945 keine Ahnenpässe mehr gibt, die den „echten Deutschen“ zertifizieren, stehen die Verfasser vor der Herausforderung, wie es nachzuweisen ist, dass Menschen mit Migrationshintergrund einen wachsenden Anteil an den Patentanmeldungen haben. Offenbar war die Aussage von der Politik vorgegeben und man musste nun, um Fördermittel zu erhalten, den Nachweis führen.

Dazu hat man beim DIW eine Vornamendatenbank entwickelt, aus der man nun mit Algorithmen ableitet, ob es sich bei den Patentanmeldern um Bio-Deutsche oder Fremde handelt.
Sozusagen eine umgedrehte Sicht wie bis 1945.
Ähnlich wie damals bei der Erteilung eines Ahnenpasses, wird auch heute die Auswahl auf selbstdefinierte Regeln gestützt. Nur ist es jetzt der fremde Leistungsträger, der positiv selektiert werden soll.

Was dem Leser aus der Wirtschaft in der Studie auffällt, ist der Begriff „Vollpatent“. Ich habe ihn bei der Eingabe in die Suchfunktion bei www.dpma.de (dem Deutschen Patentamt) nicht gefunden, ebenso wenig wie „Vollpatentäquivalent“. Beide Begriffe werden im Text des DIW 15 bzw. 14 mal erwähnt.

Wenn man jedoch googelt, findet man ihn im Zusammenhang mit dem Stricken. Bei youtube: „Stricken lernen*Patentmuster1* Vollpatent rechts“. Das Institut der deutschen Wirtschaft als Förderer der Strickliesel? Aber: Vollpatent rechts? RECHTS? Ich habe das „Vollpatent links“ nicht gefunden, sehr bedenklich.

Dann endlich auf Seite 10 wird der Begriff erläutert.

„Vergleichbar der Nobelpreislogik erhält ein bestimmter Erfinder eine volle Patentanmeldung zugerechnet, wenn er als einziger Erfinder in dieser fungiert, jedoch nur ein Drittel, wenn er sie sich mit zwei weiteren Erfindern teilt. Es wird folglich nicht nur für jeden Erfinder das zugehörige Gewicht der 24 verschiedenen Sprachräume ausgewertet, sondern dieser Wert wird zusätzlich durch die Anzahl der Erfinder innerhalb einer Patentanmeldung geteilt. Das Ergebnis dieser fraktionalen Zählweise sind folglich vollpatentäquivalente Anmeldungen.

Als Beispiel dient eine fiktive Patentanmeldung, an der vier Erfinder mit den Namen Abdul, Abdoul, Simone und Michael beteiligt sind. Der Vorname des ersten Erfinders, Abdul, ist den Sprachräumen türkisch, arabisch, russisch sowie anderen südosteuropäischen Sprachen zugeordnet. Somit sorgt der Vorname Abdul in der ersten, ungewichteten Zählweise auf Basis der reinen Vornamensnennungen für eine Erhöhung der Werte für seine vier Sprachräume um jeweils ein Viertel, in der zweiten, gewichteten Zählweise jedoch nur um ein Sechzehntel, da drei weitere Erfinder an dieser Patentanmeldung beteiligt sind. Der Vorname des zweiten Erfinders, Abdoul, hingegen ist nur dem arabischen Sprachraum zugewiesen. Der Wert für den arabischen Sprachraum erhöht sich nach der ersten Zählweise um eins, nach der zweiten Zählweise hingegen um ein Viertel. Der Vorname Simone findet im deutschen und im italienischen Sprachraum Verwendung.“

So geht es in dem Text auf 10 Seiten weiter. Wer will das wissen? Welchen Nährwert hat das?

Sucht man allerdings im Text den Begriff „Erteilte Patente“ wird man nicht fündig, „Patentanmeldungen“ findet man 30 mal. Warum? Ich habe anhand einer kleinen Tabelle den Unterschied bei der Anzahl angemeldeter und erteilter Patente dokumentiert und da ahnt man, warum diese „Studie“ erstellt wurde.

Bei Patentanmeldungen wird international differenziert nach Anmeldungen von Einheimischen (juristische oder natürliche Personen mit Wohnsitz im Land der Anmeldung) – in der Sprache der WIPO „direct applications“ – und in Anmeldungen durch Personen in einem anderen Land – in der Sprache der WIPO PCT „national phase entries“ – ist es in der Tat nicht möglich herauszufinden, ob es sich bei den Einheimischen um schon länger da lebende oder Personen mit Migrationshintergrund handelt. Erteilte Patente findet man unter „grant for direct application“.
(WIPO: Weltorganisation für geistiges Eigentum, PCT: Patent Cooperation Treaty)
Sie finden dort Angaben für alle Länder:
https://www3.wipo.int/ipstats/editIpsSearchForm.htm?tab=patent

Angemeldete und erteilte Patente an Einheimische (Zahlen gerundet)

Es fällt auf, dass die Qualität der Anmeldungen in den USA im Zeitverlauf zugenommen hat, die in China sich verschlechterte, was sich im Verhältnis angemeldete zu erteilten Patente zeigt.

Seitdem mehr Migranten in Deutschland leben, stieg die Zahl der Patentanmeldungen von 58.000 auf 62.000 (wie die Autoren der DIW-Studie nachweisen). Die DIW-Studie verschweigt aber, dass die Anzahl der erteilten Patente zurückging, von 2006 = 21.000 auf nur noch 14.000 zehn Jahre später.

Das Fazit in FAZ-Prosa: „Fast jedes zehnte aus Deutschland angemeldete Patent stammte im Jahr 2016 von einem Erfinder mit Migrationshintergrund, berichtete am Donnerstag das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln. Das entspreche rund 3000 Patenten. Im Jahr 2005 lag der Anteil noch bei 6 Prozent.“

Das Fazit in der Realität: 21.000 erteilte Patente im Jahr 2006 – zehn Jahre später nur noch 14.000.
Ein Minus von 33 %.

Innovationskraft wird eben nicht in angemeldeten sondern erteilten Patenten gemessen. Da auch den Verfassern der Studie vom DIW diese Binse bekannt sein dürfte, schreiben sie, um ihren propagandistischen Auftrag zu erfüllen, in der Studie ausschließlich von ANGEMELDETEN Patenten. Damit hat die Studie keinen wissenschaftlichen Wert, sondern ist ein reines Propagandaprodukt.

Mir scheint, dass jetzt auch das DIW und die FAZ ihren Fall Relotius haben.

Wie wird das Bundeskanzleramt und die Medien nun reagieren, wenn das DIW (ungewollt) den Nachweis erbrachte, dass die Migration die deutsche Innovationsfähigkeit in 10 Jahren um 1/3 verringert hat? Werden Fördermittel gestrichen?

Abschließend noch eine Anmerkung zum Migrationshintergrund:
Der Begriff wurde erst 2017 neu definiert und besagt jetzt:

Migrationshintergrund (Definition)
“Eine Person hat dann einen Migrationshintergrund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren ist.”
Die Definition umfasst im Einzelnen folgende Personen:

  1. zugewanderte und nicht zugewanderte Ausländer
  2. zugewanderte und nicht zugewanderte Eingebürgerte
  3. (Spät-)Aussiedler
  4. mit deutscher Staatsangehörigkeit geborene Nachkommen der drei zuvor genannten Gruppen.Quelle: Statistisches Bundesamt: Fachserie 1, Reihe 2.2 Bevölkerung und Erwerbstätigkeit, Bevölkerung mit Migrationshintergrund, Ergebnisse des Mikrozensus, Wiesbaden 2017.



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