Aus einer aktuellen Stunde im Dresdner Stadtrat

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„Damit Wohnen bezahlbar bleibt: Sozialen Wohnungsbau fortsetzen“

Am 02.11.2018 fand im Dresdner Stadtrat eine aktuelle Stunde zum Antrag der LINKEN „Damit Wohnen bezahlbar bleibt: Sozialen Wohnungsbau fortsetzen“ statt.

Die Fraktionen des Stadtrates hatten dazu teils aus ihren Reihen, teils Externe als Redner nominiert.

Einige im Plenarsaal des Rathauses werden sich gewundert haben, dass ich der Bitte der AfD- Fraktion nachgekommen bin, mich zu diesem Thema vor dem Stadtrat zu äußern. Auch werden deswegen einige vielleicht vorwurfsvoll und auch frustriert sein, doch unser Regionalverband Haus & Grund Dresden e.V. ist parteienunabhänig und dafür stehe ich. Dazu gehört auch, sich demokratisch gewählten Organisationen nicht zu verweigern, zumal das Thema uns über sämtliche Parteigrenzen hinweg berührt.

Den Stadträten, die das nicht mögen, sei erwidert, auch sie hätten uns ansprechen können, selbst wenn es ihnen vielleicht nicht ins politische Kalkül passen sollte, was wir zu sagen haben.

Schließlich kann es eine sachgerechte Entscheidung erst dann geben, wenn die Vielfalt der Auffassungen sachlich vorgetragen wurde. Doch an Bereitschaft dafür fehlt es offensichtlich im derzeitigen Stadtrat und nicht nur dort.

Auf diese Weise offenbarte sich erneut, warum Politikverdrossenheit und als „rechts“ diffamierte Ansichten um sich greifen. Nur im fairen sachlichen Meinungsstreit lassen sich sachgerechte Lösungen finden.

Der Wunsch nach „bezahlbarem Wohnen“ mag verständlich sein. Doch was darunter zu verstehen ist, gehen die Positionen weit auseinander.

Steigende Einkommen und konstante oder gar sinkende Mieten, das passt zueinander wie Feuer und Wasser. Steigende Einkommen führen auch immer zu steigenden Preisen und diese dann auch zu steigenden Mieten, sollen die Bewirtschaftungskosten nicht in rote Zahlen führen. Wohin die Nichtkostendeckung führt, werden die älteren unter uns noch aus DDR-Zeiten kennen, als die Mieten auf Kosten der Substanz auf lächerlichem Niveau eingefroren waren.

Als nach der Wende die verkommene Bausubstanz mit großem Aufwand und persönlichem Engagement vieler Vermieter instand gesetzt und modernisiert wurde, brauchte es viel Einsicht unter den Mietern, dass dies nur mit steigenden Mieten und hoher Verschuldung der Eigentümer möglich war. Als endlich der Großteil erneuert war, musste der Kreditberg abgetragen werden. Das führte bei vielen Mietern zu Frust und Verärgerung, wollten sie doch nicht recht einsehen, dass das Wohnen auch Geld kostet und nur wirtschaftlich funktionieren kann, so wie bei jedem anderen Geschäft auch.

Nachdem allerdings übermäßig und am Bedarf vorbei neu gebaut wurde, kam Ende der 1990er Jahre dann eine bislang nie gekannte Leerstandswelle und in der Folge konstante bis leicht fallende Mieten bis etwa ins Jahr 2013/14. Manch kleiner privater Vermieter rutschte dabei in die Insolvenz.

Aufgrund steigender Nachfrage konnten danach vielerorts in Dresden vornehmlich bei Mieterwechsel schrittweise höhere Mieten erzielt werden. Auch zeigte sich, hätte man den Umschwung erahnen können, mancher Abriss wäre wohl besser nicht vorgenommen worden.

Ein Haus muss im Zyklus von etwa 25 Jahren in erheblichem Umfang erneuert werden und das kostet wieder Geld. Deshalb werden viele Vermieter geneigt sein, die Mieten den erneuten Anforderungen entsprechend anzupassen.

Manch ein Unternehmer wird da auch kräftiger zulangen, als vielleicht zur Kostendeckung notwendig ist. Aber schwarze Schafe gibt es schließlich überall. Dafür dürfen aber nicht alle bestraft werden.

Diesem Dilemma soll nun die neu gegründete städtische Gesellschaft WiD erfolgreich entgegen wirken. Doch das wird nur gelingen, wenn der Stadtrat Unmengen an Steuermitteln in dieses Unternehmen pumpt.

Mit sozialem Wohnungsbau wird das, was sich dabei viele unter bezahlbarem Wohnen vorstellen, nicht zu erreichen sein. Dafür müssten marktrelevante Mengen mit künstlich niedrig gehaltenen Mieten aus Steuermitteln etabliert werden. In Fachkreisen wird ein Schwellwert von 20 % Marktanteil genannt. Das wären in Dresden rund 50.000 Wohnungen.

Solange der Zuzug nach Dresden anhält, werden die Besitzenden weniger Miete zahlen als die Wohnungssuchenden.

Im sozialen Wohnungsbau werden dann über kurz oder lang, wenn die Einkommen steigen, nicht mehr die sozial Schwachen wohnen, sondern durchaus auch gut Verdienende, die dann nicht bereit sein werden, für die Schwachen entweder ihre Wohnung zu räumen oder eine Marktmiete zu bezahlen, von der wiederum Schwache mit niedrigen Mieten subventioniert werden können.

Schließlich gibt es seit der Mietrechtsreform von 2002 keine Fehlbelegungsabgabe mehr.

Daher sollte der Subjektförderung gegenüber der Objektförderung der Vorrang eingeräumt werden, also den sozial Schwachen mit Wohngeld ein adäquates Wohnen zu ermöglichen.

Es gibt aber auch viele Stellschrauben, den allgemeinen Mietenanstieg zu bremsen, ohne dass es einer Mietpreisbremse bedarf, die ohnehin verfassungsrechtlich zweifelhaft ist.

Eine Mietpreisbremse kann nur dann funktionieren, wenn auch auf der Kostenseite gebremst wird. Und da sollte in erster Linie die Öffentliche Hand mit gutem Beispiel voran gehen und ihre Gier nach Einnahmebeschaffung begrenzen!

Wenn z.B. das Finanzamt den Werbungskostenabzug nicht mehr oder nicht voll anerkennt, weil die Mieten in den letzten Jahren nicht erhöht wurden und mit Blick auf § 21 Abs. 2 Einkommensteuergesetz als Gefälligkeitsmieten eingestuft werden, die also hinter der ortsüblichen Vergleichsmiete zurückgeblieben sind, wird der Vermieter der Mietentwicklung nachlaufen.

Ansonsten muss er nämlich auf Gelder auch noch Einkommensteuern bezahlen, die ja für die Unterhaltung des Hauses längst ausgegeben sind. Hier ist politischer Änderungsbedarf wenigstens dahingehend erforderlich, dass nur die Anfangsmiete der Marktmiete entsprechen muss und spätere Mietsteigerungen unbeachtlich bleiben. Aber auch andere Modelle sind denkbar.

Ein weiteres Phänomen zeigt sich in letzter Zeit: Die Finanzämter gehen bei Grundstückskäufen dazu über, die vereinbarten Immobilienpreise als zu niedrig anzuzweifeln, indem utopische Werte unterstellt werden, die hätten erzielt werden können. Für die Differenz zu den unterstellten Mondpreisen wird neben der hierbei relativ niedrigen Grunderwerbssteuer noch horrende Schenkungssteuer verlangt. Die Beweislast für das Gegenteil legt das Finanzamt dem Käufer auf.

Damit werden all diejenigen Käufer, die im Glauben, einen fairen Kaufpreis bezahlt zu haben, im Nachgang vom Finanzamt mit einer horrenden Steuerforderung überrascht.

Gerade infolge der Niedrigzinspolitik werden von Kapitalanlegern mitunter Preise bezahlt, denen kein reeller Wert gegenüber steht. In Fachkreisen wird schon von einer neuerlichen Immobilienblase gesprochen. Und diese Werte verallgemeinern die Finanzämter als marktüblich. Die Miete soll und muss solche Werte dann schließlich refinanzieren.

Ein weiteres Problem stellen die Ausgleichsbeträge dar, die nach § 154 BauGB auf vermeintliche Wertsteigerungen in Sanierungsgebieten verlangt werden, die meist auf völlig subjektiven Einschätzungen der Stadt beruhen. Auch das muss über die Miete schließlich refinanziert werden.

Nicht selten werden von (Groß-)Investoren utopische Preise bezahlt, nur um an bestimmte Grundstücke zu kommen. Diese fließen dann in die Bodenrichtwerte ein, die auch den übrigen Grundstückseigentümern als vermeintlicher Wertzuwachs vorgehalten werden. Hierbei gibt es nun auch noch Begehrlichkeiten, diese Werte für die Bemessung der Grundsteuer heranzuziehen, was zu horrenden Werten führen wird.

Wen wundert es also, wenn solche Denkweisen und Praktiken auf die Mieten durchschlagen?

Steigende Preise von Handwerkern und verteuernde Bauvorschriften sowie steigende Betriebskosten tun ein übriges.

Auf einen nicht unerheblichen Teil der Betriebskosten hat aber die Öffentliche Hand nicht unerheblichen Einfluss. Ich denke hierbei vor allem an die Preise für Wasser / Abwasser, Energie und Grundsteuern, die das Wohnen verteuern.

Hinsichtlich der Grundsteuern stellen wir zunehmend noch weitergehende eigenartige Praktiken der Finanzämter fest. Nach größeren Investitionen werden Wertfortschreibungen durchgeführt, bei denen Phantommieten zugrunde gelegt werden, die zu utopischen Einheitswerten führen. Es würde hier zu weit führen, die Details zu erläutern, das wäre ein eigenständiges seitenlanges Thema.

Nicht unerwähnt möchte ich Folgendes lassen: Müssen Eigenmittel für größere Instandsetzungs- und Modernisierungsvorhaben angespart werden, dürfen auf diese auch noch erhebliche Einkommensteuern bezahlt werden, weil das Überschüsse sind, die mit dem übrigen Einkommen

z.B. aus Arbeit oder Rente, addiert werden. Da ist man schnell beim Spitzensteuersatz von 42 %, der schon bei einem zu versteuernden Jahreseinkommen von ca. 55 T€ zu zahlen ist. Hier sollte es möglich sein, steuerfreie Rücklagen für Investitionen zu bilden, wie das in bilanzierenden Unternehmen zulässig ist. Diese Ungleichbehandlung wird aber gern verschwiegen.

Sind die Arbeiten dann ausgeführt, erkennen nicht selten die Finanzämter die Ausgaben nicht als Werbungskosten an, sondern lediglich als nachträglichen Herstellungs- oder Anschaffungsaufwand mit der Folge, dass nur 2 (bzw. 2,5 % bei Denkmalen) jährlich abgeschrieben werden dürfen. Bezahlt werden muss aber alles sofort auf einmal.

Die Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es bleibt aber festzustellen, dass es genügend Stellschrauben gibt, wenn denn der politische Wille dafür da wäre, die Mietenentwicklung auf der Kostenseite zu bremsen. Aber davon ist weit und breit nichts zu spüren. Vielmehr komme es auf die Gewinnerzielung an, wie die Finanzämter als eigentliche Preistreiber argumentieren.

Die Gier der Öffentlichen Hand scheint immer größer zu werden und dann soll einem Buhmann gleich der Vermieter auf Einnahmen verzichten, ohne anerkennen zu wollen, dass sie für die Kostendeckung erforderlich sind. Vielmehr sollten Anreize geschaffen werden, sozial zu denken und keine Maximalmieten zu verlangen.

 

Christian Rietschel Vorsitzender

Haus & Grund Dresden e.V.



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