Von Roger Letsch auf unbesorgt
Wenigstens ist man noch so anständig, diese getrennt zu betrachten. Zum „Global Compact on Refugees“ an dieser Stelle nur so viel: Das Papier befasst sich nur mit der Arbeit des UNHCR, die ausdrücklich darin besteht, Flüchtlinge, wenn deren Rückkehr nicht möglich ist, bei deren Neuansiedlung zu unterstützen. Das UNRWA bleibt ausgeklammert und darf sich weiterhin damit befassen, den Flüchtlingsstatus der palästinensischen Araber mit der Gießkanne über deren Nachkommen zu verteilen. Ein komplett irrer und weltweit einmaliger Zustand.
Gekommen um zu bleiben – Global Compact for Migration (GCM)
Zu diesem zweiten, weitaus wichtigeren Papier ist viel geschrieben worden in den letzten Monaten. Leider auch viel Unsinn. Weder sind Quoten festgelegt, noch ist das Abkommen rechtlich verbindlich. Man muss sich aber dennoch die Frage stellen, wozu der ganze Aufwand, die vielen Tagungen, die Verabschiedung des Papiers im Juni und dann noch ein hochkarätiges Treffen im Dezember, wenn es doch nur um unverbindliche Absichtserklärungen geht, die sich wirkungslos an den jeweiligen Rechtssystemen der beteiligten Länder brechen werden. Was ist der Zweck der Vereinbarung? Da ist zunächst der offizielle: Schutz der Migranten in allen Aspekten. Schutz vor Ausbeutung, gesundheitliche Betreuung, Sicherung der Migrationswege.
Das klingt toll, ist aber bereits hinreichend deklariert in der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und die lokalen Gesetze haben – wie ja immer wieder betont wird – ohnehin Vorrang! Daraus ergibt sich der erste Schwachpunkt des GCM: Er möchte beispielsweise vor Gewalt und Versklavung schützen, obgleich in nicht wenigen der Länder, die ihn unterzeichnen werden, die Scharia gilt. Diese Widersprüche zwischen Anspruch und Wirklichkeit in vielen Unterzeichnerstaaten ziehen sich wie ein roter Faden durch das ganze Papier. Man muss sich immer wieder vor Augen halten, wer genau da mit wem am Tisch sitzt und solche Papiere ausarbeitet. Das sind ja nicht nur die Vertreter Norwegens und der Schweiz, die Rezepte für Käsefondue austauschen. Die große Mehrheit der Mitglieder der UN sind Despoten, Putschisten und Wahlbetrüger – ganz zu schweigen von den meisten Vertretern afrikanischer Staaten. Die Frage muss deshalb immer lauten: Cui bono – wem nützt es. Und da mit Ausnahme der USA, Ungarns und Dänemarks offenbar alle gewillt sind, den GCM zu unterschreiben, scheinen sich alle etwas davon zu versprechen.
Eishauch und Migrations-Dividende
Als ich tiefer in die verfügbaren Texte eingetaucht war, hat sich mir ein Eindruck ganz besonders fest eingeprägt. Es ist die ungeheure Kälte, die der gesamte Text ausstrahlt. Da ist von Nachhaltigkeit die Rede und von Triple-Win-Situationen, von Migrationszyklus und Migrations-Dividende. Es läuft einem eiskalt den Rücken herunter, wenn die UN-Bürokraten einem nach und nach ein Bild vor Augen führen, das eine perfekte, kalte Welt der drei Ströme darstellt. Nach den freien Strömen von Waren und Dienstleistungen soll nun ein koordinierter, utilitarisierter Strom von Arbeitskräften die Kontinente durchziehen. Zitat (kursive Hervorhebungen durch den Autor)*:
„Nachhaltige Entwicklung: Der Global Compact ist in der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung verankert und baut auf der Erkenntnis auf, dass Migration eine multidimensionale Realität von großer Relevanz für die nachhaltige Entwicklung von Herkunfts-, Transit- und Zielländern ist […]. Migration trägt zur positiven Entwicklung und zur Verwirklichung der Ziele der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung bei, insbesondere wenn sie ordnungsgemäß verwaltet wird. Der Global Compact zielt darauf ab, das Potenzial von Migration für die Erreichung aller Ziele nachhaltiger Entwicklung sowie die Auswirkungen auf die Migration in der Zukunft zu nutzen.“
Nachdem in der Präambel zwei Behauptungen wie Pflöcke eingeschlagen wurden, nämlich erstens „Migration hat es immer gegeben“ und zweitens „Migration ist gut“, organisiert man nun deren ordentliche Verwaltung und sorgt dafür, dass alle was davon haben. Für mich klingt das wie „Herstellung“, „Transport“ und „Endverbraucher“ und alle in dieser perversen Verwertungskette sollen an einem neuen großen Heer billiger Wanderarbeiter verdienen. In den „Zielen“ wird der GCM dazu noch sehr deutlich.
„Mit der Umsetzung des Global Compact gewährleisten wir die effektive Anerkennung, den Schutz und die Einhaltung der Menschenrechte aller Migranten, unabhängig von ihrem Migrationsstatus und über alle Phasen des Migrationszyklus hinweg. Wir bekräftigen auch die Verpflichtung, alle Formen von Diskriminierung, einschließlich Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz gegenüber Migranten und ihren Familien, zu beseitigen.“
Nichts als Lippenbekenntnisse, denn wie schon festgestellt bricht nationales Recht – und sei es das der Scharia – diese unverbindliche Erklärung. Interessant ist hier der Begriff „Migrationszyklus“, was ein weiterer Hinweis darauf ist, dass hier ein permanentes System geschaffen werden soll.
„Gesamtstaatlicher Ansatz: Nach Ansicht des Global Compact ist Migration ein multidimensionale Realität, die nicht von einem einzelnen Politikbereich allein bewältigt werden kann. Um wirksame Migrationspolitiken und -praktiken zu entwickeln und umzusetzen, ist ein gesamtstaatlicher Ansatz erforderlich, um eine horizontale und vertikale Politikkohärenz zwischen allen Sektoren und Regierungsebenen zu gewährleisten.“
„Ganzheitlicher Ansatz: Der Global Compact fördert die Partnerschaft breiter Interessengruppen zur Bewältigung der Migration in all ihren Dimensionen durch Einbeziehung von Migranten, Diaspora, lokalen Gemeinschaften, der Zivilgesellschaft, der Wissenschaft, des Privatsektors, Parlamentariern, Gewerkschaften, nationalen Menschenrechtsinstitutionen, Medien und anderen relevanten Akteuren der Migrationssteuerung.“
Gesamtstaatlich und ganzheitlich – was dies bedeutet, konnten wir bereits 2016 in einem Impulspapier von Staatsministerin Özoguz sehen. Alle Institutionen, Ministerien, Firmen, Vereine, Medien, ja, selbst jeder Bürger soll auf die aktive Unterstützung von Migration verpflichtet werden. Migration und Integration als „gesamtgesellschaftliche Aufgabe“ wie Steuern zahlen (das sowieso, irgendwer muss die Sache ja finanzieren) oder Ein- und Ausatmen. Diesmal eben nicht als SPD-Plan, sondern als planetare Initiative und Bestandteil der täglichen Daseinsfürsorge für alle und jeden. Ein feuchter Traum aus dem Reich der Fünfjahrespläne und der „gesamtgesellschaftlichen” Hau-Ruck-Aufgaben aus dem Wir-schaffen-das-Arsenal.
Ich möchte meine Leser nicht mit weiteren detaillierten Übersetzungen langweilen, verweise dazu inhaltlich auf einen Artikel von Norbert Häring und konzentriere mich lieber auf die wirklichen Ziele des GCM, welche in folgendem Satz besonders klar hervortreten:
„Förderung eines schnelleren, sichereren und billigeren Transfers von Überweisungen und schnellere finanzielle Inklusion von Migranten.“
Das ist nämlich der Knochen, den man den Ländern hingehalten hat, aus denen die Migranten sich auf den Weg machen! Schnelle finanzielle Inklusion bedeutet verkürzt, schnell im Zielland ein Konto zu haben, um „billige Transfers“ von Geld in die Herkunftsländer zu ermöglichen. Die „Triple-Win-Situation“ sieht dann institutionalisiert in etwa so aus. Die Herkunftsländer schicken Menschen, die Transitländer kassieren Gebühren, die Zielländer sorgen für anheimelnde Atmosphäre und passende Arbeitsplätze, die Migranten schicken Geld nach Hause – fertig ist der Migrationszyklus. Nur, wie die Zielländer bei derartigem Kapitalabfluss ihre Sozialsysteme aufrechterhalten sollen, zu denen die Migranten laut GCM gleichzeitig möglichst ungehinderten Zugang erhalten müssen, wo doch zur Stützung dieser Systeme unsere Politiker das ganze perverse Migrationsmonopoly überhaupt erst veranstalten und befürworten, erwähnt der GCM mit keinem Wort. Dem Tschad oder dem Sudan zum Beispiel würde die Öffnung ihrer Sozialsysteme indes nicht schwer fallen – die haben ja keine!
Dafür verspricht man großmäulig, „Brain Drain“ zu vermeiden und den „Brain Gain“ in den Herkunftsländern zu verbessern und nennt das dann zynisch „demografische Dividende“. Das Wasser soll also gleichzeitig bergauf und bergab fließen. Den „Brain Gain“, also die Verbesserung der Bildung in den Herkunftsländern, hofft man offensichtlich mit denselben Mitteln zu erreichen, mit denen man schon seit fünfzig Jahren Entwicklungshilfe in den Sand setzt. Die Menschen fließen von Süd nach Nord, Geld von Nord nach Süd. Bis…ja bis wann eigentlich? Bis was erreicht ist? Was ist das Ziel? Die finale und endgültige Angleichung der Lebensverhältnisse, wie die Kommission der Bundesregierung sie für Ost und West erreichen will? Den Kollaps der Sozialsysteme des Nordens, die Kannibalisierung des Niedriglohnsektors? Muss man beim Einschalten einer solchen Maschine nicht jedes Ergebnis und jedes Szenario durchdenken?
In den „Sterntagebüchern“ (1961!) des hellsichtigen Stanisław Lem gibt es einen Planeten, dessen Menschen voller Neid und Missgunst waren. Über nichts wurden sie sich einig, immerzu stritten sie und führten Kriege. Schließlich bauten sie eine gigantische intelligente Maschine, die sie mit der Herstellung absoluter Harmonie beauftragten. In Gruppen ließ die Maschine die Bewohner des Planeten eintreten, um ihnen die Harmonie zu bringen…und hinter dem Gebäude lagen sie dann, gepresst zu glänzenden, perfekt runden Scheiben in perfekt harmonischen Mustern auf der Wiese – die denkbar perfekteste Harmonie ist leider auch die denkbar inhumanste.
Nicht anders verhält es sich mit den „Triple-Win-Lösung“ der UN, die weit entfernt von der Lebensrealität der Menschen ausgeheckt wurde. Einmal mehr zeigt sich, dass der Ort, an dem über das Schicksal eines Menschen entschieden wird, zwingend auch der Ort sein sollte, an dem die Verantwortung für diese Entscheidung liegt. Man kann aber nicht einfach nach New York fliegen, ins UN-Gebäude gehen und dem verantwortlichen Beamten das GCM-Papier um die Ohren schlagen, nur weil eines nicht mehr fernen Tages der eigene Taubenzüchterverein für die Nichteinhaltung eines UN-inspirierten nationalen Migrations- und Integrationszieles mit dem Verlust der Gemeinnützigkeit bestraft wurde.
Das führt uns auch gleich dazu, dass der GCM keine Gesetzeskraft habe. Er kann sie jederzeit bekommen, dazu braucht es nicht unsere Lokalpolitiker oder den Bundestag. Das kann man gut und fern vom Bürger an einem anderen Ort der Verantwortungslosigkeit erledigen: in Brüssel. Denn wenn das Papier im Dezember so durchgewunken wird und alle seine Inhalte „in Ordnung“ sind … warum dann nicht den nächsten Schritt gehen? An den Herkunfts- und Transitländern wird die Inkraftsetzung dieses neuen Stromes nicht scheitern. Das „Humankapital“ (O-Ton GCM) steht bereit und wartet auf seine Abreise! Spätestens unter diesem Aspekt wird die Ablehnung der osteuropäischen EU-Staaten, sich an einer Quotenregelung der Migration zu beteiligen, überdeutlich. Ebenso die Wut der Brüsseler Bürokratie über die renitenten Osteuropäer aus Polen, Ungarn oder der Slowakei, sich Migranten nicht wie Primeln zuweisen lassen zu wollen. Das passt so gar nicht zur schönen neuen Welt der globalen Migrationsförderer! Aber man arbeitet bei unseren Grünen ja bereits an Plänen, diese Ablehnung zu „unterlaufen”, indem man jedem Migranten einen Geldbetrag anheften möchte, um die klammen Kommunen in Polen oder Ungarn zu bestechen. Ein Bumerang, wie ich fürchte. Denn wenn man Menschen wie Primeln behandelt wird man sie auch wie Primeln einpflanzen müssen, um sie daran zu hindern, dorthin zu ziehen, wo sie ihre Freunde, Verwandten und bessere Bedingungen finden. Das kann man einem grünen Parteifunktionär, der „Europäer” und überall zu Hause ist und für den die Wurst überall nach Tofu schmeckt, kaum erklären.
Das Ganze erscheint wie ein perfider Plan, um einen nie abreißenden Strom von billigen Arbeitskräften mit einer Art international überwachten Pumpe von Süd nach Nord zu drücken. Erklärtermaßen will man bei der UN den Schleppern das Handwerk legen, nur um es dann selbst und unter Kontrolle der kleptokratischen Herkunfts- und Transitstaaten zu organisieren, die damit endlich zu Profiteuren ihres neuen „Exportgutes“ Migrant werden. Da meldet sich der letzte Rest meines linken Gewissens, das sich verstört und zähneklappernd in einem Hinterstübchen mit verhängten Spiegeln, verrammelten Fenstern und vergilbten Marx-Porträts verbarrikadiert hat und spricht von Entrechtung, Ausbeutung und moderner Sklaverei. Doch kaum rufe ich ihm linke Parolen wie „Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker“ und „nieder mit dem Nationalismus“ zu, schon trollt es sich beschämt und gibt Ruhe. So auch die Linken und die Grünen. Natürlich sieht man auch dort, dass eine auf diese Weise in Gang gesetzte Zuwanderung nicht ihre Lehrstühle für Genderforschung oder ihre Bundestagsmandate gefährdet, sondern in allererster Linie die prekären und schlecht bezahlten Arbeitsplätze ihrer Claqueure. Nicht die Villa im Tessin oder das Gründerzeithäuschen im Grunewald stehen unter Druck, sondern preiswerte Sozialwohnungen. Die staatliche Altersrente bröckelt, während der Putz auf den Pensionen der Abgeordneten golden glänzt.
Man ist bei den Linken einem diffusen Internationalismus verpflichtet, hinter den man ideologisch einfach nicht zurückfindet. Man glaubt „nur an europäische Lösungen“, fordert „UN-Mandate“ und behauptet, Probleme ließen sich im „nationalen Kontext“ nicht lösen. Merken Sie was? Links hat es diesbezüglich schon weit über die Mitte hinaus geschafft, denn längst klingen die Lautsprecher der Union und der FDP genauso und übernehmen die ideologische Sülze des bedingungslosen Internationalismus. Eine Entscheidung in Brüssel erscheint da immer als die schönere und höhere Wolke als eine vor Ort in Hamburg oder Pusemuckel. Subsidiarität, die als oberstes Prinzip in den EU-Verträgen verankert ist, kommt immer stärker unter die Räder. Und international ist natürlich noch viel, viel besser, meint die internationalistische Linke, die seit hundert Jahren von der einen vereinten Welt träumt, in der es keinen Kapitalismus mehr gibt und in der in UN-Kommission 2345/23a die Vertreter des Tschad, Tadschikistans und Tibets über die Abwasserverordnung in Tötensen entscheiden.
Aus diesem Dilemma der kollidierenden Paradigmen, der angemaßten Anwaltschaft der „kleinen Leute“ einerseits und der Befeuerung der Konkurrenzsituation andererseits suchen die Linken einen Ausweg. Sie glauben ihn in der Bildung gefunden zu haben, der nachträglichen Qualifikation derer, die aus ihren Jobs verdrängt werden. Ein Wettlauf nach unten ist wegen des Mindestlohns nicht möglich, ein Wettlauf nach oben kann aber erst recht nicht stattfinden, weil nicht nach Belieben neue Jobs entstehen und die Qualifizierteren im Zweifelsfall nachlegen werden, um sich nicht verdrängen zu lassen. Was man da lostreten will, ist im Zweifel nichts als ein zeitlich sehr begrenztes Schneeballsystem, denn binnen weniger Jahre hätten wir zwar tausende geeignete Kanzlerkandidaten (was ein Segen wäre), aber keine geeigneten Pflegekräfte, Monteure oder Fliesenleger mehr. Es wird leider Jahre dauern, bis die Linken diesen Irrweg erkennen und sich einen neuen suchen – bis auf Sarah Wagenknecht, die heute schon auf der Suche nach dem nächsten Irrtum ist.
Es stellt sich die Frage, ob Deutschland in Marrakesch unterschreiben sollte. Von mir dazu ein klares NEIN! Aber wird Deutschland unterschreiben? Ich fürchte, ja! Rüdiger König, ehemaliger Botschafter Deutschlands in Afghanistan, der die Verhandlungen maßgeblich begleitete und bei der Vorbereitungskonferenz im Juni eine Note an die Versammlung richtete, stellt Migration als „globales Problem dar“ – was eigentlich nicht sein kann, denn zuvor betonte er die Binsenweisheit, Migration hätte es schon immer gegeben und sei etwas prinzipiell positives. Ein positives Problem womöglich? Unsinn!
Migration ist kein globales Problem und war nie eines. Migration ist die individuelle Entscheidung eines Menschen, den Ort seines Lebenszusammenhangs, seine Heimat, zu verlassen und sein Glück möglichst dauerhaft anderswo zu suchen. Migration war einst, wenn man sagen konnte „etwas Besseres als den Tod finden wir überall“ und nach Bremen zog. Im Mittelalter bedeutete Migration, der Fron und der Leibeigenschaft zu entfliehen und in den Städten über Jahr und Tag (also nach einem Jahr und einem Tag) frei zu sein. Migration ist es, von Köln nach Düsseldorf zu ziehen, eine Professur in Yale anzutreten oder nach dem Studium in London nicht nach Kenia zurückzukehren. Die Möglichkeit zur Migration ist Teil einer freiheitlichen Gesellschaft, solange sie auf Eigeninitiative und Eigenverantwortung beruht. Tritt Migration als Massenphänomen auf, stimmt etwas grundsätzlich im Herkunftsland nicht und deshalb sollte man auch dort ansetzen, anstatt ihr den Charakter der Normalität zu verpassen. Wenn Migration kein Ausnahmezustand, sondern Normalität ist, zerreißt sie Herkunfts- und Zielland!
Wenn aus der Migration des einen noch dazu eine zwingende Verpflichtung des anderen entsteht, ist die Freiheit beider in Gefahr. Staaten, die durch Korruption, ideologische Verblendung, Tribalismus, kleptokratische Regierungen, mangelnde Bildung und Überbevölkerung zu sprudelnden Migrationsquellen werden, sollte man für dieses Verhalten nicht noch mit der Institutionalisierung des selbstgemachten Menschenhandels belohnen, sondern unter Zwangsverwaltung stellen! Internationale Organisationen, die sich anmaßen, regelnd in die Abläufe menschlichen Strebens nach Glück einzugreifen, sollte man in die Schranken weisen, statt ihnen Grußbotschaften und Geld zu schicken.
Der paneuropäische Altruismus, auf den der GCM mit voller Absicht zielt, könnte sich, wenn er erst verfestigt und in Bahnen ist, als das entscheidende Momentum für den Untergang des Europas erweisen, das wir heute in all seiner Widersprüchlichkeit und seinen bewahrenswerten Facetten kennen. F. A. Hayek schrieb einst in „Die Verfassung der Freiheit“: „Ein allgemeiner Altruismus ist aber sinnlos. Niemand kann sich wirklich um alle anderen kümmern. Die Verantwortung, die wir übernehmen können, müssen immer partikulär sein, sie können nur jene betreffen, von denen wir konkrete Tatsachen wissen und mit denen wir uns entweder durch Wahl oder besondere Umstände verbunden fühlen. Es gehört zu den fundamentalen Rechten und Pflichten eines freien Menschen, zu entscheiden, welche und wessen Bedürfnisse ihm am wichtigsten erscheinen.“
Dieses Prinzip der Menschlichkeit, auch Nächstenliebe genannt, taugt seit Menschengedenken zur Definition gesellschaftlicher Beziehungen zwischen Individuen, eine Blaupause für internationale Beziehungen ist es nicht. De Gaulle sagte einst, Staaten hätten keine Freunde, sondern nur Interessen und Hayek bringt es noch klarer auf den Punkt wenn er sagt:
„Wollten wir die unveränderten, uneingeschränkten Regeln des Mikrokosmos (Familie, Gruppe, Gemeinde) auf den Makrokosmos (die Zivilisation im Großen) anwenden, wie unsere Instinkte und Gefühle es uns oft wünschen lassen, so würden wir ihn zerstören. Würden wir aber umgekehrt immer die Regeln der erweiterten Ordnung auf unsere kleineren Gruppierungen anwenden, so würden wir diese zermalmen.“
Meine Bitte an meine Leser lautet: Glauben Sie mir kein Wort, sondern lesen und bewerten Sie den Inhalt des GCM selbst. Wenn Sie am Ende auch nur annähernd meiner Meinung sein sollten, schreiben Sie Ihrem Bundestags-Abgeordneten und fordern Sie ihn oder sie auf, entsprechenden Einfluss auf die Bundesregierung zu nehmen. Beschränken Sie ihre Bemühungen auf die direkt gewählten Abgeordneten der Regierungsparteien, denn nur die werden erfahrungsgemäß den Mut haben, etwas gegen einen Mainstream des Laufenlassens und der Kanzlerinnentreue zu unternehmen – von den Schwefelbuben der AfD einmal abgesehen, die jedoch immer noch das Verdikt des Verbotenen umschwebt, was die Regierungsparteien im Zusammenhang mit dem Triggerwort „Migration” eher in eine Trotzhaltung ihnen gegenüber als zur Vernunft bringen dürfte.
Mein Aufruf an die Vertreter der EU, die im Dezember zur Konferenz nach Marrakesch aufbrechen werden, lautet deshalb klipp und klar: Unterschreiben Sie den Global Compact of Migration nicht, es handelt sich um ein trojanisches Pferd!