Die Kirche als Erziehungsanstalt?

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Brief einer Katholikin an ihren Heimatpfarrer

Lieber Hans,

ich habe mich gefreut, dich am Samstag nach dem Gottesdienst kurz zu begrüßen. Bereits seit einigen Monaten möchte ich dich ansprechen, doch du bist vielbeschäftigt und öfters habe ich dich nicht angetroffen. Also dieser Brief.

Du bist ein Pfarrer, der auch Seelsorger ist, der viel anstößt, der Menschen begleitet und einbindet. Der die ganze Welt im Blick hat und sich für Anliegen vieler Menschen einsetzt. Und einer, der sich selbst viel abverlangt.

Die Situation der Kirche mit ihren aufgedeckten Missbrauchsfällen und ihrer „Schweigekultur“ ist sehr angespannt, die Kirche steht im Moment in einer großen Krise. Doch für mich ist nicht nur das ein Problem. Schon länger bin ich erstaunt, wie die Kirche sich von oben herab bemüht, uns „einfache“ Gläubige zu erziehen, wie sie unverdrossen selbst „grün-linke“ Politik betreibt.

Ich habe mich im letzten Jahr in der Pfarrei zurückgezogen, weil ich in Predigten nicht immer politische Statements hören will. Ich will von Jesus hören, von seiner frohmachenden Botschaft und was das für mein Leben bedeutet. Deshalb suche ich mittlerweile lieber einen Gottesdienst ohne Predigt auf. In vielen Predigten habe ich – wenn auch nur in wohlgesetzten Einlassungen – anhören müssen, was ich über Flüchtlinge, AfD, Rassismus, Islam, Seenotrettung und menschengemachten Klimawandel denken soll.

Allein, dass Kardinal Marx in der Osterpredigt 2018 – Ostern, dem höchsten Feiertag der Christenheit – uns Christen ermahnt, auf Muslime zuzugehen – der Hauptinhalt der Osterpredigt! – zeigt eine Verschiebung von Werten, von Wahrnehmung und eigener Identität. Ostern ist etwas ganz anderes!

Auch die Ausgrenzung der AfD und ihrer Wähler als „Teufelswerk“, bringt vor allem eins: Radikalisierung auf beiden Seiten und Spaltung. Spaltung in Familien, Gemeinden, Gesellschaft. Wenn 17 Prozent der Bürger AfD wählen, sitzen auch viele in Gottesdiensten, suchen Antworten und Lösungen – und die Kirche grenzt sie innerlich aus. Manche in den Kirchen sprechen AfD-Wählern, ja sogar nur „Kritikern der Migrationspolitik Merkels“ mittlerweile ab, Christen zu sein. Die sind dann einfach Rassisten, Rechtsextreme oder Nazis.

So geht das nicht! Wir brauchen Brückenbauer, wir benötigen Gespräche und politischen Diskurs, sollten offene Ohren anbieten. „Jesus ist für die Kranken gekommen, nicht für die Gesunden.“

Ich bin sehr gespannt, deine Sichtweise zu hören, deine Meinung und deine Erfahrung zu diesem Thema. Ich bin für ein Gespräch bereit.

Um auf deine letzte Predigt zurückzukommen: Auch ich habe mich in den letzten Monaten zurückbesonnen auf die Hl. Schrift und auf Jesus selbst – weil mir die „Kirchen- Hirten“ und andere wie ZdK-Präsident Sternberg im Moment nichts anzubieten haben – weder Richtungsweisung noch Glaubwürdigkeit.

Jesus folge ich – keinem Papst, keinem Kardinal oder anderem Anführer.

Ist an dem folgenden Spruch nicht etwas Wahres dran: „Wenn die Kirche (darunter auch ich) nicht zuhören kann und will, kann sie aufhören.“

Mit herzlichen Grüßen A. I.



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