Holocaust-Tourismus

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Auschwitz – Yad Vashem – Ramallah – und zurück. Betroffenheit lässt sich inszenieren. Aufrichtigkeit nicht.

Von Gastautor Josef Hueber

Es ist paradox. Während man sich politikerseits – und besonders merkelseits – einbildet, mit der wirr-chaotischen Einwanderungspolitik als moralischer Fahnenträger vor der Welt zu stehen, nehmen die großklingenden Schuldbekenntnisse deutscher Politiker angesichts des Holocausts zu. Man hat es noch im Gedächtnis: Steinmeier besucht Israels „besetzte“ Gebiete in Ramallah, wo er einen Kranz am Grab des Judenverächters Arafat mit Verbeugung niederlegt und ihn damit „ehrt“, wie die Presse kommentierte. Er reist natürlich auch nach Yad Vashem und formuliert die „ unfassbare Schuld“ der Deutschen.

Ex-Außenminister Gabriel besucht seine „Freund“ Abbas, seines Zeichens ebenfalls abgründiger Judenhasser, der sich „nicht einmal die Existenz eines einzelnen Israeli“ in „unserem“ Land vorstellen kann. Gabriel natürlich auch in Yad Vashem mit staatstragender Miene und Betroffenheit (Für Netanyahu hatte er leider keine Zeit, da er sich von regierungskritischen NGO-Leuten über die Zustände in Israel informieren lassen musste.). Aiman Mazyek, DITIB Deutschland, geht nach Auschwitz und stimmt das oft mit gespaltener Zunge gesungene Klagelied NIE WIEDER! an. Und kurz darauf reist Außenminister Maas nach Auschwitz, das ihm sogar half, seine berufliche Bestimmung zu finden: die Politik. Sozusagen ein Neben-Effekt. Sein Eintrag – in religiösem Duktus – steht für einen geschickten Formulierer: „Die Hölle auf Erden – sie war eine deutsche Schöpfung namens Auschwitz.“ Selbstzerknirschender geht nicht.

Wären all diese Bekenntnisse während der Besuche an den Orten des Grauens glaubhaft, würde man sich hüten, die Reisen der Betroffenheit als das zu bezeichnen, was sie in Wirklichkeit sind: Zeichen eines politisch instrumentalisierten Holocaust-Tourismus.

Denn die Aktivitäten einer Zurschaustellung von Anti-Antisemitismus fügen sich zu auffällig in ein politisch korrektes Framing, d.h. in einen Kontext, dem gemäß die Absage an Antisemitismus den tatsächlichen Opfern, den Juden heute unter uns, nicht alleine gilt. Sie müssen es sich schon gefallen lassen, dass sie beim Gedenken an den Holocaust in eine Reihe von Opfern gestellt werden, mit denen sie sich – vollkommen zurecht- nicht identifizieren wollen und können. Frank Furedi zeigt in seiner Kolumne „Israel, Gaza and the Jews“, wie Antisemitismus nach einem anfänglichem No-Go der Nachkriegszeit in Europa wieder salonfähig wurde, indem man den Juden das „Monopol auf Leiden“ nicht mehr zugestand: „The Jews did not have a monopoly on suffering.”

Die gegenwärtig häufig artikulierten Absagen an Antisemitismus instrumentalisieren stattdessen die deutsche historische Schuld und die daraus erwachsene Verantwortung als Waffe gegen diejenigen Deutschen, die heute glauben, die eigene Kultur gegenüber der völkerwanderungsartigen, zunehmend gerade für Juden anwachsenden, Bedrohung schützen zu müssen. Holocaust-Gedenken heißt folgerichtig, politisch korrekt: Deutsche, macht euch nicht nochmal schuldig, indem ihr einen Holocaust 2.0 unter denen anrichtet, welche die Nachfolger der Juden hinsichtlich Diskriminierung darstellen: die Einwanderer und unter ihnen besonders die Muslime.

Die Glaubwürdigkeit politischer Statements verlangt ein schlüssiges Gesamtpaket an politischem Handeln und darf keinen Raum für Zweifel an der Authentizität der zugrundeliegenden Überzeugung von wohlklingenden Worten lassen. An offiziellen formelhaften Verlautbarungen zur moralischen Hochwertigkeit deutscher Politik in Fragen des Schutzes von jüdischen Mitbürgern mangelt es nicht. Auf solidarische Bekenntnisse hochrangiger Politiker zu „Einzelfällen“ antijüdischer Gewaltanwendung wartet man bislang. Vermutlich vergebens.

Doch genau das wäre der Showdown aufrichtiger Betroffenheit. Die Inszenierungen an medienwirksamen Orten genügen nicht.



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