In der Sonntagsausgabe der FAZ vom 24. Juni erschien eine Attacke auf ehemalige Bürgerrechtler der DDR mit der ich mich hier intensiv auseinandergesetzt habe.
Mir geht es heute aber nur um einen vermeintlich kleinen Nebenaspekt, nämlich die Faktentreue der Qualitätspresse, hier konkret der FAZ und ihr Umgang mit den Betroffenen. Der FAZ-Journalist Pergande war der Meinung, seinen Artikel mit dem folgenden Satz krönen zu müssen: „Vera Lengsfeld ist wohl das prominenteste Beispiel: Über die Grünen und CDU kam sie zur AfD“. Ein Satz, der angesichts meiner politischen Biografie eigentlich eindeutig ist:
Ich habe als Bürgerrechtlerin die Grünen der DDR mitgegründet und wurde als deren DDR-, später Thüringer Spitzenkandidatin erst in die Volkskammer, dann zwei Mal in den Bundestag gewählt. 1996 wechselte ich als MdB auf Grund der offenkundigen Hinwendung der Grünen zum linken Lager und zur damaligen PDS zusammen mit anderen Bürgerrechtlern u.a. Günter Nooke zur CDU. Ich wurde für die CDU zwei weitere Male in Thüringen aufgestellt und war letztlich 15 Jahre lang MdB.
Seit 2005 bin ich verstärkt publizistisch tätig, dabei auch zunehmend kritisch gegenüber dem grünen Kurs von Angela Merkel, aber ich bin weiterhin Mitglied der CDU. All dies sind Fakten, die jeder ganz einfach überprüfen kann. Eine FAZ hat natürlich viel mehr Möglichkeiten. Also wie lesen Sie einen solchen Satz angesichts meiner Biographie? Ich denke genau so, wie verbliebene treue FAZ-Leser aus dem konservativen Teil der CDU, die besorgt nachfragten: Sie sind jetzt bei der AfD?
Natürlich habe ich mich umgehend an die FAZ gewandt, erst direkt, dann über die freien Medien und schließlich, da ich keinerlei Reaktion wahrgenommen habe (ich bin keine FAZ-Leserin) per Anwalt.
Vor einigen Tagen erhielt mein Anwalt von FAZ-Geschäftsführer Dr. Breid eine Antwort: Am 1. Juli hätte die FAS freiwillig eine Korrektur gedruckt und dies „obwohl der inkriminierte Satz ohnehin keinesfalls so verstanden werden musste, dass Ihre Mandantin jetzt Mitglied der AfD ist. Denn aus den zwei vorstehenden Sätzen ergab sich eindeutig, dass sich der inkriminierte Satz lediglich darauf bezog, dass einige DDR-Oppositionelle aus der DDR heute „AfD-Positionen vertreten““. Und so der FAZ-Geschäftsführer weiter: „Von einer Migliedschaft Ihrer Mandantschaft in der AfD war also überhaupt nie die Rede.“ Und jetzt der Clou: „Dass wir auch künftig nicht den Eindruck erwecken werden, dass Ihre Mandantin Mitglied der AfD sei, dürfte daher selbstverständlich sein. Aufgrund der freiwilligen Korrektur erübrigt sich schließlich auch ein Anspruch auf Richtigstellung Ihrer Mandantin.“
Juristisch mag dies vertretbar sein, es hat auch den aus FAZ-Sicht gewünschten Effekt, nämlich dass ich mein Anliegen nicht juristisch weiterverfolge. Aber ich sage dies jetzt mal aus publizistischer Sicht: Journalistisch ganz schwach, liebe FAZ. Wenn in der FAZ über politische Arbeit und Biographien die Rede ist und Parteinamen erwähnt werden, dann bitte, bitte nicht an Mitgliedschaften denken, denn davon muss überhaupt nicht die Rede sein. Und bitte erst den Kontext prüfen, denn es könnte sein, dass die Faktenpresse nicht über Fakten redet, sondern küchenpsychologische Deutungen von vermuteten oder echten politischen Weltanschauungen verbreitet. Oder ihren eigenen Legenden erlegen ist. Und dabei natürlich niemals einen Fehler zugeben will – könnte man ja als Schwäche der verwendeten Argumente deuten. Eine Unart, die sich die FAZ leider bei Kanzlerin Merkel abgeschaut hat.
Liebe FAZ: Du warst früher besser…