Von Leserin S. B.
Sehr geehrte Frau Lengsfeld,
sehr geehrte Mitstreiter dieses Blogs,
…Gerüchteweise wurde es ja in den letzten Tagen schon verlautet, heute Morgen dann nun offiziell in aller Art Medien kundgetan: Kriminalität auf niedrigstem Stand seit 25 Jahren.
Diese Meldung schaffte es in der LVZ (Leipziger Volkszeitung) vom 09.05.2018 immerhin auf die Titelseite, wenn auch klein gehalten im unteren Bereich. Dazu noch ein Leitartikel gleich daneben, in dem uns der Autor Matthias Koch wissen lässt, dass die Wohnungseinbrüche um 23% gesunken sind. Er spricht mehrmals von dickem Lob an die Beteiligten dieser Trendumkehr. Abschließend noch einmal das Fazit: „Deutschland ist in jüngster Zeit allen Ernstes ein Stück sicherer geworden. Darin liegt die gute Nachricht für alle – übrigens auch für Zuwanderer…“ (denn die Übergriffe auf Flüchtlingsheime sind ebenfalls gesunken – Gott sei Dank, sage ich ehrlich.)
Im Leitartikel heißt es abschließend: „…Fällig ist als Nächstes eine Dämpfung der Gewaltbereitschaft junger Männer aus Macho-Kulturen. Auch hier muss man die Hoffnung nicht aufgeben.“
Soweit so gut, denke ich, die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt – und schlage in guter Hoffnung den Lokalteil der LVZ auf, ebenfalls Titelseite. Diesmal aber ganz groß mittig springt die Überschrift ins Auge: Drogen, Raub, Gewalt: Neuer Brennpunkt im Leipziger Osten. (Autor Frank Döring)
Diese Sache interessiert mich nun aber wirklich – auch im Eigeninteresse, da ich im Einzugsbereich beider Viertel wohne und den Verfall oder besser gesagt „die Wandlung“ täglich vor Augen habe.
Nun, Leipziger Osten, da denkt man zuerst an das Viertel um die Eisenbahnstraße. Diese ist ja schon über die Stadtgrenzen hinaus bekannt, schaffte es sogar in mehrere TV-Sendungen. Schießereien, Bandenkriege, über Jahre schon, sind da nichts Ungewöhnliches. Hier geht es aber um ein weiteres Viertel: „Polizei registriert in Zweinaundorfer Straße extreme Zunahme von Straftaten.“ Liest man den ganzen Bericht, wird schnell klar, um was es alles geht – die ganze Palette an Straftaten wird da zitiert. Im Mittelpunkt der Fahndung steht eine Shisha-Bar: Ein Schelm, wer jetzt gleich in eine Richtung denkt! Aber beim Weiterlesen geht es halt in diese Richtung. Und alles, was man da liest, ist uns Leipzigern (zumindest jenen, die auch mal diese beiden Viertel tangieren und nicht nur im Barfußgässchen der Innenstadt oder den Schicki-Micki-Ausgehmeilen flanieren) nicht neu. Neu ist, in welcher Präzision und Quantität dieser Artikel just am Tag der großen Kriminalstatistik-Eröffnung abgedruckt wird. Chapeau!
Wem das noch nicht reicht mit der Wandlung unserer Stadtviertel, der erfährt gleich in der Spalte nebenan samt 3 Fotos aus der Straßenbahn, dass die Kripo nach 3 Antänzern aus der Linie 15 fahndet. Und noch eins drauf gesetzt, darunter erscheint die Info, dass ein mutmaßlicher Taliban von der Polizei einen Besuch abgestattet bekam: „Wegen des Verdachts auf Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung hat die Polizei am gestrigen Dienstag die Wohnung des mutmaßlichen afghanischen Taliban-Kämpfers in Leipzig durchsucht…“ – Festgenommen wurde er aber noch nicht, da die Beweise nicht ausreichten.
Na dann, wieder auf Anfang: Hoffen – das alles gut ausgeht.
15 Minuten Zeitungsschau und gleich wieder bedient für den Rest des Tages… Zum Glück gibt wohl genug Leute, die hier trotzdem gut und gerne leben. (Und zum Glück auch welche, die jetzt die Finger heben zum Einwand.)
Mit freundlichen Grüßen, aber gemischten Gefühlen!
S. B.
Leipzig