Es soll hinterher niemand meinen, unsere Politiker hätten nicht gesagt, was sie mit unserer Gesellschaft vorhaben. Sie tun es nur versteckt und verquast, damit es nicht so leicht bemerkt werden kann. Ganz im Sinne der Handlungsanleitung, die unser Obereuropäer Jean-Claude Juncker schon vor Jahren gegeben hat:
“Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.“
Nun hat Wolfgang Schäuble in seiner Rede vom 31. Januar im Bundestag angedeutet, wohin unsere Gesellschaft getrieben, besser gesagt, aufgelöst werden soll.
Hass und Hetze dürften in unserer Gesellschaft keinen Raum haben, hob er an, um fortzufahren „von wem auch immer sie verübt werden“. Hat seine Mahnung auch ihn selbst und seine Politiker-Kollegen im Blick, die in der Vergangenheit immer wieder mit Ausfälligkeiten gegen den Souverän, der nicht so pariert, wie er sollte, aufgefallen sind? Pack, Schande, Mob, Dunkeldeutschland, sind hasserfüllte Politiker-Epitheta, die immer wieder zu hören waren.
„Wer Hass schürt, beutet die Verunsicherung, die Ängste von Menschen aus.“ So weit, so bekannt. Dann kommt es im nächsten Satz knüppeldick:
„Wer vom Volk spricht, aber nur bestimmte Teile der Bevölkerung meint, legt Hand an unsere Ordnung:“
Was ist „unsere Ordnung“? Die freiheitlich demokratische Grundordnung beruht auf dem Grundgesetz, das sich, wie in der Präambel nachzulesen ist, „das Deutsche Volk dank seiner verfassungsgebenden Gewalt“ gegeben hat. Es gilt „für das gesamte deutsche Volk“.
Der Ruf „Wir sind das Volk“ ist also vom Grundgesetz gedeckt. Es ist bezeichnend, dass der Bundestagspräsident oder seine Redenschreiber sich dessen nicht mehr bewusst zu sein scheinen.
Offensichtlich meint Schäuble auch nicht mehr, was (noch) auf Wikipedia als „Gesellschaft“ definiert wird:
„…als eine größere menschliche Gruppe, deren Mitglieder durch gemeinsame Sprache, Werte, Überzeugungen, Traditionen und Erfahrungen miteinander verbunden sind“. Die Soziologie sieht den Begriff ähnlich, „…als eine durch unterschiedliche Merkmale zusammengefasste und abgegrenzte Anzahl von Personen, die als soziale Akteure miteinander verknüpft leben und direkt oder indirekt interagieren“.
In der Demokratie neuen Typus von Schäuble & Co, darf es diese Gemeinsamkeiten nicht mehr geben.
Wir haben inzwischen eine beträchtliche Anzahl von hauptsächlich jungen Männern aus uns fremden Kulturkreisen unter uns. Das ist jene Gruppe, die nach Aussage des Migrationsforschers Oliviero Angeli laut Statistik überproportional viele Gewalttaten begeht. Diese jungen Männer teilen auch nicht die Gemeinsamkeiten unserer emanzipatorischen Gesellschaft, an die Schäuble & Co jetzt massiv Hand anlegen.
Welche Idee steckt hinter diesem Tun? Schäuble passiert in seiner Rede ein bezeichnender Lapsus:
„Dieses freie, demokratische, rechtsstaatliche, friedliche Deutschland, in dem wir heute das Glück haben zu leben, ist auf der historischen Erfahrung unermesslicher Gewalt gebaut.“
Müsste es nicht heißen „auf der Ablehnung der historischen Gewalt“?
Tatsche ist, dass in der freien deutschen Demokratie neuen Typus schneidig verkündet werden kann: „Gegen Nazis helfen nur Nazimethoden“ und dieser Spruch eines Antifa-Aktivisten widerspruchslos in den Medien abgedruckt wird. Nazi ist inzwischen jeder, der es wagt, der Politik zu widersprechen.
Mit ähnlichem Eifer, mit dem in den finstersten Zeiten unserer Geschichte an der „Volksgemeinschaft“ gebastelt wurde, wird jetzt die Auflösung der Gesellschaft, die sich auf den oben genannten Gemeinsamkeiten gründet, betrieben.
Das aber wäre das Ende der emanzipatorischen Errungenschaften, die mühsam über Generationen erkämpft wurden und deren Reste wir derzeit noch genießen dürfen.